Industrielle Kommunikation : SPE: Ein lohnendes Geschäft für Steuerungs- und Klemmenhersteller
Die Automatisierer sprechen auch vom Klemmen-Valley, wenn es um die Region geht. Doch mittlerweile sind es nicht mehr nur Klemmen, die hier hoch im Kurs sind. Von Paderborn bis Lübbecke erstreckt sich im Nordwesten von Deutschland die Region Ostwestfalen-Lippe. Österreicher reisen meist über die Autobahn 7 an und fahren dann kilometerweit auf schnurgeraden Bundesstraßen durch Ortschaften wie Höxter, Detmold, Herford oder Blomberg.
Wir gehen davon aus, dass es für SPE ein Gesamtpotenzial von rund einer Milliarde Netzwerkknoten gibt, das spätestens um das Jahr 2060 herum erreicht werden wird.System Alliance
Wie viele SPE-Knoten kommen?
Während Harting zu den Gründungsmitgliedern des Vereins SPE Industrial Partner Network zählt, setzen zwei weitere OWL-Größen (Phoenix Contact und Weidmüller) mit der Single Pair Ethernet System Alliance auf einen anderen Verein zur Interessensvertretung. Auch Sick gehört zu den Gründungsmitgliedern und die Österreicher von Keba sind ebenfalls dabei. Der Verein hat seinen Sitz am Frankfurter Flughafen. „Alle Mitglieder verfolgen das gemeinsame Ziel, die Single Pair Ethernet-Technologie für das Industrial IoT und alle anderen relevanten Anwendungsbereiche zu fördern“, heißt es im Vorwort auf der Website. Ein weiteres Ziel: Marktstandards setzen. Eine Zahl lässt aufhorchen und verdeutlicht das Potential der Technologie: Laut IEEE gibt es 2030 in der Fabrikautomation schon 50 Millionen SPE-Knoten.
Die System Alliance hat die Zahlen nochmal analysiert. Ihre Prognose berücksichtigt zum einen historische Daten von PROFIBUS, PROFINET International (PI) und HMS. Sie zeigen, wie die bestehenden Technologien jeweils den Markt durchdrungen und sich über ihren Lebenszyklus hinweg entwickelt haben. Zum anderen wurden mehrere Expert:innen um ihre Einschätzung zur Marktentwicklung von SPE gebeten. Das Ergebnis ist ein dynamisches Modell des industriellen Netzwerkmarktes für Single Pair Ethernet. „Auf dieser Basis und unter Berücksichtigung der Kannibalisierung bzw. Absorption bestehender Netzwerktechnologie durch SPE können wir fundierte Annahmen über den zukünftigen Marktanteil von SPE treffen: Schon bei moderater Marktdurchdringung wird SPE 2030 einen Marktanteil von rund 10 Prozent haben, was etwa 50 Millionen Knoten entspricht – das deckt sich mit den Berechnungen der IEEE. Bei schneller Marktdurchdringung können es sogar bis zu 180 Millionen Knoten werden. Bei langsamer Anpassung werden die 50 Millionen SPE-Knoten etwa fünf Jahre später erreicht“, heißt es in der Analyse. Und weiter: „Auf Basis unserer Analysen gehen wir davon aus, dass es für SPE ein Gesamtpotenzial von rund einer Milliarde Netzwerkknoten gibt, das spätestens um das Jahr 2060 herum erreicht werden wird“ – allerdings nicht nur in der Industrie. Es entsteht also ein riesiger Markt, der unter anderem auch mit Steckern und Infrastruktur versorgt werden muss.
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Doch wo entstehen die Use Cases für SPE?
Anwendungsfälle entstehen beispielsweise in der Intralogistik. Die Anforderungen im Hochregallager an die Kommunikation sind groß. Mehrere IO-Link-Sensoren müssen an eine geerdete Steuerung angeschlossen werden. Das Problem: Der Anwender braucht heute noch einen Repeater. Mit einer SPE-Kommunikation kann er sich diesen zukünftig sparen und verkleinerte Schleppkettenkabel nutzen. Doch nicht nur das Hochregallager profitiert. Eine Einschränkung von Standard-Ethernet war schon immer die maximale Länge von 100 Metern für eine Ethernet-Verbindung, heißt es weiter. Um größere Entfernungen in weitläufigen Anlagen, beispielsweise in der Fördertechnik, zu erreichen, mussten bisher zusätzliche Repeater oder Switches eingesetzt werden. Mit der SPE-Technologie ist es möglich, Geräte mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 10 MBit/s über eine Distanz von bis zu 1000 m zu verbinden und optional die PoDL-Technologie zu nutzen. So können viele Feldbustechnologien mit Datenraten von bis zu 10 MBit/s durch SPE-Lösungen ersetzt werden, erklären die Entwickler.
Maschinen und Drohnen
Die Maschinenbauer erhoffen sich mit SPE weniger Protokolle, denn die Realität ist heute: Verschiedene Kommunikationsarchitekturen mit unterschiedlichen Industrial Standards für Technologien und Kommunikationsprotokolle. Dazu kommt: Produktionslinien bestehen aus intelligenten Maschinenmodulen, die miteinander kommunizieren. Bisher standen Automationsingenieure vor dem Problem, dass verschiedene Hersteller eine Vielzahl von Kommunikationsnetzen wie PROFIBUS, CAN, ASI oder DeviceNet einsetzen. Das Versprechen der SPE-Vordenker: Mit SPE kann ein einheitliches, völlig transparentes IP-basiertes Netzwerk ohne Gateways aufgebaut werden. Beim Aufbau der Infrastruktur wird Single Pair Ethernet wesentlich kostengünstiger sein als die üblichen Bus- und Ethernet-Komponenten zusammen. Fallstudien von System Alliance-Mitgliedsunternehmen ergaben Kosteneinsparungen von rund 18 Prozent für typische Montagemaschinen bei Verwendung von Single Pair Ethernet, heißt in einem Papier. Auch bei Windturbinen, in der Robotik, bei Aufzügen, autonomen Schiffen, in der Gebäudeautomation und in Drohnen sehen die Verantwortlichen Potentiale für die Technologie.
Und wann geht es los? Die ersten groß angelegten Installationen werden wahrscheinlich Mitte der 2020er Jahre erfolgen, und von da an wird die Anzahl zunehmen. Der Markt kommt in Bewegung. Immer mehr Produkte kommen auf den Markt. Das SPE Industrial Partner Network veröffentlicht in seiner Produktdatenbank immer die neuesten Entwicklungen – vom Kabel über Verbindungstechnik, Konfektion, Halbleiter, passive Komponenten oder aktive Komponenten. Das Geschäft beginnt.