Blockchain : Wie zwei Häfen mithilfe der Blockchain agiler werden

Energiekonzerne, Finanzdienstleister und Unternehmen in anderen Branchen experimentieren schon länger mit Blockchain und die bisherigen Erfahrungen beflügeln deren Befürworter: Wer diese Technologie sinnvoll zu nutzen weiß, kann sich beachtliche Geschäfts- und Prozessvorteile verschaffen. Ob Blockchain und Logistik das Traumpaar der Zukunft sein werden muss sich erst noch herausstellen. Faktum ist: Transport- und Logistik gehören heute noch zu den am wenigsten digitalisierten Branchen weltweit. Diese Behauptung stammt vom Beratungsunternehmen PriceWaterhouseCoopers (pwc) und hört sich nicht gerade wie ein Kompliment an die Adresse dieses Wirtschaftssektors an.

Blockchain ist geeignet für ein besseres Daten-Handling und einen höheren Grad der Prozessautomatisierung und erhöht so am Ende des Tages die Prozessabläufe. „Damit wird die Blockchain zu einem Katalysator, der Logistik 4.0-Anwendungen zum Durchbruch verhilft“, ist Dietmar Prümm, Leiter Transport und Logistik bei pwc in Deutschland überzeugt. Blockchain kann man sich als digitales Geschäftsbuch vorstellen, in dem sämtliche Transaktionen in einem Protokoll sprich der Blockchain aufgezeichnet werden. Dieses Geschäftsbuch eröffnet allen Vertragspartnern entlang einer Transportkette einschließlich Intralogistik direkt miteinander zu interagieren ohne dabei auf eine zwischengeschaltete Instanz angewiesen zu sein. Jede einzelne Transaktion erhält einen Zeitstempel und wird mit der vorangegangenen verknüpft. Damit entsteht eine transparente Linie aller durchgeführten Geschäftsvorfälle. Weil es in dieser Linie keine dazwischen geschaltete Akteure mehr braucht sinken die Transaktionskosten signifikant. Eine große Stärke von Blockchain ist, dass Manipulationen praktisch unmöglich sind. Das Blockchain-Protokoll wird zur „einzigen Quelle der Wahrheit“, wie es die Fachleute nennen.

Dabei ist die Logistikbranche prädestiniert für die Blockchain-Technologie. Stichwort Smart Contracts: Das sind computergesteuerte Transaktionsprotokolle, die Vertragsbedingungen sicher und autonom ausführen. So können zum Beispiel bei der Ankunft eines Containerschiffs im Hafen weitere Akteure durch smart contracts automatisiert mit dem Entladen beauftragt werden. In den Häfen Antwerpen und Rotterdam sind Experimente mit Blockchain schon im Anlaufen. So hat der Hafenbetrieb Rotterdam gemeinsam mit der Stadt Rotterdam ein „BlockLag“ ins Leben gerufen, in dem in Zukunft praxisorientierte, auf der Blockchain-Technologie basierenden Anwendungen entwickelt werden. „Überall hört man von Blockchain, aber vollständig funktionierende Anwendungen sind noch dünn gesät“, weiß Maarten Struijvenberg, der für Wirtschaft zuständige Fachmann in der Rotterdamer Stadtverwaltung. Im Fall Rotterdam wird via Blockchain ein engmaschiges Stromversorgungsnetzwerk entwickelt, bei dem einerseits Hafenbetriebe untereinander Restwärme und anderseits Verbraucher Elektrizität auf einem Markt anbieten. „Diese Möglichkeit sind für uns als Hafen sehr interessant“, zeigt sich Hafenchef Allard Castelein beeindruckt. Er sieht mit Blockchain eine sanfte Revolution auf die Güterströme durch den Hafen zukommen. Beim Startschuss des BlockLab im September wurde gleich ein konkretes Beispiel vorgestellt. Nämliche eine Blockchain-Anwendung für die Abwicklung von Transaktionen zur Vorratsfinanzierung in der Hafenlogistik.

Im belgischen Hafen Antwerpen wird mittels Blockchain der Containerumschlag automatisiert. Mit Blockchain wird Zusammenarbeit zwischen den Hafenkunden beschleunigt und eine Manipulation von Daten verhindert. Laut Antwerpener Hafenbehörde sind derzeit laufenden Blockchain-Projekt mehr als 30 verschiedene Akteure, darunter Transportunternehmen, Industrie- und Handelsunternehmen, Spediteure und Lkw-Fahrer eingebunden. E-Mails verschicken, telefonieren und herumfaxen ist in diesem Fall bei Kommunikation von gestern. In die Blockchain trägt jeder der involvierten Beteiligten sein Tun ein und es somit verknüpft mit der Arbeit des Vorgängers. „Der Papierkram verursacht beim Container-Transport bis zu 50 Prozent der Kosten“, betont ein Sprecher des Hafens. Mit Blockchain lassen sich diese Kosten radikal minimieren. Große Reedereien agieren bereits in Kooperationen, um den Platz auf ihren Containerschiffen miteinander zu teilen. Eine Blockchain-Plattform, auf die alle Marktteilnehmer Zugriff haben und Dokumente prüfen können, macht die Arbeit leichter und schneller und hilft zudem Fehler zu vermeiden.

Die Blockchain-Plattform im Antwerpener Hafen wurde entwickelt, um ein ganz konkretes Problem in den Griff zu bekommen: Container, die in einem Hafen abgeholt werden erhalten eine Identifikationsnummer. Sie durchlaufen beim Umschlag zwischen Lkw, Bahn und Schiff mehrere Stationen. Die Blockchain-Lösung stellt sicher, dass beispielsweise nur der genau definierte Lkw grünes Licht erhält, um den Container im Hafen abzuholen. „Da alle Informationen dezentral gespeichert werden, ist eine Manipulation praktisch ausgeschlossen“, betonen die Antwerpener Hafenverantwortlichen.

Die Häfen Rotterdam und Antwerpen sind für Österreichs Wirtschaft wichtige Tore zur weiten Welt. In Rotterdam wurden 2016 mehr als fünf Mio. Tonnen Güter für und von Österreich umgeschlagen. In Antwerpen waren es mehr als zwei Mio. t österreichische Handelswaren. Beide Häfen liegen entlang der sogennanten ARA-Range, sprich Amsterdam, Rotterdam, Anwerpen. Rotterdam ist der neuntgrößte Hafen der Welt und der größte Hafen Europas, wo im Vorjahr 461 Mio. t bzw. 7,4 Mio. Container verladen und gelöscht worden sind. Das Hafenareal erstreckt sich über eine Länge von mehr als 50 Kilometer, wo Tausende Firmen aus Logistik-, Industrie- und Handel ansässig sind. Weil der Welthandel ständig steigt und es mehr Platz in den Häfen braucht hat Rotterdam in der Nordsee mit der Maasvlakte II einen künstlichen Hafen geschaffen.