Maschinenlieferung : Wenn die weltgrößte Kernschießmaschine auf Reisen geht

Kernschießmaschine

MitarbeiterInnen von Laempe auf ihrer rekordverdächtigen LHL200-1700.

- © Laempe

Mit einem Schussvolumen von 1.700 Litern und Sandkernen von bis zu 2,5 Tonnen Gewicht setzt die Kernschießmaschine von Laempe neue Maßstäbe in der Branche. LHL200-1700 heißt der Koloss, der Mitte Februar in Betrieb genommen wurde und sich nun auf einer wochenlangen Reise befindet. Ihr Bestimmungsort ist die chinesische Stadt Weifang am Gelben Meer, wo sie schon bald Kerne für den Guss von Schiffsmotoren herstellen soll.

Platzmangel in der Produktionshalle

Doch zunächst zum Anfang der Geschichte. Wie kommt die deutsche Firma dazu, eine Maschine solchen Ausmaßes zu montieren? Im Rahmen einer internationalen Ausschreibung an mögliche Anbieter erreichte die Anfrage des chinesischen Kunden auch das Unternehmen Laempe in Magdeburg. „Aufgrund besserer technischer Eigenschaften im Vergleich zum Wettbewerb“, wie Geschäftsführer Rudolf Wintgens sagt, fiel die Wahl schließlich auf die Magdeburger. Konstruiert wurde die Maschine im badischen Schopfheim, dem Forschungs- und Entwicklungsstandort der Laempe Mössner Sinto GmbH. Produziert wurde anschließend in Magdeburg. Da die Maschinenmaße die firmeneigenen Laempe-Produktionshalle gesprengt hätte, erfolgte die Montage bei der benachbarten SKET GmbH.

„Größer als alles bisher Dagewesene“

„Die geometrischen Dimensionen sind größer als alles bisher Dagewesene“, betont Wintens. Es gebe Wettbewerbsmaschinen mit gleichem Schussvolumen, aber deutlich kleinerem Kernkasteneinsatzbereich, erklärt der Geschäftsführer weiter. Dass die Riesenmaschine keinen Eintrag ins Guinness-World-Records-Buch zum Ziel, sondern ihre technische Notwendigkeit hat, verdeutlicht sich an den Kräften, die sie aufbringen kann: „Die aus der Kernkastenfläche resultierenden Schließ- und Zuhaltekräfte liegen bei 300 Tonnen. Eine präzise, geometrische Führung der Schließeinheiten war mit den üblicherweise in Kernschießmaschinen verbauten Konstruktionsprinzipien nicht mehr erreichbar“, so Wintens.

Auch Werkzeugausmaße rekordverdächtig

Obwohl Laempe führend im Bereich Kernfertigungstechnologien ist, ist dieses Projekt auch für den Hersteller eine Besonderheit: „Für uns ist die LHL200-1700 ein Meilenstein, denn wir zeigen damit, dass wir auch beim Sondermaschinenbau der perfekte Partner für Gießereien sind“, verkündet Wintens in einer Presseaussendung. Der Kernkasten der LHL200-1700 ist in seinen Ausmaßen so groß, wie eine Standardmaschine von Laempe. Die Werkzeuggröße von drei mal drei Metern und das Werkzeuggewicht von bis zu 30 Tonnen erreichen laut Laempe eine neue Höchstmarke in der Branche. Laut Wintens wurden dafür Konstruktionsprinzipien aus dem Großpressenbau eingesetzt.

„Eine präzise, geometrische Führung der Schließeinheiten war mit den üblicherweise in Kernschießmaschinen verbauten Konstruktionsprinzipien nicht mehr erreichbar“,
Rudolf Wintgens

Mehrere Schießeinheiten nebeneinander

Eine weitere Herausforderung sei es, eine so große Sandmenge zum Schuss zu „fluidisieren“, wie der Geschäftsführer erklärt: „Die Schussluft muss den Sand durchdringen und eine Zwei-Phasen-Strömung aus Sand und Luft erzeugen, damit der Sand in den Kernkasten gefüllt werden kann“. Die MitarbeiterInnen von Laempe bauten dazu mehrere Schießsysteme nebeneinander in die LHL200-1700. Dies sei ein entscheidender Aspekt bei der Auftragsabteilung gewesen. „Die Formfüllung und die Verdichtung waren bei den Schussversuchen hervorragend“, meint Wintens stolz. Eine weitere technische Besonderheit der Maschine ist, neben der Parallelanordnung von vier Schießeinheiten, der automatische Werkzeugwechsel mit einer Reinigungsstation, die den Oberkasten um 90° dreht und ihn so in der aufrechten Position bedienerfreundlich für Wartung und Reinigung bereitstellt.Je größer die Maschine, desto größer ist in diesem Fall auch deren Effizienz, was in Zeiten des Fachkräftemangels sehr von Vorteil sein kann. Wintens erläutert diesen Schluss folgendermaßen: „Maschinen dieser Größe können bisher im Handformverfahren hergestellte Kern- und Formteile verstärkt ersetzen. Aus mehreren Stunden Handformzeit werden Minuten beim Kernschießen“.

Nächster Schritt: Verschiffung

Nach den baulichen Herausforderungen folgen nun die logistischen. Damit die LHL200-1700 bald in China montiert werden dort ihre Dienste verrichten kann, wird sie in über 30 Packstücke zerlegt. Verpackt werden diese Stücke teilweise in Containern, teilweise in großen Seekisten. Zum Teil müssen diese mit Sondertransporten zum Hafen gefahren werden. Und von dort geht es bis zum Gelben Meer.