Coronavirus : Das erwartet die Industrie von den Maßnahmen der Regierung
Seit Mitte März läuft Österreich auf Notbetrieb, um das Coronavirus einzudämmen. Obwohl die exponentiell wachsende Kurve der Infektionen schön langsam abflacht, spitzt sich die Lage trotzdem immer weiter zu. Betriebe bangen um ihre Existenz, eine halbe Millionen Menschen aus Österreich sind innerhalb kurzer Zeit arbeitslos gemeldet worden. Nun soll die Wirtschaft nach Ostern kontrolliert und schrittweise wieder hochgefahren werden. Der WHO-Regionaldirektor Hans Kluge warnt davor, zu überstürzt zu agieren: „Jetzt ist nicht die Zeit, um Maßnahmen zu entspannen. Wir haben noch einen weiten Weg in diesem Marathon vor uns.“ Doch wie reagiert die angeschlagene Industrie auf die Lockerungsmaßnahmen der Regierung und was erwartet sie davon?
Flexible Arbeitszeiten, Liquiditätsunterstützung und Kurzarbeit
Die IV Salzburg hat in einer Blitzumfrage, bei der rund 70 Salzburger Industriebetriebe beteiligt waren, erhoben, was sich die Industrie für den Neustart der Wirtschaft nach der Lockerung der Corona-Maßnahmen erwarten. Fast zwei Drittel der Befragten halten flexible Arbeitszeiten für wichtig. Zirka die Hälfte fordert eine rasche und unbürokratische Liquiditätsunterstützung und 81,7 Prozent setzen auf Corona-Kurzarbeit. Ein weiteres Ergebnis der Umfrage ist, dass 46,5 Prozent der Betriebe auf offene Grenzen, freien Warenverkehr und funktionierende Lieferketten bauen. Unterkofler, Präsident der IV Salzburg, meint, die Perspektive für den Neustart sei ein dringend gefordertes Signal der heimischen Industrie gewesen. Eine etappenweise Rückkehr zur neuen Normalität sei notwendig. Denn je länger der Krisenmodus dauert, desto schwieriger und langwieriger wäre die Erholung.
Schlüsselarbeitskräfte müssten ihren Arbeitsplatz erreichen können, denn ein Stillstand bei Industrie- und Zulieferbetrieben hätte unabsehbare Auswirkungen auf die gerade in Krisenzeiten wichtige Versorgungssicherheit. „Die Industrie ist bereit für den Neustart. Dennoch müssen die Industriebetriebe daran denken, wie es möglichst bald, unter Einhaltung aller notwendigen Gesundheitsmaßnahmen, gelingen kann, wieder in Richtung neue Normalität zu kommen. Wir Unternehmer brauchen dringend eine Perspektive für die Zukunft. Ein Neustart der Wirtschaft wird sonst schwierig“, so Unterkofler.
Logistiker und Spediteure fordern Rahmenbedingungen
Der Zentralverband Spedition und Logistik begrüßt die Lockerungsübungen. Trotzdem sollte sie die aktuellen Probleme der Logistikbranche stärker berücksichtigen. „Die teils massiven Auftragseinbrüche durch den Ausfall ganzer Industrie- und Wirtschaftszweige bedrohen auch die finanzielle Liquidität vieler Logistikunternehmen. Hier braucht es schnelle und unbürokratische Hilfe, damit das Hochfahren der Wirtschaft und die damit einhergehende Versorgung der Bevölkerung mit Waren funktioniert“, so Präsident Alexander Friesz.
Sicherung der finanziellen Liquidität
Besonders stark von der Krise betroffen seien Kleintransporteure und Frächter, die Warentransporte durchführen. Viele davon würden derzeit um das wirtschaftliche Überleben kämpfen. „Die Bundesregierung ist hier gefordert, rasch die nötige finanzielle Liquidität für diese Gruppen sicherzustellen“, appelliert Friesz.
Deshalb stellt der Verband jetzt Rahmenbedingungen: „Die in der Corona-Krise eingeführten Sonderregelungen, wie die Aufhebung des Wochenendfahrverbotes, die Lockerung von Lenk- und Ruhezeiten sowie auch Sonntagsarbeit in den Warenlagern, um Mehraufwände und Rückstaus abarbeiten zu können, müssen während der kritischen Phase des Hochfahrens von Industrie und Wirtschaft aufrecht bleiben oder ausgeweitet werden“, so Friesz. Zur Sicherung der Liquidität der Speditionsbranche müsse es "ein mindestens einjähriges Belastungsmoratorium zur Verhinderung weiterer Steuererhöhungen, zusätzlicher Bürokratie und Eingriffe in die unternehmerische Freiheit" geben.
Flexiblere Arbeitszeiten
Ein geändertes Bestellverhalten des Handels sowie das geplante Hochfahren von Wirtschaft und Industrie würden zudem zu einem Auftrags-Boom führen, der flexibel bedient werden muss. Für viele Berufe konnten Voraussetzungen für dezentrales Arbeiten durch Home Office geschaffen werden. Diese Möglichkeiten bestehen jedoch insbesondere für LKW-Fahrer und Mitarbeiter in Logistikanlagen und Lägern nicht.
Das Gewerbe- und Arbeitsrecht soll nach dem Verband zeitlich begrenzt so geändert werden, dass Arbeitgebern und Arbeitnehmern durch generelle Anpassung des Arbeitszeitgesetzes deutlich flexiblere Arbeitszeiten ermöglicht werde. Die Logistik sei schließlich auch Voraussetzung für das Funktionieren des gesamten Wirtschaftsstandorts Österreich.
WKO und IV begrüßen Maßnahmen
WKO-Präsident Mahrer reagiert auf die geplanten Maßnahmen erfreut und spricht von einem „Startschuss für ein starkes österreichisches Comeback“. Österreich habe als eines der schnellsten Länder in Europa rigorose Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung umgesetzt.
Auch IV-Präsident Kapsch sieht die Pläne positiv: „Mit der angekündigten schrittweisen Lockerung der Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie sendet die Bundesregierung ein positives Signal hinsichtlich Planbarkeit, Vertrauen und Zuversicht an Menschen und Unternehmen." Die Industrie brauche weiterhin Anstrengungen für einen ungehinderten Güterverkehr auf europäischer Ebene, um die industrielle Produktion und damit die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten.
Lehrlinge wichtig für Hochfahren der Wirtschaft
Auch die neuen Maßnahmen des Bildungsministerium werden vonseiten der IV für gut befunden. Dabei soll Lehrlingen der Abschluss der letzten Klasse der Berufsschule durch Distance Learning ermöglicht werden, damit sie im Sommer wie geplant zur Lehrabschlussprüfung antreten können.
Außerdem sollen für Lehrlinge, die im Bereich der kritischen Infrastruktur gebraucht werden und die aus diesem Grund derzeit nicht am Distance Learning teilnehmen können, bis spätestens Ende des Schuljahres eigene Distance Learning-Lehrgänge zum Nachholen des Lernstoffs organisiert werden. „Denn das sind dann die Fachkräfte von morgen, die wir sehr bald für das Wiederhochfahren des Wirtschaftsstandortes nach der Krise brauchen werden“, so IV-Generalsekretär Neumayer.
Elektronikbranche profitiert von Hochfahren der Wirtschaft
Ab 14. April sollten kleine Händler wieder aufsperren dürfen. Die entscheidenden Maßnahmen sind dabei: Abstand halten, Mund-Nasen-Schutz tragen und Einhaltung von Hygieneregeln. Der Obmann der Bundessparte Handel der WKO, Buchmüller, spricht von einem „Licht am Ende des Tunnels“ und von einem „kleinen Rettungsanker“, der die Verluste wenigstens einschränken werde.
Vor allem die Elektronikbranche wird profitieren. Der FEEI begrüßt das langsame Hochfahren der Wirtschaft, da das Aufsperren der Elektrogeschäfte für die Branche von großer Bedeutung sei. Geschäftsführer Lothar Roitner meint dazu: „Die Lockerungsmaßnahmen sind ein ganz wichtiger und entscheidender Schritt zur Erholung der Wirtschaft und wir alle hoffen natürlich, dass das der erste Schritt zur Normalität ist, die wir anstreben und alle brauchen. Nicht nur im Sinne des Wirtschaftsstandorts, sondern vor allem auch für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die in dieser Branche beschäftigt sind.“