Ranking 2018 : Zwischen Insolvenzen & Akquisitionen: Was hat den Anlagenbau 2018 geprägt

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Der internationale Konjunkturaufschwung hat die heimischen Maschinen- und Anlagenbauer auch heuer kräftig mitgezogen. Von Jänner bis Juli 2018 erzielten die Industrieschwergewichte, zu denen neben dem Maschinenbau auch die Elektroindustrie und die Metallwarenerzeugung gehört, laut Unicredit Bank Austria Branchenüberblick jeweils ein Produktionsplus im Bereich von zehn Prozent, in der Kfz-Industrie sogar von zwölf Prozent. Das bedeutet volle Auftragsbücher und Rekordergebnisse. So blickt beispielsweise die steirische Knapp AG auf das beste Wirtschaftsjahr in der über 65-jährigen Unternehmensgeschichte zurück. Im Geschäftsjahr 2017/18 (per 31.3.2018) kletterte der Nettoumsatz um 12,3 Prozent auf 709,6 Millionen Euro, das entspricht einem Gewinnzuwachs von 29,8 Prozent. Und beim Auftragsvolumen wurde ein Anstieg um 32 Prozent verzeichnet. „Ein Erfolg, der unsere Marktposition unterstreicht und es uns ermöglicht, das F&E-Budget auf über 40 Millionen Euro zu erhöhen und weitere richtungsweisende Schritte in die Zukunft zu setzen“, so CEO Gerald Hofer. Investiert wird aber auch in die Infrastruktur: Rund 55 Millionen Euro fließen im laufenden Wirtschaftsjahr regional und international in Standorte und IT-Infrastruktur.

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Einkaufstouren bei Knapp und Andritz

Daneben hat sich Knapp auf Einkaufstour begeben: Bereits mit Jahresbeginn wurde die Beteiligung an der KHT/Apostore-Gruppe, die Kommissionierautomaten für Apotheken, Krankenhäuser und den Großhandel beziehungsweise Messgeräte entwickelt und produziert, auf 100 Prozent erweitert. Die börsenotierte Andritz Gruppe hat ebenfalls eingekauft: Erst kürzlich wurde die Übernahme des US-Papiermaschinenzulieferers Xerium Technologies abgeschlossen. Andritz hat Xerium für 13,50 US-Dollar je Aktie in Cash erworben. Die Übernahme von Xerium ist nach Unternehmensangaben gemessen am Transaktionsvolumen die größte Übernahme der Firmengeschichte. Die Akquisition entspreche genau der langfristigen Strategie, ergänzende Akquisitionen durchzuführen und unser – in Bezug auf Umsatz und Ergebnis – stabiles Servicegeschäft weiter auszubauen, so Wolfgang Leitner, Vorstandsvorsitzender der Andritz AG. Daneben haben die Steirer 70 Prozent der Anteile des italienischen Windelmaschinen-Herstellers Diatec gekauft.

Prestigeträchtige Aufträge bei Doppelmayr

Doch nicht nur bei Käufen war Andritz erfolgreich, das Unternehmen konnte sich auch so manchen Großauftrag sichern: So werden Technologien und Ausrüstungen im Wert von rund 300 Millionen Euro für die Modernisierung und Erweiterung der Arauco-Zellstoff-Fabrik in Chile geliefert. Oder für eine Biomethanolreinigungs- und -aufbereitungsanlage für das Werk des schwedischen Zellstoffherstellers Södra. Ein komplettes Trocknungs- und Verbrennungssystem im Wert von knapp 120 Millionen Euro geht wiederum für den Ausbau der Abwasseraufbereitungsanlage Bailonggang nach Shanghai. Über prestigeträchtige Aufträge kann sich auch die Vorarlberger Doppelmayr/Garaventa-Gruppe freuen, die nach eigenen Angaben „mit der aktuellen Auftragslage sehr zufrieden sein kann“. So erhielt Doppelmayr den Zuschlag für neun Seilbahnanlagen, die für die Olympischen Winterspiele in Peking 2022 gebaut werden. Daneben wurde das Unternehmen mit der Errichtung einer zwei Kilometer langen neuen Cable Liner Anlage und deren Betrieb in den ersten fünf Jahren am London Luton Airport beauftragt.

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Großaufträge für Zeta Biopharma und Primetals Technologies

Den größten Auftrag der Firmengeschichte hat im Dezember des Vorjahres die steirische Zeta Biopharma an Land gezogen. Sie errichtet für Boehringer Ingelheim in Wien eine Biotech-Produktionsanlage. Der Auftrag übersteigt den Angaben zufolge deutlich die 25 Millionen-Euro-Grenze und umfasst neben der Anlagenplanung die Lieferung der Bioreaktoren für die Biotech-Produktionsanlage am Boehringer Regional Center Vienna. Das weltweit tätige deutsche Pharmaunternehmen investiert bis 2021 insgesamt 700 Millionen Euro in die LSCC (Large Scale Cell Culture) am Standort Wien. Über verschiedene Großaufträge freut sich weiters die aus der Siemens VAI herausgegangene Primetals Technologies: So sollen zwei komplette Walzwerke im Wert von mehreren Hundert Millionen Euro nach Mexiko geliefert werden. Nach China geht eine Anlagen-Kombination aus Lichtbogenöfen, also ein Elektrostahlwerk, und einer speziellen Art von Strangguss-Walzanlage. Auftragswert: gut 100 Millionen Euro. Und für die japanische JFE Steel Corporation modernisieren die Linzer eine Sinteranlage samt nachgelagerter Bereiche. Auch da liegt der Auftragswert im mehrstelligen Millionenbereich.

Sanierungsplan bei Hitzinger

Eine Sanierung ist für einen oberösterreichischen Insolvenzfall, den Linzer Anlagenbauer Hitzinger, geplant. (Anm. der Redaktion: Deswegen heuer nicht im Ranking vertreten) Das zur Aichhorn Group gehörende Unternehmen, das im September in die Insolvenz gerutscht ist, ist auf individuelle Stromversorgung spezialisiert. Dass es letztlich zahlungsunfähig wurde, hängt nach Angaben von Gläubigerschützern und Arbeiterkammer mit den Schadenersatzansprüchen eines britischen Kunden zusammen. Dieser soll einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 1,6 Millionen Pfund eingefordert haben. Mehr über Insolvenzen und Sanierungspläne – siehe ganz am Ende des Beitrags.

Fachkräftemangel „katastrophal“

Doch trotz voller Auftragsbücher und der Tatsache, dass das Wachstum in der Metalltechnischen Industrie noch intakt ist, sind die Anlagenbauer etwas vorsichtiger geworden. Laut WIFO-Konjunkturtest vom August für die Metalltechnische Industrie geht die Dynamik Schritt für Schritt nach unten. Demnach seien die Auftragsbestände im Maschinenbau im letzten Monat stark rückläufig gewesen. Das könnte schon ein Indiz für die bevorstehende Verlangsamung des Produktionswachstums sein, vor dem auch Obmann Christian Knill kürzlich warnte. Mittelfristig rechnen vier von fünf Unternehmen mit Stagnation. Dass der Höhepunkt der Konjunktur bald überschritten sein wird, glaubt auch Thomas Pein, Geschäftsführer der SMB. Ein Indiz dafür sei für ihn die Tatsache, dass seit dem Frühjahr/Sommer die Zahl der Ausschreibungen spürbar zurück gegangen sei. „Man merkt beispielsweise, dass in der Automobilindustrie weniger investiert wird“, sagt Pein. Als „katastrophal“ bezeichnet er den Fachkräftemangel. Zwar sei das Interesse an Lehrstellen gestiegen, aber fertig ausgebildete Fachkräfte, wie etwa Schlosser oder Schweißer, seien kaum zu finden. Ein Problem dabei sei, dass Österreich das Übergangsarrangement zur Arbeitnehmerfreizügigkeit für Kroatien bis 30. Juni 2020 ausgedehnt habe. „Dort gebe es viele gute Schlosser“, sagt Pein. Unter den geltenden Rahmenbedingungen für diese eine Arbeitsbewilligung zu bekommen, sei schwer.

>> Christian Knill: Der Konjunkturhöhepunkt ist überschritten

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Brexit und Handelskonflikte

Nicht nur für die SMB wird die Suche nach Mitarbeitern immer schwieriger: Im Laufe dieses Jahres nannten immer mehr Industrieunternehmen fehlende Ausrüstungsinvestitionen und die Beschäftigungsknappheit als die größten Produktionshindernisse. Für Verunsicherung sorgen daneben die steigende Zahl an politischen Risiken wie der Brexit und die Handelskonflikte. Und das nicht nur in Österreich: „So lange die Unwägbarkeiten rund um den Brexit bleiben und die Handelskonflikte weiter eskalieren, steigen auch die Risiken für die Maschinenbauindustrie in Deutschland“, so Ralph Wiecher, Chefvolkswirt des Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau.

Insolvenzen, Sanierungspläne und Co.

Wer schlitterte 2016/2017 in die Insolvenz. Wer hat sein operatives Geschäft aufgegeben. Bei wem greifen Sanierungsmaßnahmen. Daten laut Kreditschutzverband KSV1870.

Dürr Anlagenbau GesmbH: Schon 2016 kündigte der deutsche Mutterkonzern die Schließung des Werks in Zistersdorf an. Mit Juni 2018 ist das Unternehmen auch aus dem Firmenbuch gelöscht.

Euro-Tech Anlagenbau GmbH: Mit 1,04 Euro Passive meldete der Kärntner Anlagenbauer im September Konkurs an.

Hitzinger: Schadenersatzansprüchen eines britischen Kunden in Höhe von 1,6 Millionen Pfund ließen den Linzer Anlagenbauer Ende September in die Insolvenz schlittern. Sanierung ist geplant.

KUAG Kunststoff-Maschinen- und Anlagenbau GmbH: Schlitterte kurz nach Erscheinen des Rankings 2017 in die Insolvenz. Der Grund: Konkurrenzdruck aus Asien sowie verminderte Investitionsbereitschaft der Kunststoffproduzenten.

RH-Tech Gebäudetechnik und Anlagenbau GmbH: Seit Anfang Mai 2017 ist der Kärntner Anlagenbauer zahlungsunfähig. Als Hauptursache gelten Verluste bei öffentlichen Projekten.

Schloetter GesmbH: Der Anlagenbauer für Galvanotechnik ist nicht mehr operativ tätig

SFL Technologies: Es war die österreichweit größte Insolvenz des Jahres 2017: 80 Millionen Euro Schulden, 350 Gläubiger, 186 betroffene Dienstnehmer. Im zweiten Anlauf wurde der Sanierungsplan mehrheitlich angenommen. Die Fortführung ist gesichert.