Messeneuling : Wird die C4I die Brücke zwischen Smart und Intertool schlagen?

Smart Automation 2017
© Reed Exhibitions/Andreas Kolarik

Sein Fachmessen-Duo Smart und Intertool sei ihm in den vergangen Jahren nicht nah genug am Puls der Zeit gewesen und „diesen Fehler werde ich beheben.“ Vor fast genau einem Jahr lancierte der Reed Exhibitions-Chef Benedikt Binder-Krieglstein das neue Messeformat „Connectivity für Industry“ (C4I). Als Plattform für Digitalisierung soll die Messe im Verbund mit den zwei anderen die industrielle Wertschöpfungskette komplettieren. Freilich geht es dem Veranstalter dabei auch ums Geschäft. Reed Exhibitions ist nicht der Erste, der versucht IT-Konzerne für Industriemessen zu gewinnen. Aber vielleicht der Erste, der dies auf etwas andere Art und Weise versucht.

Aufgepeppt mit Show-Cases

Als die C4I der breiten Öffentlichkeit präsentiert wurde, wollte der Veranstalter der reinen Produktpräsentation ade sagen. Statt klassischen Ausstellerständen sollte in der digitalen VIP-Zone Industrie 4.0 „spürbar“ werden. „Die C4I glänzt in ihrer Inszenierung“, hieß es von Reed. Prominent platziert in der Halle A im Herzen der Smart und angrenzend an die Intertool soll das digitale Erlebnis mit Show-Cases aufgepeppt werden. Einer davon zeigt z.B. zwei Rettungsroboter, die für Katastrophengebiete gedacht sind und überall dort zum Einsatz kommen, wo es für den Menschen gefährlich wird. Bedient werden die von der Fachhochschule Wels entwickelten Rettungsroboter per Funksteuerung. Ein zweiter Show-Case hat sich digitalen Checklisten verschworen. Das Start-up Testify will die Qualitätssicherung mit einer findigen App ins digitale Zeitalter führen. Bei Bombardier haben die Linzer das auch getan. Und genau diese Anwendung im Kleinformat soll es anhand eines Modells der echten Bombardier-Straßenbahn auch auf der C4I zu sehen geben.

Zweitbesetzungen durch Aussteller

Dass aber der Wunsch nach keinen klassischen Ausstellerständen ganz aufgeht, kann man sich bei Betrachten des Ausstellerkataloges dennoch nicht ganz vorstellen. Zwar hat es Reed tatsächlich geschafft IT-Konzerne wie SAP, Kapsch Business Com, Kaspersky Labs und TTTech zu gewinnen, aber ein echter Digitalisierungsprimus wie Microsoft, IBM, T-Systems oder Amazons Cloudservice AWS fehlt. Zumindest noch. Dafür glänzt das frische Format derweil mit einigen, man möchte fast sagen, digitalen Trittbrettfahrern. Denn findige Smart-Aussteller nutzen die C4I als zusätzlichen "Booster" für ihre digitalen Angebote. Und das hat mittlerweile fast jeder Zweite. „Es wirkt wie ein kleines Hüttendorf der großen Aussteller, die sowieso vor Ort sind“, kritisierte es ein Automatisierer, der die Chance auf eine zweite Werbestandfläche lieber nicht ergriff. Ob diese Zweitbesetzungen durch Aussteller klug für diese Art von Messe ist? Vielleicht nicht. Vielleicht schon. Die Brücke zur Welt der Automation ist damit auf jeden Fall geschlagen.

Findige Intertool-Aussteller

Wonach man aber noch vergeblich sucht, sind jene Unternehmen, die tatsächlich die Welt der Fertigung mit jener der Automation verbinden und dabei als Paradebeispiel für Digitalisierung glänzen. Also quasi diese Brücke im eigenen Unternehmen geschlagen haben. Wenn die Messe auf Show-Cases pocht, dann wären neben dem findigen Start-ups und Rettungsrobotern Unternehmen wie Schaeffler oder Henkel angesagt, um nur zwei Beispiele zu nennen. Und wenn es das „Doppelgemoppel“ von Seiten der Smart-Aussteller gibt, dann gehören Intertool-Aussteller wie Gebrüder Heller Maschinenfabrik unbedingt dazu. Immerhin gilt Heller mit seiner cloudbasierten pay-per-use-Bezahlmethode als absoluter Vorreiter in Sachen digitales Betreibermodell. Anwender von Heller-Maschinen können nämlich via SEPA-Lastschrift nur mehr für die Nutzlaufzeit ihrer Maschine zahlen.

Soll das ein Vorwurf an die neue Messe sein? Wohl kaum. Für das neue Messeformat gilt ein gewisser „Welpenschutz“. Dass Reed Exihibtions mit der C4I den Nerv der Zeit noch rechtzeitig getroffen hat, ist klar. Dass es aber für den Fortbestand dieser Messe Gemeinschaftslösungen über verschiedene Hersteller hinweg braucht, wohl auch. Ziel sollte es also sein ein Komplettbild einer "Smart Factory" zu skizzieren. Eben die Brücke zwischen Automation und Fertigungstechnik zu schlagen ohne dabei einzelne Komponentenhersteller oder IT-Dienstleister in den Vordergrund zu stellen. Keine leichte Aufgabe. (eb)