Zehn Jahre Ersatzteiltagung : "Die ETT ist der zentrale Treffpunkt für die After-Sales-Community“

Martin Riester von Fraunhofer Austria

Martin Riester ist Leiter des Centers für nachhaltige Produktion und Logistik bei Fraunhofer Austria und befasst sich mit der Optimierung der Wertschöpfung in Produktions- und Logistiknetzwerken.

- © Fraunhofer Austria

Wie hat sich ETT über die Jahre entwickelt?

Martin Riester: Wir waren damals mit Fraunhofer Austria bereits im After-Sales-Bereich aktiv, insbesondere in der Ersatzteillogistik. Da es in Österreich keine passenden Fachveranstaltungen gab, reiste ich für Wissenstransfer ins Ausland. Irgendwann entstand bei einem informellen Treffen die Idee: Warum nicht selbst eine Veranstaltung initiieren? Zusammen mit dem Factory-Magazin starteten wir 2012 bei Siemens in Linz. Wir rechneten mit 50 Teilnehmern – es kamen 80. Seither wuchs die ETT stetig: von simplen Präsentationen hin zu Werksführungen, Ausstellerflächen und thematischer Vertiefung. Heute ist die ETT der zentrale Treffpunkt für die After-Sales-Community. 

Was zeichnet die österreichische After-Sales-Community aus? 

Riester: Entscheidend war, eine Plattform zu schaffen – einen „Stammtisch“. Nur so kann sich eine Community formen. Der Unterschied zu anderen Ländern? Die Innovationskraft. Unternehmen hier setzen Impulse aus der Praxis direkt um, etwa durch KI oder datengetriebene Lösungen. Zudem pflegen wir enge, bilaterale Austauschformate – das schafft Vertrauen und beschleunigt Wissenstransfer. 

Die Highlights der Ersatzteiltagung 2024

Welche Highlights prägten die letzten zehn Jahre? 

Riester: Zwei Megatrends: die Dynamik der Digitalisierung und KI. Anfangs dominierten operative Themen wie Netzwerkplanung oder Lagerlogistik. Heute durchdringt KI alle Ebenen – von der Materialwirtschaft bis zur Servicetechniker-Unterstützung. Ein weiteres Highlight sind die versteckten Innovationen: Viele Unternehmen unterschätzen ihre eigenen Lösungen, etwa im Ersatzteil-Pricing oder Design-to-Service. Hier holen wir Best Practices vor den Vorhang. Nicht zu vergessen die Werksführungen, wie etwa bei Wintersteiger in diesem Jahr. Der Einblick in deren Hightech-Produktion zeigt, wie Daten den After-Sales revolutionieren.

Warum ist After Sales ein so wichtiges Thema? 

Riester: Service ist erfolgskritisch. Selbst bei rückläufigen Primärverkäufen bleibt er stabil – Maschinen müssen gewartet werden. Dazu kommt der Fachkräftemangel als Treiber. Immer weniger Experten müssen immer komplexere Technologien warten. Tools wie KI-gestützte Assistenzsysteme oder AR-Brillen kompensieren dies. Und enormes Potenzial sehe ich noch im Bereich der datengetriebenen Optimierung: Chatbots, Reinforcement Learning in der Bestandsplanung oder automatisierte Demontagepläne. 

Geopolitische Risiken erfordern neue Strategien. Die zunehmende Zollgefahr und Separierung von Wirtschaftsräumen sind ein großes Thema.

KI ist in aller Munde. Wie steht es um die Umsetzung? 

Riester: Die Praxis holt auf. Open-Source-Tools senken die Einstiegshürden. Unternehmen beginnen Chatbots einzusetzen – etwa für Produktkataloge oder Instandhaltungsprozesse. Auch Reinforcement Learning zeigt Wirkung. In Projekten reduzierten wir beispielsweise Lagerbestände um bis zu 30 Prozent – das ist enorm. Dennoch bleibt die Datenqualität eine Hürde. Viele Dokumente liegen noch analog vor – hier braucht es Digitalisierungsinitiativen. 

Die Lieferkettenkrise scheint abgeklungen. Was sind derzeit die großen Herausforderungen der Branche? 

Riester: Die akuten Engpässe sind vorbei, doch die strukturellen Herausforderungen bleiben. Geopolitische Risiken erfordern neue Strategien. Unternehmen überdenken globale Wertschöpfungsketten: Wo produzieren? Wo lagern? Die zunehmende Zollgefahr und Separierung von Wirtschaftsräumen sind ein großes Thema.  

10. Ersatzteiltagung: Von Predictive Maintenance bis zur Kreislaufwirtschaft

Ersatzteile sind über den gesamten Erdball verteilt. Das ist und war lange Zeit gängige Praxis, um Reaktionszeiten so kurz wie möglich zu halten. Doch Störungen in den Lieferketten haben gezeigt, wie risikobehaftet die globale Distribution sein kann. Welche Ersatzteile sollen wo auf Lager gelegt werden? Die aktuelle Situation rollt diese grundlegende Frage ganz neu auf – und inspiriert zu neuen Lösungsansätzen.

Diskutieren Sie mit ExpertInnen, wie Bestände zeitgemäß geplant werden. Erfahren Sie von Fachkollegen, welche Strategien und digitalen Tools sie anwenden, um die Teilevielfalt zu beherrschen. Und lassen Sie sich zu Themen wie Remanufacturing, 3D-Druck und Ersatzteil-Pricing inspirieren! Den Rahmen dazu bietet die alljährliche Ersatzteiltagung, die FACTORY gemeinsam mit Fraunhofer Austria organisiert.

Anmeldung und weitere Informationen: Ersatzteiltagung 2025

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Was sind die aktuellen Projekte, mit denen Sie am Institut beschäftigen? 

Riester: Wir arbeiten an Chatbots für Feld-Techniker, KI in der Kundenanalyse und automatisierten Demontageplänen. Spannend ist auch Reinforcement Learning in der Bestandsoptimierung – hier erzielten wir bereits messbare Erfolge. Zudem erforschen wir, wie sich Qualifikationslücken durch digitale Lernpfade schließen lassen. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie schnell die Branche diese neuen Möglichkeiten nutzt – aber die Richtung stimmt. 

10. Ersatzteiltagung

Preview: Das erwartet Sie auf der Ersatzteiltagung in Ried