Meinung : "Wir brauchen ein Robotik-Cluster"
Helmut Schmid und seine Kolleginnen und Kollegen vom Deutschen Robotik Verband (DRV) blicken oft neidisch nach Odense in Dänemark. Dort, auf der Insel Fünen, entstand vor fünf Jahren ein Robotik Cluster, ein Ökosystem für Robotik Anwendungen, das europaweit Schlagzeilen macht. Ein wichtiger Treiber ist das Unternehmen Universal Robots (UR) - die Erfinder des Cobots. Nach und nach gründeten immer mehr Hochschul-Absolventinnen und Absolventen eigene Firmen (mit Risikokapital) und das Robovalley wuchs, die dänische Regierung erkannte die Chance der Industrie und förderte die Entwicklung. In Odense kennt jeder jeden, wenn es um Robotik geht. „Odense kann Vorbild für Deutschland und Österreich sein, denn dort arbeiten Wettbewerber zusammen an Lösungen, werden Neugründung von ehemaligen Mitarbeitenden nicht skeptisch beäugt, sondern sogar gefördert“, berichtet Schmid, der selber viele Jahre für UR durch die Welt reiste.
Heute ist Schmid CEO von Franka Emika in München und Mitgründer des DRV. Ein Ziel des Verbands: Ein Odense in der DACH-Region. „Wir müssen raus aus den Robotik-Silos.“ Unternehmen, Bildungseinrichtungen, Politik und Zivilgesellschaft sollen, müssen zusammenarbeiten. „Wir brauchen einen unternehmensübergreifenden Wissensaustausch, gemeinsame Projekte, Robotik-Bildungsprogramme für Schulen, denn die Robotik boomt, verspricht unser Volkswirtschaft viele Vorteile und wir sollten diesen Markt nicht asiatischen Anbietern überlassen. In der DACH-Region existieren viele, innovative Robotik-Unternehmen, die von so einem Cluster profitieren würden.“
Fakt ist: Mit klassischen Industrierobotern gewinnen deutsche oder europäische Unternehmen kaum noch Marktanteile. Der Trend geht in Richtung Cobots, Leichtbaurobotik, mobile Anwendungen und Servicerobotik. „Es entstehen neue Märkte, auch neue Finanzierungsinstrumente. RaaS gewinnt an Bedeutung. Dazu kommt der Komponentenmarkt.
Wir brauchen Anwendungen
Die Robotik-Vordenker haben auch schon ein deutsches Vorbild ausgemacht: Its OWL. In Ostwestfalen entstand über mehrere Jahre ein Automatisierungsvalley mit vielen Weltmarkführern - von DMG Mori über Beckhoff, Phoenix Contact bis zu Harting. „Dort arbeiten Anwender mit Zulieferern in Projekten zusammen, gut ausgestattete Hochschule bilden neue Mitarbeitende aus und die vor allem ländlich geprägte Region gewinnt neue, junge Menschen, die ein Haus bauen und Familien gründen. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die wir gerne wiederholen wollen.“ Einige hundert Millionen Euro ließ sich der Staat Its OWL kosten. Die Belohnung: Innovative Unternehmen, die mit KI und Automatisierung weltweit neue, industrielle Standards setzen. Bsp. Beckhoff. Der Steuerungsanbieter setzt auf Machine Learning im Regelkreis der SPS und will in Zukunft ML-Modelle vermarkten.
„Das brauchen wir für die Robotik genauso. Wir haben tolle Unternehmen wie Wandelbots, Drag&Bot, Micropsi Industries oder Franka Emika. Aber wir müssen diese mutigen Gründer mit Anwendern zusammenbringen, sie weltweit vernetzen“, unterstreicht Schmid. „Tolle Technik hilft uns nicht weiter. Wir brauchen Anwendungen.“