Meinung : Trends, die die produzierende Industrie 2022 prägen

Manuel Keller

Manuel Keller von Eaton hat drei Trends für die Industrie identifiziert.

- © Eaton

1. Industrie 4.0

    Grundlegende Technologien und konkrete Produkte für Industrie 4.0-Anwendungen sind bereits seit geraumer Zeit verfügbar. 2022 werden wir diese nun verstärkt in praktischen Anwendungen sehen. Digital Twins und komplett digitalisierte Produktionsstraßen werden bald zum Alltag in modernen Fertigungsumgebungen gehören. Das Konzept Industrie 4.0 wird endgültig das Stadium der disruptiven Neuerung verlassen und einen Reifegrad erreichen, der es Unternehmen erlaubt, direkt geschäftlichen Nutzen daraus zu ziehen.

    2. Lieferkette 4.0

      Der eingeschlagene Weg in Richtung Industrie 4.0 hat nicht nur Auswirkungen auf einzelne Unternehmen, sondern auch auf ihre gegenseitigen Lieferbeziehungen. Die letzte Zeit stellte eine enorme Herausforderung für globale Supply Chains dar. Jahrzehnte des Offshoring haben zu einem komplexen, globalen Geflecht geführt, das sich unter Druck als anfällig erwiesen hat. Beispiele dafür gibt es genug: die Havarie im Suezkanal, den Brexit oder den Container-Mangel. In Zukunft wird es darauf ankommen, Lieferketten nicht nur unter Effizienzaspekten, sondern auch unter Berücksichtigung von Resilienzanforderungen zu betrachten. Die Resilienz lässt sich auf verschiedene Arten verbessern, ein Ansatz ist die (Rück-)Verlagerung der Produktion näher zum Abnehmer. Eine weitere Maßnahme ist die Verbesserung des Informationsflusses entlang der Lieferkette durch vollumfängliche Digitalisierung. Ähnlich wie in der Smart Factory alle Stationen einer Fertigungslinie intelligent miteinander vernetzt werden, geschieht dies in der Supply Chain 4.0 auch, nur in einem größeren Maßstab. Dieser optimierte Informationsfluss erlaubt es, Probleme wesentlich früher zu erkennen und rechtzeitig zu reagieren.

      3. Wachsendes Umweltbewusstsein

      Die Anforderungen zur Bewältigung der Klimakrise sind jetzt auf allen Ebenen der Gesellschaft spürbar, worauf auch das produzierende Gewerbe dringend reagieren muss. Die Möglichkeit der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen vor Ort liegt auf der Hand, aber für viele Unternehmen wird dies auch die Umstellung einiger Produktionslinien von Wechselstrom auf Gleichstrom erfordern. Auch wenn diese Umstellung kurzfristig mit Herausforderungen verbunden ist, überwiegen die langfristigen Vorteile. Ganz allgemein besteht auch ein Umweltvorteil in der physischen Verkürzung der Lieferketten und der damit verbundenen Verringerung der Transportemissionen sowie in der Optimierung der Ressourcenzuweisung, um angesichts internationaler Turbulenzen flexibler und damit effizienter liefern zu können.

      Fazit

      Man kann davon ausgehen, dass der verändernde Kontext der Fertigung in Initiativen und Rahmenwerken formalisiert wird: Ergebnisse wie Zertifizierungssysteme für Umweltauswirkungen, stärkere Bemühungen, neue Talente für die Fertigung zu gewinnen, branchenübergreifende offene Standards und Investitionen in die digitale Onshore-Produktion werden dazu führen, dass die Versprechen von Industrie 4.0 und Supply Chain Realität werden.

      Hersteller sollten sich bemühen, den eher formalen Anforderungen, wie politischen und regulatorischen Fragen, einen Schritt voraus zu sein und versuchen, den Wandel von innen heraus voranzutreiben. Das bedeutet auch, Standards und Fähigkeiten zu verbessern, um die aktuellen Herausforderungen von Industrie 4.0, globalen Lieferketten und steigenden Umweltanforderungen zu bewältigen.