Maschinenbau : Aufwärtstrend: Wie gut es Österreichs Maschinenbau wirklich geht
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Luftfahrtexperte Adrian Allen steht in der Gunst des Maschinenbauers WFL derzeit ganz oben. Immerhin war es der kleine britische Forscher, der den Linzern den Deal ihres Lebens bescherte. Allen ist Leiter des Forschungszentrums Advanced Manufacturing Research Centre (AMRC) im britischen Sheffield. Ein Zentrum, das sich auf die Brust heftet, Unternehmen bei der Überwindung von Fertigungsproblemen zu helfen. Und jetzt wird’s spannend: Dick verbandelt ist das AMRC nämlich mit dem Luftfahrtkonzern Boeing. Und daher weht auch der Wind für den Linzer Megadeal: Im Zuge einer Forschungskooperation hat WFL es geschafft, dass eine ihrer multifunktionellen und hochpräzisen Dreh-, Bohr- und Fräsmaschinen um 2,5 Millionen Euro in Portland/Oregon aufgestellt wird. „Wenn du einmal so weit bist, bist du drinnen“, trifft es Allen, der das Ganze eingefädelt hat, auf den Punkt. Vor allem die verschiedenen Bearbeitungsstufen von übergroßen Metallteilen in einer einzigen Maschine seien es, wonach der Luftfahrtkonzern so giert: „Viele Millionen Dollar Einsparungen im Laufe des 25-jährigen Lebenszyklus eines Flugzeugs“, schwärmt Allen von den Möglichkeiten. Künftig könnten also Flugzeuge mit Linzer Know-how abheben. Und die Chancen für Folgeaufträge aus der Kooperation „sind absolut gut“, meint Allen. WFL-Geschäftsführer Norbert Jungreithmayrs Freude als künftiger Entwicklungspartner von Boeing ist dementsprechend groß. Die im Boeing-Entwicklungszentrum stehende Anlage ist für ihn ein wichtiges Vorführzentrum für potenzielle Kunden in den USA. „Auch für die Ausbildung von jungen Technikern wollen wir die Maschine einsetzen“, so Jungreithmayr.
Investitionswille bei EV Group
Dass sich Österreichs Maschinenbauer über Auftragsmangel derzeit nicht beklagen können, beweisen aber nicht nur die Linzer Werkzeugmaschinenbauer. In den vergangenen Jahren hielt zwar der Branchenoptimismus nie recht lange an. Jetzt hat sich die Auftragslage aber derart gebessert, dass sogar die sonst ewig kritische metalltechnische Industrie von einer „nachhaltig fundierten“ positiven Geschäftsaussicht spricht. Jeder Dritte erwartet Zuwächse. So auch die im Innviertel beheimatete EV Group. Der Hersteller von Anlagen für Waferbonding- und Lithographieanwendungen in der Halbleiterindustrie reagiert auf die deutlich gestiegene Nachfrage und baut seinen Standort in St. Florian kräftig aus. 20 Millionen Euro pumpen die Innviertler in entsprechende Produktions- und Testflächen für Kundenanlagen sowie eine deutliche Lagererweiterung. Noch 2017 will Werner Thallner, Executive Operations and Financial Director, den Neubau für die Produktion nutzen. 👉🏽 Hier geht es zum Ranking der Top-50-Maschinenbauer Österreichs
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Engels Ausbaupläne
Noch mehr Geld pumpt der ewige Ranking-Führer Engel in seine Erweiterungspläne. Die Erfolgswelle der Schwertberger Spritzgussexperten scheint kein Ende zu finden. Vor allem Asien habe sich im abgelaufenen Geschäftsjahr überproportional gut entwickelt. Das Wachstum in Europa sei ungebremst und die Nachfrage in Nordamerika weiter steigend. Fazit: Ausbau in Schwertberg, Ausbau in St. Valentin, Ausbau im tschechischen Lieferwerk Kaplice – der Maschinenbauer streckt sich nach der Decke. 100 Millionen nahmen die Schwertberger im Geschäftsjahr 2016/17 für Erweiterungen in die Hand – die angeschafften Produktionstechnologien sind, wie es sich in alter Fertigungstradition gehört, auch diesmal wieder vom Feinsten. Doch mit den Platzreserven in Schwertberg wird es langsam eng. Auch weil Vertriebschef Christoph Steger wie Neo-Chef Stefan Engleder, der geborene Verkäufer ist. Mit großer Ausdauer kurbeln beide die Absätze in Europa und Übersee an. Der Bau einer neuen Montage plus Kundentechnikum soll in Schwertberg nun Luft schaffen. Seit Mai hält Markus Richter die kaufmännischen Fäden des Maschinenbaubetriebs in den Händen. Spannend ist, dass der ausgewiesene Experte für internationale Finanzgeschäfte zudem Erfahrung mit globalen IT-Projekten mit sich bringt. Ein Kursgeber: Denn auch die Schwertberger wissen, wie viele andere, dass die Digitalisierung im After-Sales-Bereich mit Traummargen lockt. Mit der vernetzten und sich selbst optimierenden Spritzgießproduktion – intern unter „inject 4.0“ geläufig – will Engel mit passenden Technologien und Infrastruktur den Maschinenpark von so manchem Kunden zur smarten Vorzeigefabrik machen.
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Trumpfs neue Geschäftsmodelle
Die Stärkefelder einer zu neuem Vorwärtswillen erwachten Branche können sich aber auch in völlig neuen Umgebungen zeigen. So will der Paschinger Maschinenbauer Trumpf mit durchweg digitalen Prozessen immerhin eine Produktivitätssteigerung von 30 Prozent schaffen. Trumpf führt sie dazu in die „nächste Web-Ära“. „Wenn man Kunden die vierte industrielle Revolution begreifbar machen will, muss man zuerst einmal selbst dieses komplexe Feld beackert haben“, so Geschäftsführer Armin Rau. Im Moment implementiert Trumpf einschlägige Bausteine weltweit in allen Produktionsstätten. Auch Pasching ist mit dabei. Die Biegemaschinen made in Oberösterreich bieten natürlich die Voraussetzung und die notwendigen Schnittstelen wie OPC/UA, um sie zu vernetzen und um Optimierungsmöglichkeiten flexibel auch für kleine Losgrößen zu handeln, wie automatisierte Teileprogrammierung im Sekundenbereich. „Neue Herausforderungen stellen große Datenmengen dar, die es sinnvoll auszuwerten gilt“, so der Leiter Produktmanagement Harald Böck. Sinnvoll heißt, daraus Kundennutzen zu generieren, zum Beispiel in der präventiven Instandhaltung. Dieses „Hellsehen im Maschinenraum“ puschte Trumpf erst Ende April auf der Hannover Messe und wird es im September auf der EMO wieder tun. In neuen Geschäftsmodellen – Stichwort „pay per use“ „für die Nutzung von produktionsunterstützenden Apps“, wittert Bock eine lukrative Chance.
Anger Machining mit neuer Hoffnung
Für den Maschinenbauer Anger, 2014 in einen akuten Liquiditätsengpass geschlittert und im Folgejahr von den Taiwanern Tongtai übernommen, läuft es derzeit wieder gut. Der Trauner Standort sei „aktuell voll ausgelastet“, sagt Ex-CEO Klaus Dirnberger. Er verließ mit 30. Juni das Unternehmen und übergibt an Bernhard Morawetz. In der zweiten Jahreshälfte 2016 seien zwei Aufträge für den ZF-Konzern an Land gezogen worden. Neben einer maßgeschneiderten Maschine liefere man für den deutschen Getriebehersteller auch einen flexiblen Doppelspindler. Im Juni stand die Maschine kurz vor der Inbetriebnahme. Eine neue Maschine für die Fertigung großer kubischer Teile wie etwa Getriebegehäuse habe noch heuer Marktstart, auch der Leichtbau – Stichwort Aludruckguss – sei ein Thema. Auch wenn Entwicklungsbudgets schnell freigegeben sind, anderswo könnte es trotzdem schneller gehen: Die Pläne, aus dem 2016 getesteten Tongtai-Bearbeitungszentrum rasch ein Lösungspaket für den europäischen Markt zu schnüren, brauchen doch mehr Zeit: Die Asiaten entschieden sich dagegen, einen Hardwarebausatz nach Traun zu schicken und den Oberösterreichern die elektrotechnische Ausstattung der Maschine zu überlassen. Die Taiwaner wollen für die Maschine lieber selbst das nötige Know-how im Haus aufbauen. Vom Hebel Tongtai erwarte man sich zumindest im Einkauf einiges, auch wenn große Synergien im Teileeinkauf bisher noch nicht gehoben werden konnten. Trotzdem: Die Asiaten haben Anger entschuldet und lassen technologische Neuerung zu: Man entwickle in einer Breite wie noch nie zuvor, heißt es in Traun. (red)
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