Unterschätztes Material : Wellpappe und das Packaging of Things

Papierstapel
© Witron

Joe Bidens Konjunkturprogramm trifft nicht nur Handwerker, die seit Wochen über hohe Holzpreise schimpfen, sondern auch die Wellpappenindustrie in Europa. Die Preissteigerungen bei Wellpappenrohpapier rangieren derzeit in Rekordhöhen. „Die USA und China kaufen auf dem europäischen Markt Altpapier ein“, berichtet Michael Weber, Leiter Corporate Strategie + Marketing der Thimm Gruppe, dem führenden Lösungsanbieter für Verpackung und Distribution von Waren. Der Preisanstieg für Altpapier trifft aktuell sämtliche Hersteller, denn Wellpappenverpackungen haben einen hohen Recycling-Anteil: Wellpappe ist auch nach bis zu 20 Recyclingkreisläufen noch ein Wertstoff.

"Keine Spinnerei mehr"

Bei Thimm wird die Verpackung neu gedacht, Digitalisierung unterstützt dabei die internen Prozesse: „Unsere Kunden fordern immer individuellere Lösungen, die am besten schon am nächsten Tag mit unterschiedlichen Druckbildern und in geringer Losgröße ausgeliefert werden. Das ist für uns eine Herausforderung, der wir mit neuen, digitalen Prozessen begegnen.“ Thimm investierte dazu in den Digitaldruck sowie in digitale Abläufe. „Mit dem Digitaldruck ist das Packaging of Things keine Spinnerei mehr. Wir können mit dem Code auf der Verpackung unsere Linie und Maschinen steuern. Produced to Sale ist das Ziel. Jeder in der Kette weiß, was mit der Verpackung passiert. Wir bekommen viele Daten und haben am Ende bessere Forecasts. Die Produktion, die Beschaffung und der Kunde profitieren davon“, blickt Weber in die Zukunft. Das klingt nach einer hoch innovativen Branche – wird die Industrie in der öffentlichen Wahrnehmung unterschätzt? Weber nickt. „Auf jeden Fall. Das ging mir genauso, als ich vor einigen Jahren bei THIMM anfing. Braune Verpackung waren auf den ersten Blick wenig aufregend“, erinnert er sich. „Doch jeder, der einmal ein Verpackungswerk besucht und sieht, was Verpackungen heute alles leisten, findet es spannend und sieht wie viel Know-how dahintersteckt, um eine Verpackung optimal für ein Produkt zu designen.“ Heute spürt der Gegenüber die Begeisterung, mit der Weber über Verpackungslösungen oder Boommärkte, wie den E-Commerce, spricht.

Logistiker für Wellpappe

Dr. Stefan Bauer von Witron kennt diese Begeisterung für die Branche. Er ist schon viele Jahrzehnte in der Wellpappenindustrie unterwegs, weiß um die Besonderheiten und kennt auch die Sorgen der Unternehmen. „Uns verbinden die meisten natürlich mit der Intralogistik. Aber unsere Wurzeln liegen auch in der Wellpappenindustrie. In den 70er Jahren entwickelten Ingenieure für die Wellpappenindustrie Steuerungsanwendungen in den Maschinen“, erklärt Dr. Bauer. Dann kamen Leitstände dazu und neben der Steuerungskompetenz haben die Witron-Ingenieure eine Softwarekompetenz aufgebaut und für die Branche ein Baukastensystem entwickelt. CPMS steht für Corrugated Packaging Management System und ist das Branchensystem für die Wellpappenindustrie weltweit – auch Thimm nutzt es, um mit digitalen Applikationen die Produktion effizient zu fahren. Die modular aufgebaute Software unterstützt den Anwender von der Anfrage des Kunden, über die Produktion, bis zur Rechnungsstellung. Klingt nach Wellpappe SAP? Bauer lacht: „SAP ist ein Partner in diesen Installationen. Es liegt oberhalb und liefert das Controlling und die Leistungsprozesse wie Produktion und Rechnungsstellung sind integriert.“ Also dann eher ein MES? Bauer schmunzelt: „Ja, das trifft es schon eher, wenn wir die Logistik und die Kalkulationsfunktion mit dazunehmen.“