Digitalisierung : Warum die Smart Factory Handarbeitsplätze hat

Ruskowski
© Factory / SmartFactory Kaiserslautern

Maschinen können sich nicht alleine weiterentwickeln. Deshalb bedeutet völlige Automatisierung Stillstand. „Roboter verbessern Prozesse nicht. Nur Menschen können Prozesse verbessern. Darum sollten sie immer im Mittelpunkt stehen,“ sagt Mitsuru Kawai, Vizepräsident und Fertigungschef von Toyota. Auch Künstliche Intelligenz (KI) wird nicht von sich aus immer schlauer. „KI sehen wir als erweiterte Intelligenz des Menschen. Sie ist schnell, aber nicht klug. Wenn ihr kein Mensch beibringt, was richtig und was falsch ist, dann bleibt sie im besten Falle stehen. Oder macht im Extremfall ihre Arbeit immer schlechter,“ ergänzt Prof. Martin Ruskowski, Vorstandsvorsitzender der SmartFactory Kaiserslautern. „Wir brauchen die Menschen in der Fabrik als Ideenmotoren, aber auch wegen ihrer handwerklichen Flexibilität. Deshalb setzen wir in unserer hochautomatisierten Demonstratorlandschaft zusätzlich auf Handarbeitsplätze.“

„Natürlich kann man fast alles automatisieren,“ bestätigt Ruskowski, „aber warum sollte man das tun? Bei uns heißt die Devise: Wir müssen nicht alles mit Robotern ausstatten, wenn der gleiche Mehrwert auch mit einfachen Mitteln zu erreichen ist.“ Vollautomatisierte Produktionslinien benötigen hoch komplexe Systeme, die viel Geld kosten, wenig flexibel sind und oft stillstehen, führt Ruskowski aus. Dazu kommt ein weiteres Argument aus Japan: „Eine solche Produktion würde für immer auf derselben Entwicklungsstufe verharren“, sagt Kawai. „Das ist bei Künstlicher Intelligenz im Prinzip genauso“, so Ruskowski weiter. „Wenn niemand genau hinsieht, was eine KI tut, dann werden weder Fehler auffallen, noch Optimierungspotentiale erkannt. Die Algorithmen sind ohne menschliche Reflektion auf Dauer hilflos und bleiben beschränkt.“

2019 hat die SmartFactory Kaiserslautern den Begriff Industrie 4.0 runderneuert und geschärft. Das Update taufte sie Production Level 4 (PL4). „Wir haben in unsere Vision technische Neuerungen wie KI-Methoden aufgenommen, aber auch die Rolle des Menschen in der Fabrikhalle neu definiert,“ sagt Ruskowski. Tatsächlich entwickeln Forscher:innen und Vereinsmitglieder aus der Industrie in der SmartFactory-KL gemeinsam flexible Produktionssysteme, die über Netzwerke und Datenplattformen technologie- und standortübergreifend auf Maschinenfähigkeiten (Skills) zurückgreifen können. So wird es möglich, dass sich Unternehmen (bzw. die Produkte selbst) Fertigungswege nach Auftrag individuell konfigurieren. Auf „Marktplätzen“ wie Gaia-X werden von angeschlossenen Partnern Skills angeboten, die von anderen Firmen gebucht und zu neuen Produktionsabläufen zusammengestellt werden können. So soll maximale Resilienz gewährleistet werden, denn fällt eine Maschine aus, steht eine andere bereit. Auch die Flexibilität wird erhöht. „Doch keine Maschine wird in naher Zukunft so flexibel sein, wie der Mensch,“ erläutert Ruskowski. „Deshalb sind in unserer Shared Production, die wir derzeit auf drei Standorte verteilt in Kaiserslautern aufbauen, bewusst viele Handarbeitsplätze integriert.“