Im Gespräch: Florian Hoffmann : Die ehrgeizigen Pläne des innovativen Lagerautomatisierers aus Norwegen
Was steckt hinter der Expansion in Österreich? Welche Ziele verfolgt der Mutterkonzern?
Florian Hoffmann: Österreich und insbesondere Graz sind als Logistik-Hub bekannt, insbesondere in der Interlogistik. Viele unserer AutoStore-Integratoren, zu denen wir ein enges partnerschaftliches Verhältnis pflegen, haben ihren Sitz in Graz und anderen Teilen Österreichs. Auch einige unserer Mitbewerber sind hier aktiv. Daher war es aus der Sicht von AutoStore ein logischer Schritt, unsere Partner und Kunden vor Ort besser unterstützen zu können. Deshalb wurden die Niederlassungen in Österreich gegründet. Tatsächlich sind wir in Graz bereits seit 2021 präsent. Aufgrund der Corona-Pandemie haben wir die offizielle Eröffnung jedoch auf dieses Jahr verschoben. Das Büro in Graz wurde also im Juni 2021 in Betrieb genommen, und im März 2024 konnten wir nun auch einen zweiten Standort in Wien eröffnen, wo es ebenfalls großes Potenzial für qualifizierte Fachkräfte gibt
Ist Graz weiterhin der Hauptsitz in Österreich?
Hoffmann: Ja, Graz bleibt der Hauptsitz in Österreich. Das war unser ursprünglicher Standort, an dem wir auch mit zwei Mitarbeitern begonnen haben. Wir decken von dort aus mehrere Bereiche ab. Wir betreuen globale Kunden, haben eine eigene Abteilung für Berater, kümmern uns um Business Development und neue Geschäftsfelder. Ein besonders wichtiger Bereich ist das Partner Sales Management, um unsere Integratoren, von denen acht in Österreich ansässig sind, optimal zu unterstützen und als Ansprechpartner für die Kunden bereitzustehen.
Die Skalierbarkeit des Systems ermöglicht es uns, auf unterschiedliche Kundenbedürfnisse einzugehen.
Das bedeutet, der Kontakt zu den Integratoren steht im Vordergrund. Ist noch mehr geplant, wie etwa ein Showroom?
Hoffmann: Glücklicherweise haben wir in Österreich derzeit 32 Anlagen, die entweder in Betrieb sind oder bald in Betrieb gehen. Diese Anlagen sind gut verteilt, sowohl im Wiener Raum als auch im Grazer Becken sowie im westlichen Teil Österreichs, beispielsweise in Tirol, Salzburg und Oberösterreich. Wir haben festgestellt, dass Kunden gerne direkt mit anderen Kunden in Kontakt treten. Daher nutzen wir unsere bestehenden Kunden, um Referenzbesuche zu organisieren. So können potenzielle Neukunden einen Einblick in die AutoStore-Welt gewinnen und sich mit den bestehenden Kunden über deren Erfahrungen, Herausforderungen und Business Cases austauschen. Basierend auf unseren Erfahrungen können wir sagen, dass ein reiner Showroom von den Kunden nicht so gerne angenommen wird wie Referenzbesuche.
Interessante Anwendungsfälle gibt es beispielsweise im neuen Logistikzentrum der Post in Inzersdorf oder bei Rexel in Weißkirchen zu sehen. Die Use-Cases sind jedoch sehr unterschiedlich …
Hoffmann: Das ist ein besonderer Vorteil von AutoStore. Mit den gleichen fünf Kernmodulen können wir ein breites Spektrum abdecken, von Industriekunden über Ersatzteile bis hin zu Automotive, Fashion und auch dem Healthcare- Bereich, die jeweils ihre eigenen Herausforderungen haben. Im Fashion-Bereich sind beispielsweise der Black Friday und das Weihnachtsgeschäft sowie saisonale Schwankungen besonders anspruchsvoll für die Technologie, während ein klassisches Ersatzteillager andere Anforderungen stellt. Die Skalierbarkeit des Systems ermöglicht es uns, auf unterschiedliche Kundenbedürfnisse einzugehen. Ein Kunde, der mehr Lagerkapazität benötigt, kann das System entsprechend anpassen, während ein anderer Kunde im Fashion-Bereich, der eine höhere Dynamik im System benötigt, eine höhere Leistung durch eine größere Anzahl von Robotern bereitgestellt bekommt. Dadurch entstehen vielseitige Anwendungsfelder mit derselben Technologie.
Wir können das System im laufenden Betrieb erweitern, was uns ermöglicht, mit dem Wachstum des Kunden mitzuhalten.
Ab welcher Größe wird AutoStore auch für kleinere Unternehmen interessant? Gibt es eine Mindestanforderung, die ein Unternehmen erfüllen muss?
Hoffmann: Viele unserer Bestandskunden kommen aus dem manuellen Bereich mit statischen Regalen. Für diese Kunden können wir bestehende Gebäude effizient nutzen, indem wir auf einem Viertel der Fläche das gleiche Volumen lagern und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit um das bis zu Fünffache steigern. Man kann theoretisch mit nur zwei Robotern starten und bis zu tausend Roboter skalieren. Unsere Erfahrung zeigt, dass viele Kunden mit AutoStore beginnen, um den aktuellen Bedarf zu decken, und später Roboter und Kapazitäten hinzufügen, um ihr Wachstum zu bewältigen. Es gibt beispielsweise einige Kunden, die mit 60 Robotern begonnen haben und AutoStore dann mit ihrem wachsenden Geschäft erweitert haben. Dies ist ein besonderer Vorteil der Technologie. Wir können das System im laufenden Betrieb erweitern, was uns ermöglicht, mit dem Wachstum des Kunden mitzuhalten. Mit Pio bieten wir jetzt auch kleinere Systeme an, die speziell auf Start-ups oder Kleinunternehmen zugeschnitten sind. So bieten wir neben den größeren, komplexeren Lagersystemen auch eine skalierbare und kostengünstige Lösung an, die es auch kleineren Unternehmen ermöglicht, von den Vorteilen der AutoStore-Technologie zu profitieren. Diese Systeme mit fünf bis zehntausend Behältern und zwei Robotern lassen sich beispielsweise in einer Garage installieren. Wir sind auch flexibel in Bezug auf das Finanzierungsmodell, um diesen Unternehmen den Einstieg zu erleichtern.
In Tirol haben Sie kürzlich ein Projekt mit dem renommierten Schuhhersteller Gießwein umgesetzt. Was wurde dort realisiert?
Hoffmann: Gießwein stand vor der Herausforderung, den Omnichannel-Betrieb am bestehenden Standort weiterzuführen. Das Gebäude hatte eine reduzierte Hallenhöhe, und AutoStore bot hier die passende Lösung, um die Lagerdichte zu erhöhen und die Effizienz zu steigern. Mit fünf Arbeitsplätzen konnten wir die Leistung auf bis zu 900 Bereitstellungen pro Stunde steigern. CEO Markus Gießwein betont, dass seine Mitarbeiter nun nicht mehr weite Wege im Lager zurücklegen müssen, sondern an komfortableren und ergonomischeren Arbeitsplätzen effizienter arbeiten können. Rückblickend sagt er, dass er den hohen Bedarf während der Pandemie ohne die AutoStore-Anlage nicht hätte bewältigen können. Ebenfalls kann die Zufriedenheit der Lagermitarbeiter erhöht werden, da sie sich durch den Einsatz der AutoStore-Lösung auf wertschöpfendere Tätigkeiten konzentrieren können.
Wir sind bis nach Australien, Singapur und Neuseeland aktiv und arbeiten dort eng mit lokalen Partnern zusammen, um potenzielle Kunden zu gewinnen.
Obwohl Sie die Österreich-Niederlassung leiten, sind Sie mit Ihrem Team weltweit tätig. Auf welche Märkte konzentrieren Sie sich?
Hoffmann: Als wir die AutoStore-Niederlassung in Graz gegründet haben, lag unser Fokus nicht ausschließlich auf dem österreichischen Markt. Wir sind in der gesamten Region Zentral- und Osteuropa aktiv, haben uns aber schnell mit globalen Kunden und Consultingprojekten über die DACH-Region hinaus entwickelt. Unsere Projekte erstrecken sich oft über ganz Europa und darüber hinaus. Wir betreuen Großkunden, die bereits zehn oder mehr AutoStore-Systeme weltweit im Einsatz haben, und unterstützen sie mit unserer Expertise. Wir sind bis nach Australien, Singapur und Neuseeland aktiv und arbeiten dort eng mit lokalen Partnern zusammen, um potenzielle Kunden zu gewinnen.
Wie sieht es mit der Künstlichen Intelligenz aus? Es gibt ja bereits Unify Analytics zur Auswertung von Daten. Können Sie ein wenig darüber sprechen, welche neuen Module oder Entwicklungen aufgrund des aktuellen KI-Trends zu erwarten sind?
Hoffmann: Künstliche Intelligenz ist für uns ein zentrales Thema mit großem Potenzial. Mit Unify Analytics verfügen wir bereits über eine solide Datenbasis, die wir durch neue KI-Entwicklungen weiter ausbauen. Unser spezialisiertes Core-Team arbeitet intensiv an innovativen Lösungen, die in den kommenden Monaten auf den Markt kommen werden. Diese neuen Module werden darauf abzielen, unseren Kunden spürbare Vorteile zu bieten und ihre Prozesse zu optimieren.