Lean Goes Green? : Kaizen und Nachhaltigkeit: Die Zukunft der kontinuierlichen Optimierung

Lean Management ist meine fachliche Heimat. In den 2000er Jahren wurde ich von ehemaligen Toyota-Experten bei einem deutschen Automobilkonzern zum Kaizen-Trainer ausgebildet. Die Arbeit in Japan und in anderen Teilen der Welt lehrte mich, dass das Sichtbare nicht das Wesentliche ist.

Auch heute wird meist nur auf Eliminierung von Verschwendung und Steigerung von Effizienz geschaut. Der Begriff „Lean“ und der Fokus auf „schlanke“ Prozesse, ist ein großes Missverständnis. Denn die „Erfinder“ von Lean, die Wissenschaftler Womack, Jones und Roos, haben das große Ganze übersehen. Kaizen beschreibt die Fähigkeit, sich kontinuierlich zu verbessern und zu verändern. Es geht also mehr um eine innere Haltung als um das Anwenden von Methoden.

Wie passt das zur Nachhaltigkeit? Nachhaltigkeit beschreibt die Gleichwertigkeit von Ökonomie, Ökologie und Sozialem. Es handelt sich um eine Form der strategischen Unternehmensentwicklung. Will man nun eine Organisation weiter verbessern, kommt man um Nachhaltigkeit nicht herum.

Doch in vielen Unternehmen, insbesondere bei denen, die nach der EU CSRD-Richtlinie berichtspflichtig sind, hat sich neben der kontinuierlichen Verbesserung (KVP) eine Parallelstruktur für Nachhaltigkeit entwickelt. Damit werden alte Fehler fortgesetzt, indem man Verbesserung nur als Insel in einem Teilaspekt (Effizienz bzw. Nachhaltigkeit) sieht und dabei das große Ganze aus den Augen verliert.

In der Praxis bedeutet das, dass die Mitarbeitenden mehrfach von internen Expertinnen und Experten von der operativen Arbeit abgehalten werden. Entweder weil mehrere Instanzen Audits abhalten, unterschiedliche Reportings nötig sind oder Projekte umgesetzt werden sollen, die sich womöglich auch noch widersprechen.

Mario Buchinger
Mario Buchinger ist (Ökonomie-)Physiker, Musiker und Autor. Der Lean- und Kaizen-Spezialist war zehn Jahre als Angestellter und Führungskraft bei Daimler und Bosch tätig, bevor er 2014 das Unternehmen Buchinger|Kuduz gründete, das auf Strategie-, Prozess- und Klima-Transformation spezialisiert ist. Zu den Kunden zählen neben Industrieunternehmen unter anderem auch Banken und öffentliche Behörden. - © Buchinger|Kuduz

Zurück zur Bedeutung von Kaizen

Der japanische Begriff bedeutet wörtlich übersetzt „Veränderung zum Guten“ und wird häufig verkürzt als „kontinuierliche Verbesserung“ missverstanden. Tatsächlich geht es um eine holistische, langfristige und selbstkritische Verbesserung der ganzen Organisation. Hier reichen sich Kaizen und Nachhaltigkeit die Hand.

Unternehmen, die Nachhaltigkeit entlang aller drei Säulen (Ökonomie, Ökologie, Soziales) verstehen und Menschen dazu bringen, sich zu hinterfragen um dadurch im Sinne ihrer (internen und externen) Kunden besser zu werden, können Wettbewerbsfähigkeit erhalten.

Lean Goes Green

Die „Lean“-Expertinnen und -Experten haben jetzt die Chance, die jahrelangen Missverständnisse aufzuräumen und Verbesserung in neue Dimensionen zu bringen. Denn egal, ob man an die Lieferantenentwicklung, Prozessoptimierung, Logistik oder die notwendige Kommunikation denkt, eines bleibt gleich: Die langfristige und holistische Verbesserung von Unternehmen sichert den Erfolg.