Success Story : Wie Zühlke Engineering Serviceprozesse digitalisiert

ZÜhlke Engineering Hololense
© Zühlke Engineering

Als typisches mittelständisches Speditionsunternehmen, unterhält die Firma Fernfracht Gimmelsberger GmbH mit Sitz in Salzburg, keinen eigenen Fuhrpark. Der benötigte Laderaum wird am Markt zugekauft. Für die Abwicklung des jährlichen Geschäftsvolumens kommen somit bis zu 4.000 verschiedene Transportpartner zum Einsatz. „Für uns war es täglich ein enormer Aufwand, den Standort der einzelnen LKW sprich den aktuellen Status der aktiven Ladungen zu überprüfen“, erzählt Geschäftsführer Roland Gasser. Seit November des Vorjahres übernimmt die Fernfracht Tracking App, die der Softwarespezialist Zühlke Engineering für die Spedition entwickelt hat, diese Aufgabe und zeichnet den Transportverlauf auf. Aber nicht nur das: der Frächter kann via App sämtliche Daten – von der Ladestelle über Art und Gewicht der Ladung bis zu Zielort und Termin – abrufen. Auch die Beauftragung erfolgt auf diesem Weg. Die Spedition wiederum wird regelmäßig über den Status des Transports am Laufenden gehalten. „Wir wissen jederzeit, wo der LKW ist“, sagt Gasser. Weil die App auch die voraussichtlichen Ankunftszeiten im Vorfeld berechnet, kann die Spedition die Kunden zeitgerecht über etwaige Verspätungen informieren und so Ärger und Frust reduzieren. Den Frächtern wiederum hilft das, ihre Produktivität zu steigern, da Standzeiten auf ein Minimum reduziert werden.

Keine Zahlungsverzögerung mehr

Automatisierte Prozesse, schnelle Reaktionszeiten, Transparenz, Wirtschaftlichkeit und Steigerung des Cashflows bietet die Fernfracht Tracking App für die Transportpartner und löst ein Schlüsselproblem der heutigen Transportlogistik im Teil- und Komplettladungsbereich. Gleich nach jeder Entladung kann der Fahrer über die App die Ablieferpapiere hochladen. Auf direktem Weg werden die Daten in einen voll automatisierten Workflow übernommen. Nach der erfolgten Prüfung wird automatisch die Gutschrift für den Transportpartner erstellt und via Email übermittelt. Damit beschleunigt sich die Zahlung enorm: „Früher gab es oft Zahlungsverzögerungen von 30 oder 40 Tagen, weil es oft Wochen gedauert hat, bis wir Papiere und Rechnungen erhalten haben. Wenn er heute am Montag entlädt, hat er am Freitag sein Geld“, sagt Gasser, der darauf hinweist, dass sich der administrative Aufwand des Frächters auf Null reduziert hat. Rund sechs Monate habe die Entwicklung der App, die zu mehr Transparenz und Effizienz bei Spedition, Frächtern und Kunden geführt hat, gedauert. „Interessant für uns war, herauszufinden, was die Frächter wirklich brauchen“, erinnert sich Bernhard Zimmermann, Senior Business Development Manager und Prokurist bei Zühlke Austria. Dafür habe es während der Entwicklung immer wieder Phasen gegeben, in denen die Software in der Praxis getestet wurde. „Die Endkunden waren stark in die Entwicklung eingebunden“, sagt Zimmermann. Das Know-how der Spezialisten in die Software einfließen zu lassen, sei nämlich ein wesentlicher Grundstein zu deren Erfolg.

Stapler-Reparatur mit Datenbrille

Auf die Erfahrung der User hat Zühlke auch bei der Entwicklung einer speziellen Reparatur-App für die HoloLens von Microsoft im Auftrag des Intralogistik-Anbieters Jungheinrich vertraut. Zühlke hat für das Unternehmen einen Prototyp programmiert, der Techniker durch die Reparatur eines hydraulischen oder elektrischen Staplers führt. Die Einbeziehung der Experten hat beispielsweise dazu geführt, zu erkennen, dass manche Handgriffe bei den Reparaturen zwar getan, aber bisher nicht dokumentiert wurden. Wie etwa das Fotografieren des Staplers, um dessen Ist-Zustand festzuhalten. „Jetzt erfolgen fotografieren und dokumentieren automatisch mit der Datenbrille“, erklärt Zimmermann. Darüber hinaus leitet die HoloLens die Techniker bei der Reparatur an. Mit einem Scan identifiziert der Headset-Träger das Modell, ein Hologramm wird über den realen Gabelstapler eingeblendet. Darauf wird dem Techniker nicht nur angezeigt, welche Reparatur notwendig ist, sondern er wird auch Schritt für Schritt durch die Wartungsarbeiten geführt. „Ein Vorteil ist, dass der Techniker durch die Brille durchschauen kann und er so auch die reale Umgebung wahrnimmt“, sagt Zimmermann. Auch Umweltgeräusche werden nicht ausgeblendet. „Das ist ein wichtiger Sicherheitsaspekt“, betont der Manager.

Mit Datenbrillen Effizienz steigern

Mit der Datenbrille, die Jungheinrich bis zum Jahr 2020 jedem Servicetechniker weltweit aufsetzen will, sollen gleich mehrere Ziele erreicht werden. Eines davon ist die Steigerung der Effizienz. „Mit der Datenbrille hat der Techniker die Hände frei und kann dadurch kontinuierlicher arbeiten“, sagt Zimmermann. Gleichzeitig können mit Hilfe der Anleitung unnötige Arbeitsschritte vermieden oder automatisiert werden. Wie beispielsweise eben die Dokumentation, entfällt doch das Ausfüllen der dafür bisher notwendigen Formulare. Darüber hinaus soll künftig jeder Techniker jeden Stapler reparieren können. „Das hilft, die Stehzeiten für die Kunden zu reduzieren“, ist sich Zimmermann sicher. Und reduziert Kosten, da anstatt die teuren, hochspezialisierten Servicemitarbeiter an entlegen Orte zu entsenden, künftig günstigere Servicemitarbeiter vor Ort eingesetzt und durch Remote Service aus der Konzernzentrale unterstützt werden können. An der hohen Qualität werde dies nichts ändern, betont Zimmermann, da jeder Techniker dennoch z.B. über eine entsprechende Elektrotechnik-Ausbildung verfügen müsse. Zimmermann: „Der Punkt ist, dass das Portfolio von Jungheinrich laufend größer wird. Da ist es unmöglich, jedes Detail eines Staplers zu kennen“.

Der Serviceprozess der Zukunft mit Jungheinrich.

Anwendungen auch bei Trainings

Rund 600 Gramm ist die Datenbrille derzeit schwer, die Kosten der HoloLens liegen bei 3.000 Euro. Das werde sich aber ändern, so Zimmermann. Mittlerweile würden auf der von Microsoft gegründeten Softwareplattform andere Hersteller an leichteren und günstigeren Datenbrillen arbeiten. „In zwei bis drei Jahren wird es unterschiedliche Gerätetypen für die unterschiedlichsten Bereiche der Industrie geben“, erwartet Zimmermann. Denn Einsatzgebiete gibt es dafür genügend: Etwa in der Produktion der Industrie 4.0. „Angesichts von Losgröße eins kann nicht jeder über alle Entwicklungsschritte für jedes Produkt Bescheid wissen“, sagt Zimmermann. Weitere Anwendungsmöglichkeiten sieht er im Bereich von Trainings. Diese könnten mit Hilfe der digitalen Zwillinge, die von der Datenbrille in eine reale Umgebung projiziert werden können, real und ansprechend gestaltet werden. Auch im Vertrieb kann die Datenbrille seiner Ansicht nach gute Dienste leisten. So könne man den digitalen Zwilling von großen, schweren Produkten, die real nicht oder nur schwer transportiert werden können, direkt beim Kunden präsentieren. Das Spektrum reiche von Maschinen für Produktionslinien bis zu Immobilien. „Das Besondere daran ist, dass man Brillen koppeln kann, somit können zwei Personen ein Produkt anschauen. Und das nicht nur von außen, sondern auch von innen“, erklärt Zimmermann.

Dass die Sicherheit sämtlicher Daten absolute Priorität hat, versteht sich seinen Worten nach von selbst. „Die Brille funktioniert ja stand alone“, sagt er. Werde sie aber mit einem Gerät verbunden, müsse die Verbindung abgesichert sein. „Wir denken die Verschlüsselung der Daten und das Sicherheitskonzept von Anfang an mit“, betont Zimmermann.