CNC Industrie : Welche raffinierten Geschäftsmodelle hinter Orderfox stecken
Schlaue Füchse gab es auf der EMO Hannover viele, aber nur einer machte damit Werbung. Das Start-up Orderfox.com verkörpert wohl genau das, was Digitalisierung heißt. Mit einer Gratis-Plattform bringt das junge Unternehmen aus Lichtenstein CNC-Fertiger und Einkäufer zusammen. Fast frech behauptet Orderfox, innerhalb von einem Jahr die größte globale Datenbank der CNC-Branche werden zu wollen. Ob es das Zeug dazu hat? Garantiert. Erst seit Juni online, verzeichnet es nämlich schon über 240.000 Mitglieder und expandiert bald nach China und den USA.
Profit mit Metadaten
Wie lassen sich Produktionsressourcen intelligent verknüpfen? Wer kann wo ein Produkt so schnell wie möglich in Topqualität produzieren oder just in time an einen bestimmten Punkt auf der Weltkarte liefern? Solche Fragen stellen Einkäufer täglich unter Strom. Die Gratis-Plattform Orderfox bringt hier Angebot und Nachfrage zusammen. Schnell, direkt und ohne viel Aufwand kann ein Auftrag in der Datenbank platziert werden. Lohnfertiger können damit ihre Auslastung kräftig erhöhen. Und wie verdient Orderfox dabei? Ganz einfach: Metadaten. Wie Google verdient der „Fox“ nicht mit Provision oder Werbung, sondern mit Daten. Wer z. B. eine Premiummitgliedschaft abschließt, erhält wertvolle Reportings, je nach Wunsch wöchentlich oder monatlich. Und diese Reportings haben es in sich. Denn wer weiß, mit welchen Technologien, Materialien und Werkstückgrößen für welche Industrie gefertigt wird, welche Maschinentypen wo wie lange stehen oder in welchen Regionen die meisten CNC-Aufträge platziert und gesucht werden, kann seine Vertriebsstruktur ganz neu und zielgerichteter steuern.
Alarmsystem und Blacklist
Dass dieses Konzept voll aufgeht, zeigt der Fall eines österreichischen Einkäufers. Das Wiener Unternehmen veröffentlichte am Abend einen Auftrag bei Orderfox, nahm ihn aber gleich am nächsten Morgen wieder offline. Für Managing Director Bernd Schuler zuerst ein Verdacht auf einen Fehler. „Wir dachten etwas sei schiefgegangen, und nahmen Kontakt auf.“ Doch der Grund war ein anderer: Innerhalb nur einer Nacht hatten die Wiener drei Angebote am Tisch. Wie das geht? Indem Orderfox eine Art Alarmsystem integriert hat. „Poppt ein Auftrag in der Nähe auf, erhält der Fertiger eine Benachrichtigung und kann sein Angebot stellen“, so Schuler. „Das geht, weil das Verhältnis von Auftraggeber und –nehmer der immerhin 240.000 Mitglieder sehr ausgeglichen ist.“ Bald soll auch ein Bewertungssystem folgen. Eine Blacklist gibt es übrigens schon. Auftraggeber können sich diese individuell anlegen. Interessante Info am Rande: Eines der derzeit intensivsten Entwicklungsprojekte bei Orderfox ist die Anbindung an SAP. Wenn diese Schnittstelle gelingt, dann wird Orderfox wohl nichts mehr aufhalten können.
Lesen Sie auch: Überall Plattformen - wer, wie, was, wofür?
Mächtige Investoren
Ohne geniale Idee, kein Start-up, das ist klar. Dass hinter Orderfox mächtige Investoren sitzen, aber auch. Denn woher hat ein so junges Unternehmen sonst das Budget, um den Markt so gezielt bearbeiten zu können? Eine Frage, die das Impressum von Orderfox schnell klärt. Ob Richard Friedrich Morscher mit seiner berüchtigten B2B-Marketing-Agentur Montford, der Rechtsanwalt Wilhelm Klagian, Immobilienmogul Helmuth Julius Beck oder der ehemalige österreichische Skistar Hartmann Weirather, sie alle geben Orderfox die nötigen flüssigen Mittel. Einzig Morscher hatte dank seiner Geschäftsbeziehung mit Ex-Gildemeister-Vorstand Rüdiger Kapitza schon mit der CNC-Welt zu tun, – der Rest könnte nicht weiter davon entfernt sein. Aber vielleicht ist es genau das, was es braucht, um die größte Plattform für die CNC-Branche zu werden.
(Ebenfalls interessant: Porsche-Start Up verhilft mit wenigen Klicks zum Ersatzteil)