Bürokratie belastet Geschäft : Produktionsrückgang von 3 Prozent im Werkzeugmaschinenbau erwartet

VDW

Franz-Xaver Bernhard, Vorsitzender des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken

- © VDW

Bereits seit Beginn des vergangenen Jahres zeigen sich deutliche Bremsspuren im Auftragseingang. Diese wirken sich zunehmend auch auf Umsatz und Produktion aus. Der hohe Auftragsbestand von rund elf Monaten hat geholfen, diese Entwicklung zu bremsen. Da Lieferengpässe aber kaum noch eine Rolle spielen, hat sich die Abarbeitung des Auftragsbestands zuletzt beschleunigt und kann das Ausbleiben neuer Aufträge immer weniger kompensieren. Insgesamt war im Jahr 2023 ein Rückgang der Bestellungen um nominal 10 Prozent zu verzeichnen. Der Rückgang wurde teilweise durch Monate mit stärkerem Projektgeschäft abgemildert. Der Rückgang hielt sich daher in Grenzen. Fast doppelt so stark wie die Auslandsnachfrage ging die Inlandsnachfrage mit einem Minus von 14 Prozent zurück.

Wenig Rückenwind kommt 2024 von der Weltwirtschaft. Im Vergleich zum Vorjahr sinken die Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts und der Investitionen weiter. Eine schwache Weltkonjunktur in allen wichtigen Märkten, insbesondere im Euroraum und in Deutschland, signalisieren auch die internationalen Einkaufsmanagerindizes.

„Tatsächlich sehen wir derzeit eine gespaltene Entwicklung“, berichtet Franz-Xaver Bernhard. Wachstumssektoren wie Elektromobilität, Windkraft, Medizintechnik, Aerospace und Rüstung stützten vor allem das Projektgeschäft, während das Standardmaschinengeschäft schwächer laufe. Kleine und mittelständische Kunden, wie Job Shops, seien unsicher und hielten sich bei den Investitionen zurück. Maschinenkäufe seien aufgrund gestiegener Zinsen zudem schwieriger zu finanzieren. Firmen, die sich frühzeitig auf den Transformationsprozess eingestellt hätten, könnten der Nachfrageschwäche demnach besser begegnen.

2023 mit gutem Ergebnis beendet

Im vergangenen Jahr stieg die Produktion nach Schätzungen nominal um knapp 8 Prozent auf 15,2 Milliarden Euro. Real ergibt sich aufgrund der im Jahresdurchschnitt immer noch hohen Inflation ein Plus von 2 Prozent. Die Exporte legten um 9 Prozent zu. Die Exportquote erreichte knapp 70 Prozent. Getragen wurden die Exporte von einem zweistelligen Wachstum in Amerika. Asien und Europa wuchsen dagegen nur einstellig. Insbesondere die USA entwickelten sich sehr dynamisch, getrieben vor allem durch Investitionen in Klimaschutz und erneuerbare Energien. China hingegen erlebte eine Wachstumsschwäche, die auf die sinkende Konsumnachfrage und den kriselnden Immobiliensektor zurückzuführen ist und noch immer anhält. Der Hoffnungsträger Indien verzeichnete hingegen ein starkes Wachstum.

Der Inlandsabsatz konnte mit 5 Prozent nicht ganz so stark zulegen. Hier spiegelt sich auch die schwächere Nachfragesituation der inländischen Kunden wider. Die Unternehmen waren im vergangenen Jahr mit durchschnittlich 89,6 Prozent gut ausgelastet und haben auch wieder Personal aufgebaut. Ende 2023 waren rund 66.600 Frauen und Männer in der Branche beschäftigt, 2,4 Prozent mehr als Ende 2022.

Überproportionale Belastung der KMU durch Bürokratie

Neben der konjunkturellen Entwicklung bereitet die Regulierungswut der Bundesregierung und der EU-Administration der Industrie große Sorgen. Als besonders „gelungene Beispiele für Bürokratiemonster“ führt Bernhard das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die Corporate Sustainable Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union an. „Sie belasten das Geschäft zusätzlich und fordern kleine und mittelständische Unternehmen in ohnehin schwierigen Zeiten überproportional heraus. Zudem verfehlen sie ihre Ziele zu viel zu hohen Kosten“, so sein Urteil.

Beide Gesetze schreiben umfangreiche Dokumentations- und Berichtspflichten über die Einhaltung fairer Arbeitsbedingungen und bestehender Umweltauflagen in der Lieferkette vor. „Selbst wenn Transparenz in der Lieferkette hergestellt werden könnte, fehlt den mittelständischen Unternehmen die Marktmacht, um die geforderten Standards bei den Lieferanten außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes durchzusetzen“, räumt Bernhard ein. Die Beachtung von Menschenrechten und Umweltaspekten im wirtschaftlichen Handeln sei damit nicht in Abrede gestellt. Allein die Auseinandersetzung damit schaffe Sensibilität. „Ich bin aber überzeugt, dass es Aufgabe der Politik ist, die Standards auch tatsächlich durchzusetzen“, fordert er.

Ein weiteres Ärgernis sind laut Bernhard die langwierigen Genehmigungsverfahren bei Dual-Use-Exporten. Anträge, die vom zuständigen Bundesausfuhramt zügig bearbeitet würden, blieben im politischen Prozess in Berlin stecken. Die zuständigen Ausschüsse, die nach Prüfung Einzelgenehmigungen erteilen, tagen nur etwa alle drei Wochen, und jeder Antrag wird erfahrungsgemäß bis zu dreimal behandelt. Bis dahin erhalten die Antragsteller keine Zwischenbescheide und können ihre Kunden nicht verlässlich informieren. Auch bei Folgeprojekten, für die der Kunde bereits genehmigte Maschinen gekauft hat, oder bei Bestellungen deutscher Tochterunternehmen dauert die Bearbeitung der Anträge oft sehr lange. Es besteht die Gefahr, dass Kunden wieder abspringen, wenn der Werkzeugmaschinenhersteller oft erst sechs bis acht Monate oder noch länger nach der Bestellung die Zulassung erhält und mit der Produktion der Maschinen beginnen kann. Zudem leidet sein Ruf. „Teilweise haben Unternehmen einen nicht unerheblichen Teil ihres Umsatzes bei den Behörden zur Genehmigung liegen“, weiß Bernhard. Sein Vorschlag an die Politik: „Es geht nicht darum, die Verfahren in Frage zu stellen, sondern die Durchlaufzeiten zu verkürzen, denn tatsächlich werden kaum Anträge abgelehnt. Dazu müsste man diskutieren, dass die Gremien vorübergehend häufiger tagen, um diesen Flaschenhals zu erweitern.