Neuer Termin am 14. Februar : Abstimmung vertagt: Zwist um EU-Lieferkettengesetz geht weiter

Europäisches Lieferkettengesetz, Faire Bedingungen von Anfang an!

Österreich und Deutschland hatten vorab erklärt, sich zu enthalten, was gleichbedeutend mit "blockieren" hieß.

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Mit dem EU-Lieferkettengesetz werden große Unternehmen - mit mehr als 500 Beschäftigten oder in Risikobranchen mit mehr als 250 Beschäftigten - zur Rechenschaft gezogen, wenn sie beispielsweise von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Außerdem müssen Großunternehmen einen Plan erstellen, der sicherstellt, dass ihre Geschäftsmodelle und Strategien mit den Pariser Klimazielen zur Begrenzung der Erderwärmung übereinstimmen. Für die Verabschiedung des Textes wäre im Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten eine qualifizierte Mehrheit erforderlich (55 Prozent der Mitgliedstaaten oder 15 von 27 oder Mitgliedstaaten, die 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren).

Verhärtete Fronten

Harsche Kritik am vorliegenden Entwurf kam im Vorfeld von der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer: "Überzogene Anforderungen und das Abwälzen der Verantwortung von einer Lieferstufe auf die nächste sind kein probates Mittel, um Menschenrechte wirksam zu schützen und Umweltschäden zu vermeiden", sagte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer laut einer Aussendung von IV und WKÖ. "Die Politik wälzt mit der aktuellen Ausgestaltung ihre bisherigen Versäumnisse auf die Unternehmerinnen und Unternehmer ab - sie sollen nun lösen, was internationale Institutionen über Jahre nicht erreicht haben", kritisierte Neumayer.

Es gibt aber auch Unternehmensvertreter, die sich für ein scharfes Lieferkettengesetz aussprechen. So argumentiert Herbert Schlossnikl, Geschäftsführer von Vöslauer in einer Stellungnahme fürs EU-Lieferkettengesetz: "Wir wissen, dass menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten nicht im Betrieb und beim unmittelbaren Lieferanten enden. Demzufolge begrüßen wir ein ambitioniertes und klar definiertes Lieferkettengesetz. Nur so wird der Fokus auf die gesamte Lieferkette gelenkt und Verbesserungen für Mensch und Umwelt werden Wirklichkeit."

Bereits am Montag hatten zahlreiche Umweltorganisationen, NGOs und politische Akteure für eine Zustimmung zum Lieferkettengesetz geworben. Auch die katholischen Bischöfe riefen zur Zustimmung auf. Auch die Arbeiterkammer (AK) spricht sich für eine Umsetzung aus. Der Verwaltungsaufwand halte sich in engen Grenzen, so die AK. Eine "Win-Win-Situation für Europa und den globalen Süden" sei mit dem Lieferkettengesetz möglich.

Herbert Schlossnikl, Geschäftsführer von Vöslauer, setzt sich für ein ambitioniertes und klar definiertes Lieferkettengesetz ein.

Wifo-Experte schlägt Alternative vor

Als Kompromiss, um in einem EU-Lieferkettengesetz sowohl Wirtschaftsinteressen als auch Menschen- und Umweltrechte zu berücksichtigen, sieht Wifo-Experte Klaus Friesenbichler ein Versicherungs- oder Zertifizierungssystem. Die größte Schwäche des Kompromisses, sieht der Experte darin, dass er auf einzelne Geschäftsbeziehungen abstellt. Das sei auch die Kritik der Wirtschaft. "Einzelne Lieferbeziehungen gibt es sehr viele. Wir schätzen in unseren Modellen, dass es in Europa rund 30 Millionen Unternehmen mit 900 Millionen Lieferbeziehungen gibt." Es sei eine "Herkulesaufgabe", all diese Beziehungen zu überwachen. Zudem würde "am Ende die gesamte Wirtschaft haften". Dieses Risiko gelte es zu minimieren, so Friesenbichler.

Der Supply-Chain-Experte schlägt vor, die EU oder Länder mit einem ausreichend guten Rechtssystem von der Regulierung auszunehmen und für die anderen Länder eine Art Versicherungs- oder Zertifizierungssystem zu etablieren. "In einem solchen System könnten vielleicht spezialisierte Auditoren in Zusammenarbeit mit NGOs die Haftung dafür übernehmen, dass die Praktiken eines Unternehmens in einem Drittland sauber sind", so Friesenbichler. Die Haftungsübernahme durch Zertifizierungsstellen könnte die Komplexität und das Risiko für Unternehmen reduzieren.

Wifo-Experte Klaus Friesenbichler schlägt ein Versicherungs- oder Zertifizierungssystem vor.