Studienergebnisse : Automobilzulieferer im Krisenmodus
Nach Jahren stabilen Wachstums erlebten die globalen Top-Zulieferer für die Automobilbranche 2019 einen Umsatzrückgang um 3%, während die weltweit größten Autohersteller im gleichen Jahr ihre Umsätze um 3% steigern konnten. Insgesamt setzten die globalen Zulieferer 2019 nur noch 893 Mrd. Euro um, im Vergleich zu 922 Mrd. Euro im Vorjahr 2018, wie die aktuelle Automobilzulieferer-Studie von Strategy&, der Strategieberatung von PwC, zeigt. Mit der Benteler International AG zog erneut auch ein Unternehmen mit Sitz in Österreich in das Ranking der Top-10-Lieferanten in der DACH-Region ein. Der heimische Zulieferer erreichte mit einem Umsatz von 5,8 Mrd. Euro (2019) Platz 8. Deutsche Lieferanten sind in der DACH-Region weiterhin führend, dennoch sanken auch ihre Umsätze im vergangenen Jahr und erreichten mit 223 Mrd. Euro nicht das Vorjahresergebnis von 225 Mrd. Euro. Der Weltmarktanteil deutscher Zulieferer erhöhte sich hingegen leicht von 24% (2018) auf 25% – Europa (ohne Deutschland) kommt auf einen Anteil von 18%. Abhängig vom weiteren Verlauf der COVID-19-Krise und ihren Auswirkungen auf den Automotive-Sektor werden für 2020 weitere Umsatzrückgänge für globale Zulieferer zwischen 13% (mildes Szenario) und 24% (schweres Szenario) prognostiziert.
Margen der Zulieferer geraten unter Druck
Die aktuelle Krise wirkt wie ein Brennglas für kostenstrukturelle Probleme der Zuliefererindustrie. So sank etwa in Deutschland der Gewinnanteil am Umsatz von 6,3% (2018) auf 2,6% (2019), während andere Regionen im vergangenen Jahr zwar ebenfalls Rückgänge verzeichneten, aber ein höheres Niveau halten konnten (Europa ohne Deutschland: 7,4%; Americas: 5,0%; Asien: 4,8%). Gleichzeitig stieg der Anteil der Herstellungskosten am Umsatz in Europa von 78,9% auf 79,9% (Deutschland: 80,2%). Der Anteil der Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten (VVGK) am Umsatz sank 2019 mit 6,3% auf die niedrigste Zahl im weltweiten Vergleich, wohingegen Deutschland mit 11,4% einen globalen Spitzenwert erreichen konnte.
„Nachdem die Zuliefererindustrie über mehrere Jahre hinweg ein kontinuierliches Wachstum gezeigt hat, wird nun deutlich, wie viele Unternehmen tatsächlich Restrukturierungsbedarf haben – der teilweise bereits einige Jahre überfällig ist. Nun ist umso mehr ein klarer Fokus auf Kostenexzellenz gefragt – einerseits, um die Margen zu steigern, aber andererseits auch, um die in den letzten Jahren rückläufige preisliche Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Zuliefererbranche wieder zu steigern“, erläutert Peter Trögel, Automobilexperte und Director bei Strategy& Österreich.
Innovation kein Garant für höheren Umsatz
Trotz der angespannten Kostenstruktur steigerten europäische Zulieferer ihre F&E-Quote (Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Umsatz) weiter. 2016 bis 2019 gaben sie pro Jahr im Schnitt 503 Mrd. Euro für F&E-Projekte aus und investierten damit 4,0% ihres Umsatzes (Deutschland: 5,9%; Americas: 3,0%; Asien 3,9%). Trotz der hohen Investitionen konnten die europäischen Lieferanten ihre Forschungsprojekte allerdings nicht immer in Geschäft übersetzen und verfehlten im letzten Jahr die F&E-bezogenen Umsatzziele.
„Selbstverständlich bleibt Innovation ein zentraler differenzierender Faktor für die Zuliefererbranche, doch sie ist kein Selbstzweck. Unternehmen müssen ihre F&E-Portfolios kritisch auf Umsatzpotenzial prüfen und unnötigen Ballast abwerfen. Ein Blick auf die vergangenen zehn Jahre zeigt, dass in Europa auch bei niedrigeren Ausgaben für Forschung und Entwicklung mehr Marge möglich ist“, kommentiert Henning Rennert, Studienautor und Partner bei Strategy& Deutschland.
Die vollständigen Ergebnisse der Automobilzulieferer-Studie finden Sie hier.