Materialien : Neues CD-Labor in Wien: MEMS-Forschung für bessere Silizium-Mikrosystemtechnik
Mikroelektromechanische Systeme, kurz MEMS, sind winzige Bauteile, die elektrische und mechanische Effekte kombinieren. Mikrosysteme finden in zahlreichen Bereichen Anwendung, in denen Sensoren, Aktoren und Elektronik zusammenarbeiten. Durch ihren Einsatz können Medizinprodukte, Sicherheitstechnik, Sportgeräte, biowissenschaftliche Produkte und logistische Lösungen vielseitiger, einfacher, intelligenter, kompakter und leistungsfähiger gestaltet werden. Ein herausragendes Beispiel für ein Mikrosystem aus der Forschung ist der Millipede-Speicher von IBM, der zum Zeitpunkt der Erwähnung im April 2018 noch nicht kommerziell erhältlich war.
Das neue Labor an der TU Wien konzentriert sich auf die Grundlagenforschung zu piezoelektrischen Silizium-MEMS. Es ist in Zusammenarbeit mit Infineon und Scia Systems entstanden. "Die Verwendung von piezoelektrischen MEMS nimmt seit Jahrzehnten stetig zu, da immer neue Materialien und Bauelementkonzepte entwickelt werden, um MEMS mit verbesserten Eigenschaften herzustellen", sagt Michael Schneider, Leiter des neuen Labors. Moderne Materialien wie Aluminiumnitrid und Scandium-Aluminiumnitrid sind zudem mit etablierter Mikrochip-Technologie kompatibel, was äußerst kompakte und leistungsfähige Kombinationen von Sensorik und Datenverarbeitung ermöglicht
Weniger Rauschen, größere Bewegung
Bei der Arbeit mit solchen Bauteilen treten jedoch immer wieder Herausforderungen auf, wie beispielsweise unerwünschtes Rauschen. Michael Schneider erklärt: "Jeder Sensor weist ein gewisses Maß an Rauschen auf, das sich niemals vollständig vermeiden lässt. In unserem neuen Labor möchten wir jedoch untersuchen, woher das Rauschen bei unseren piezoelektrischen Silizium-MEMS tatsächlich stammt, welche Materialeigenschaften es beeinflussen und wie es am besten reduziert werden kann."
Ein weiteres Problem, dem sich das neue Labor widmen möchte, sind die extrem geringen mechanischen Bewegungen, die insbesondere mit piezoelektrischen MEMS erzeugt werden können. Diese Bewegungen liegen oft im Bereich von weniger als einem Mikrometer. Für viele technische Anwendungen ist es jedoch wünschenswert, elektrische Signale in größere mechanische Bewegungen umwandeln zu können.
Michael Schneider hofft, dass dies mithilfe sogenannter bistabiler Systeme gelingen kann. Diese Systeme können sich in zwei verschiedenen stabilen Zuständen befinden, ähnlich einem Kippschalter, der zwischen "an" und "aus" umgeschaltet werden kann. Es ist jedoch nicht möglich, ihn in einer Zwischenposition zu stabilisieren. Michael Schneider plant, solche bistabilen Systeme in MEMS nachzubauen und mithilfe von piezoelektrischen Wandlern zwischen den Zuständen zu wechseln. Dadurch ließe sich eine viel größere mechanische Wirkung erzielen als mit herkömmlichen rein linearen mechanischen Mikrostrukturen.