Kolumne von Michael Fälbl : Das Lieferkettengesetz und seine digitale Umsetzung

Zentrales Thema der CSDDD ist die „Due Diligence“, die sorgfältige Prüfung. Europäische Unternehmen sollen die sozialen und ökologischen Aktivitäten ihrer Zulieferer überprüfen. Als Konsequenz sollen die Firmen ihre Lieferanten entsprechend anpassen und so zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen oder zur Reduktion von Umweltschäden beitragen.

Für Unternehmen soll die CSDDD auch vorteilhaft sein: sie soll verhindern, dass sie in einem destruktiven Wettbewerb konkurrieren, bei dem z.B. über Zulieferer soziale Standards untergraben werden. Natürlich wirkt es etwas seltsam, wenn österreichische Firmen nachweisen müssen, dass es bei ihnen keine Kinderarbeit gibt. Diesen Nachweis können aber Zulieferer aus anderen Regionen nicht so einfach erbringen – bei entsprechenden Konsequenzen ein möglicher Vorteil für österreichische Betriebe. Unabhängig davon können Transparenz und eine solide Datenbasis in der Lieferkette zu Effizienzsteigerungen oder zu einer besseren Reaktionsfähigkeit führen.

Plattform Industrie 4.0
Michael Fälbl arbeitet als Projektmanager für die österreichische Plattform Industrie 4.0 und beschäftigt sich mit unterschiedlichen Aspekten der Digitalisierung. - © Plattform Industrie 4.0

Europäischer Kontext

Die CSDDD ist nicht die einzige Regulierung, die auf die Einhaltung von Standards in Lieferketten abzielt. Die Due Diligence von Zulieferern ist z.B. Teil der europäischen Batterieverordnung, der Regulierungen zum Thema Waldschädigung oder zu Konfliktmineralien und Inhalt nationaler Gesetze, z.B. dem für österreichische Firmen hochrelevanten deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Anders formuliert: österreichische Industrieunternehmen, die für ihre Produkte z.B. Zinn oder Wolfram benötigen, Holz importieren, Batterien verbauen oder deutsche Großkunden beliefern, beschäftigen sich auch ohne CSDDD mit der Überprüfung ihrer Lieferketten.

Auch die Industrie selbst treibt den Datenaustausch in der Wertschöpfung voran: Über Projekte wie Catena-X im Automobilbereich oder Factory-X im Maschinenbau verspricht man sich signifikante Effizienzsteigerungen. Gleichzeitig soll die standardisierte CO2- und Nachhaltigkeitsberichterstattung vereinfacht werden – auch in Hinblick auf den für 2026 geplanten CO2-Grenzausgleichsmechanismus, der Zölle auf Produkte mit niedrigen Umweltstandards ermöglicht.

Notwendige Hausaufgaben bei Unternehmen und Politik

Natürlich ist es wichtig, den bürokratischen Aufwand für Unternehmen bei Initiativen wie der CSDDD zu minimieren. Eine zentrale Rolle spielen digitale Werkzeuge. Wenn ein gesetzeskonformer Bericht durch ein paar Klicks möglich wird, dann ist der Aufwand gering. Wenn gleichzeitig Effizienzsteigerungen erzielt werden können, dann profitiert der Wirtschaftsstandort.

Ein solches Zielbild setzt die Verfügbarkeit passender Software und deren Einsatz voraus. Dabei sollte die Politik bestehende Standards und Schnittstellen zu verbreiteten Industrieprogrammen berücksichtigen und das auch kommunizieren, in der unternehmerischen Praxis z.B. ERP-Systeme oder den TISAX-Standard in der Automobilindustrie.

Für Unternehmen muss klar sein, wie sie Gesetze einhalten können – Unklarheit führt zu Unsicherheit und in weiterer Folge zu Ablehnung. Wenn Klarheit vorhanden ist, dann liegt es wiederum an den Unternehmen, ihre Hausaufgaben zu machen und ihre Infrastruktur entsprechend anzupassen. Für mehr Resilienz und Souveränität ist es für Politik und Wirtschaft wichtig, dabei keine neuen Abhängigkeiten zu kreieren (Stichwort: „Beratergold“). Open Source Software und niederschwellige IT-Lösungen können für eine breite Akzeptanz der Regularien ein relevanter Aspekt sein. Es bleibt noch viel zu tun.