Automatisierung gegen den Fachkräftemangel : Wie Matec auf den Roboter gekommen ist
Der Lohnfertiger Matec beliefert mit seinen Dreh- und Frästeilen vorwiegend die Automobilindustrie. Vor einigen Wochen zog dort im Werk ein gebrauchter Industrieroboter ein. Zwei engagierte Bastler haben sich ihm angenommen und versuchen nun, der aktuellen und nachkommenden Belegschaft die Arbeit zu erleichtern. Dies ist die Geschichte eines Hands-on-Projekts mit einem Yaskawa-Roboter, dem Instandhaltungstechniker Rene Moor und dem Jungunternehmer Marcel Supperl in den Hauptrollen.
Supperl ist gelernter Zerspanungstechniker, der in seiner Laufbahn zahlreiche Dreh- und Fräsmaschinen eingestellt hat. Nach Ablegen seiner Meisterprüfung im November 2022 machte er sich mit der Zerspanungsfirma Maess Parts selbstständig. In seiner Werkstätte, die sich am steirischen Produktionsgelände von Matec befindet, fertigt er Einzelteile, Kleinserien und Prototypen. Im Rahmen des Automatisierungsprojekts bei dem großen Nachbarn kümmert er sich als externer Dienstleister vor allem um die Programmierarbeit – auch wenn Robotik für ihn Neuland ist. Moor hat eigentlich eine Koch-Lehre absolviert und ist als Quereinsteiger zu Matec gekommen, wo er sich um die Instandhaltung der Maschinen kümmert. Beim aktuellen Roboter-Projekt ist er vor allem für die Hardware zuständig. „Ich mache das nach dem Motto Learning by doing“, gibt er unumwunden zu.
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Der Roboter als Bindeglied
Gemeinsam haben die zwei Bastler den besagten Roboter im rumänischen Werk begutachtet, bevor dieser seine Reise in die Steiermark antreten durfte. Dann bauten sie in der Produktion zunächst eine Teststation auf, bestehend aus zwei Förderbändern und einer Palette. „Wir haben den Roboter einfach hingestellt und ihn Dinge von der Palette auf das Förderband legen lassen, um zu testen, wie die Steuerung funktioniert“, berichtet Supperl. Als nächstes Etappenziel verkettet das Gerät nun zwei Maschinen miteinander. Bei Matec sind vorwiegend Drehmaschinen im Einsatz. Für einen aktuellen Auftrag müssen nach der Drehbearbeitung aber zusätzlich zwei Bohrungen vorgenommen werden, was die Drehmaschine nicht kann. Ein integrierter Lader legt die Rohteile automatisch in die Maschine ein, wo diese beidseitig bearbeitet werden, und platziert sie dann auf einem Förderband. Von da an soll der Roboter übernehmen: er nimmt die Teile vom Förderband und bestückt damit die danebenstehende Fräsmaschine, wo abschließend die Bohrlöcher eingebracht werden.
Fünf Sensoren erfassen dabei, ob die Tür offen ist und ob der Ablagebereich frei ist, damit der Roboter nicht zwei Teile an dieselbe Stelle platziert. Sicherheitszäune gibt es aktuell noch keine. Soll der Roboter einmal voll in Betrieb gehen, kommt noch weitere Sensorik dazu.
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Der zeitliche und finanzielle Aufwand
„Viele glauben, dass sie nur einen Roboter kaufen müssen und der übernimmt dann alles“, spricht Supperl eine weitere Fehleinschätzung an und findet weitere klare Worte: „Je allgemeiner die Aufgaben gestaltet sind, desto komplizierter werden sie in der Installation. Da muss man mit 200.000 Euro aufwärts für die Automatisierung rechnen“. Er selbst schätzt die bisherige Investition bei Matec vom Kauf bis zum Start auf 10.000 bis 15.000 Euro.
Und wie gestaltet sich der Arbeitsaufwand des Projektes? „Je weiter wir drinnen sind, desto mehr entdecken wir, was wir noch brauchen“, so Moor. Der größte Zeitfresser seien die Installation der Förderbänder und auch das Anbringen der Sensoren gewesen. Bis jetzt konnten die beiden alle Herausforderungen selbst lösen, abgesehen von Strom- und Sicherheitsangelegenheiten, bei denen ein Elektriker behilflich war. Was nicht bedeutet, dass die Roboter-Versuche ein Kinderspiel sind.
Die Schnittstellenanbindung zwischen Roboter und Maschinen, ist oftmals eine knifflige Angelegenheit. Damit zwei Maschinen und ein Roboter störungsfrei interagieren können, muss zwischen ihnen die Kommunikation hergestellt werden. „Damit du etwas in die Maschine laden kannst, muss die Tür offen sein. Also brauchst du ein Signal, damit er weiß, dass die Tür sicher offen ist. Und dann muss Roboter mit der Fräsmaschine kommunizieren, damit diese weiß, dass er mit dem Beladen fertig ist und die Maschine losfahren kann“, erklärt Supperl. Dies ist das bislang einzige Signal, das vom Roboter zur Maschine geht, alles andere ist separat gesteuert.
Neben dem Tagesgeschäft bleibt oft nur eine halbe Stunde täglich für den Roboter. So zieht sich das Projekt die Länge. Die Matec-Geschäftsführung lässt ihnen dafür weitgehend freie Hand, denn: „Wenn wir es nicht machen, gibt es eben keine Roboter-Automatisierung“, lassen die beiden wissen. Somit hält sich zumindest der Zeitdruck in Grenzen.
Nächster Schritt: Erfahrung sammeln
Nachdem sich die Maschine auf die zu bohrenden Teile umgestellt hat, geht es an die Roboterprogrammierung, damit dieser alles in der richtigen Reihenfolge macht. „Dann sehen wir, ob und wo es Probleme gibt“, so Supperl. Eine große Unbekannte ich bislang noch der Schmutz, der sich im Prozess bildet. Die Teile für das Handling sind fettig und voller Späne. Nach der Inbetriebnahme wird sich weisen, wie gut die Sensoren mit dem Dreck umgehen können und wie reibungslos die Abläufe in der Praxis sein werden. Wenn das System einmal funktioniert, kommt noch der Käfig rundherum.
Die Maschine, die beim Roboter steht, hat bereits 15 Jahre auf dem Buckel, ist also eine Restmaschine. Wenn sie einmal das Ende ihres Lebenszyklus erreich, hat Matec noch andere Altmaschinen in petto, die man an den Roboter stellen könnte. Die Umstellung sei laut Moor dann kein großer Aufwand mehr: „Das Schwierigste haben wir schon hinter uns“.
Und wie ist sein erstes Fazit zum Automatisierungsprojekt? „Ich muss ehrlich sagen, wenn ich die Unterstützung von Marcel nicht hätte, würde ich mich da nicht drüber trauen“. Ein Facharbeiter mit solidem Grundwissen, der sich mit dem Roboter auseinandersetzt, hält er für die wichtigste Voraussetzung, um erfolgreich zu automatisieren.
Über Matec
Die Firma Matec Baumgartner Fertigungstechnologie GmbH wurde 1993 von der Familie Baumgartner gegründet. Unter der Geschäftsführung von Rudolf Baumgartner produziert das Unternehmen Dreh- und Frästeile in mittleren und großen Stückzahlen. Wenn erforderlich, führt es auch Vor- und Fertigmontagen und fertigt Muster, Prototypen und Erstmusterteile. Im steirischen Kapfenberg gelegen, beschäftigt Matec aktuell 13 Mitarbeiter:innen.