Kolumne von Mario Buchinger : Lean, Industrie 4.0 und KI können Führung 1.0 nicht ersetzen
In den letzten Wochen wurde von gewissen Kreisen suggeriert, dass die Elektromobilität auf dem Rückzug sei. Deutsche OEMs, an denen auch Teile der österreichischen Wirtschaft hängen, reduzieren ihr Tempo bei der Entwicklung von Antriebsplattformen und Batterietechnik.
Doch tatsächlich schaut es weltweit ganz anders aus. BYD und Tesla liefern sich ein Kopf an Kopf Rennen, wer der Größte ist. Weitere, meist chinesische, Hersteller drängen in den Markt und setzen die Trends. Der Verbrenner stirbt und Profiteure dieses Wandels sind leider nicht die, die es hätten sein können. Die deutsche Autoindustrie hat kapituliert und deren Führungspersonal versucht noch möglichst viel der kurzfristigen Gewinne für sich und ihre Aktionäre rauszuholen.
Am Beispiel derartiger Fehlentscheidung wird deutlich, alle vermeintlichen Heilsbringer-Lösungen versagen hier. Es sind primär noch immer die Fähigkeiten, Führungsverantwortung zu übernehmen und langfristig zu denken, gefragt.
Führung 1.0. – worum es wirklich geht
Führung 1.0 besagt, dass Führungskräfte weit mehr können müssen als Zahlen und Profiten hinterherzurennen. Was das bedeutet, lässt sich in drei Hauptpunkten zusammenfassen: Es geht darum, eine Abwägung zu finden, wie man Profite in der Gegenwart mit den Investitionsentscheidungen für die Zukunft in Einklang bringen kann. Alle Investitionen, die für den Erhalt des Unternehmens in der Zukunft wichtig sind, schmälern die Profite im Hier und Jetzt. Daraus resultieren oft Veränderungen, die einigen Menschen leichter, anderen schwerer fallen. Gute Führung nimmt Menschen bei der Transformation mit.
Das ist eine zutiefst soziale Interaktion und lässt sich nicht gemäß Checkliste abarbeiten. Das ist auch ein Grund, weshalb der Begriff „Change Management“ so falsch ist, weil dieser suggeriert, man könne den Wandel (change) managen. Man kann ihn aber nur entwickeln und das braucht Zeit. Entscheidungen für die Zukunft beinhalten viele Ungewissheiten. Auf diese muss man sich einlassen und dabei auch Fehler als normalen Bestandteil eines Entwicklungsprozesses akzeptieren. In diesen Fehlern stecken außerdem die meisten Verbesserungspotentiale.
Unternehmer statt Manager
Gute Führungskräfte, die Führung 1.0 beherrschen, sind keine Manager:innen. Sie sind mutige, entscheidungsstarke und zugleich empathische Unternehmer:innen, die neben fachlicher Eignung über ein sehr großes Maß an sozialer Kompetenz verfügen und vorausschauend langfristige Verantwortung übernehmen. Diese Fähigkeiten sind eine, wie man in der Mathematik sagt, hinreichende Bedingung für gute Führung und lassen sich durch keine Methodik und keine Technologie ersetzen.