Christian Eberhardt-Motzelt : Ist Vertrieb ein „Bullshit Job“?
Nicht erst seit dem Werk „Bullshit Jobs“ des New Yorker Anthropologen und Anarchist David Graeber wird intensiv über die Gerechtigkeit der Vergütung verschiedener Berufe diskutiert. Bullshit-Jobs? So nennt David Graeber das Phänomen bezahlter Anstellungen, die jener, der sie ausführt, hinsichtlich Ihrer Existenzberechtigung nicht rechtfertigen kann. Warum? Weil Sie in einem Ausmaß sinnlos und unnötig ist, dass Ihre Unterlassung möglicherweise nützlicher sein kann, als Ihre Ausführung. Betroffen seien Bankiers, Berater und andere vergütungsmäßige Top-Positionen. Warum aber stelle ich diese Frage in Bezug auf Vertriebsfunktionen im Investitionsgüter-Geschäft?
Entrüstung bei Vertriebsgehältern
In der Kolumne von November 2017 widmeten wir uns der Frage „Wie viel verdient man im Vertrieb?“. Aus den verschiedenen Studien und Gehaltsrechner-Tools kristallisierten sich Gehälter heraus, die teils Zustimmung, teils Entrüstung erzeugten. Verständlich, wenn man sich die Einkommenspyramide Österreichs ansieht. Dreiviertel aller Personen beziehen ein Bruttojahreseinkommen unter dem Einstiegsgehalt eines Vertriebsinnendienst-Mitarbeiters (29.000€). Die Hälfte aller natürlichen Personen – das sind 3,5 Millionen Menschen - beziehen ein Einkommen zwischen 15.000€ und 40.000€. Demnach verdient ein Key Account Manager mit einem durchschnittlichen Jahresbruttogehalt von 69.000 Euro mehr, als 96 % aller natürlichen Personen in Österreich. Diese Daten sind nicht willkürlich, sondern von Statistik Austria erhoben.
Das schlechte Image
Ist dies gerecht? Lässt sich eine derartige Vergütung hinsichtlich realer Wertschöpfung rechtfertigen? Reicht es nicht, wenn die Fachspezialisten sich miteinander verständigen würden und Aufwand wie Kosten für die Vertriebsarbeit einsparen? Ein Spannungsfeld, das in eingangs erwähntem Werk und breiter Gesellschaft (bei Kunden wie innerbetrieblich) diskussionswürdig ist. Meiner Meinung nach trennt sich hier die Spreu vom Weizen. Die einen Vertriebskollegen leisten großartige Arbeit in der Bedarfsermittlung wie Beratung und schließen für beide Seiten lukrative, nachhaltige Deals ab. Diese verdienen meiner Überzeugung nach lt. Statistik genannte Summen. Andere suchen leider nur den schnellen Abschluss mit allen Nebenwirkungen die daraus langfristig folgen und zu dem teils schlechten Image führen.
Da in einer Kolumne nicht behandelbar, möchte ich mit dieser für das Thema sensibilisieren und den Boden für fruchtbare Beispiele werthaltiger Vertriebsarbeit bereiten. Ebenso freue ich mich auf Ihre Meinung, Selbsterfahrung oder Überzeugung: Christian.Eberhardt-Motzelt@zwick.de