Digitale Geschäftsmodelle : Entkernen: Wie Fill zum neuen Business-Modell kam
Nachhaltige Business Modelle sind das Geheimnis zur Umstellung von Linear zu Kreislauf. Vielen Unternehmen in der produzierenden Industrie fehlt noch der richtige Ansatz, um ins Tun zu kommen und Wissen, das im Unternehmen bereits vorhanden ist, zu identifizieren und anzuwenden. Oft fehlt es am richtigen Zugang und der einfachen digitalen Verpackung, um ein Business Modell zu definieren. In der Studie des F&E Unternehmen Linz Center of Mechatronics GmbH erstellte man mit dem Programm "Test-before-Invest" den ersten Use Case, auf den noch weitere folgen sollen.
Viele Unternehmen haben Rohdiamanten bei sich herumliegen.Johannes Klinglmayr, Strategy and Business Developer, Linz Center of Mechatronics
Wissensaufbereitung als low-hanging-fruit
„Viele Unternehmen haben Rohdiamanten bei sich herumliegen“, sagt Johannes Klinglmayr, Strategy and Business Developer, Linz Center of Mechatronics (LCM). Diese Rohdiamanten werden aber nicht veredelt und nicht verkauft. Gerade bei der Umstellung zur Kreislaufwirtschaft verstehen Unternehmen oft nicht, warum sie Wissen für den nächsten aufbereiten sollen, da sich der Mehrwert nicht erschließt. Wenn man diesen Mehrwert aber aufzeigen kann, ist schnell eine Win-win-Situation für beide Seiten gegeben.
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Entkernen als Use Case
Maschinenbauer FILL und Leichtbauspezialist Nemak waren erste Studienteilnehmer. Konkret ging es um die Simulation eines Entkernprozesses im Aluminiumguss. Hier wird eine Form durch Aluminium ausgefüllt. Bereiche, die sich nicht am Rand befinden und frei bleiben sollen, werden im Vorhinein mit Sandkörnern definiert. Nach dem Guss wird der Sandkern wieder herausgeschlagen. Der Wissensbeitrag zur Ausgestaltung des Prozesses kam von der Firma FILL, die auch die Sondermaschine für den Anwender Nemak herstellte.
„Wissen automatisiert zur Verfügung zu stellen, ist nicht etwas, das ein Manufacturer, also ein Werkzeugbauer oder ein Maschinenhersteller aus dem Effeff beherrscht“, weiß Klinglmayr. Den Gedanken, dass eine IT-Abteilung Produkte oder Produktbausteine liefern kann, in die DNA eines Unternehmens zu integrieren, ist ein fortschreitender Prozess. Und, man benötigt einen Partner, der sich in einen ähnlichen Themenbereich vorwagen möchte, um Anwendungsfälle zu identifizieren.
„Mit unserem Format können wir Unternehmen, die ins Tun kommen, konkrete Starthilfe geben“Dr. Johannes Klinglmayr, Strategy and Business Developer, Linz Center of Mechatronics (LCM)
Awareness und Schnittstellendefinition zum Start
In Workshops wurde über verschiedene Iterationsmethoden der Use Case identifiziert. Der erste wesentliche Schritt, die konkrete Aufgabenbeschreibung, stellte sich als sehr zeitintensiver Teil heraus. Nachdem ein gemeinsames Verständnis für die Herausforderungen des anderen erreicht war, ging man zur Schnittstellendefinition über. Die nächsten Schritte gingen aufgrund der Software (SyMSpace), die von LCM zur Verfügung gestellt wurde, schneller vonstatten. „Das Tool ist leicht in den Designprozess integrierbar“, so Klinglmayr, „Es bietet vorgefertigte Softwarecontainer und bzw. die Schnittstellen-Protokolle“. Im Prinzip lieferte FILL den Algorithmus in ausführbarer Form. Mittels SyMSpace wurde dieser beim Hersteller Nemak anwendbar gemacht, so Klinglmayer. Man designt die Arbeitsschritte anhand der Simulationsbausteine und baut so einen Workflow auf. Manche der Bausteine kommen von extern und manche von intern. In den Datenflüssen wird sichergestellt, dass kein internes Wissen nach außen weitergegeben wird.
Mehrwert für alle Beteiligten
Die Simulation in diesem Use Case ist in diesem Fall eine konkrete Realisierung für den Entkernprozess. Für Nemak als produzierendes Unternehmen ist die Beschleunigung des Entkernprozesses interessant, da dadurch die ganze Taktung beschleunigt werden kann. FILL konnte einen weiteren Schritt zu einem digitalen Dienst machen und internes Wissen skalierbar für den Verkauf aufbereiten. „Mit unserem Format können wir Unternehmen, die ins Tun kommen, konkrete Starthilfe geben“, freut sich Klinglmayr.
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