Use Case : Wie Zühlke die Industrie Blockchain-ready machen will

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Ursprünglich eng mit der Finanzbranche verbunden, erobert die Blockchain-Technologie immer mehr auch andere Industrien. „Einsatzgebiete sind etwa der Supply-Chain-Bereich, aber auch die Qualitätssicherung, Auditierungen“, sagt Bernhard Zimmermann, Senior Business Development Manager und Prokurist bei der Österreich-Niederlassung von Zühlke Engineering. Oder anders gesagt: alle Bereiche, in denen es um hochsensible Daten, Nachvollziehbarkeit, Ausfalls- und Fälschungssicherheit sowie Transparenz geht. „Also wenn Geschäfte zwischen Partnern, die sich nicht kennen oder ohne die Einbindung Dritter durchgeführt werden sollen“, beschreibt Zimmermann. Anders als bei normalen Datenbanksystemen werden die Daten in der Blockchain nämlich nicht überschrieben, sondern stets um die neuen ergänzt. Dazu kommt, dass es sich um dezentrale Datenbanken handelt. „Somit hält jeder Berechtigte eine Datenbank oder eine Kopie davon“, erklärt Zimmermann, der davon ausgeht, dass die Blockchain-Technologie kein Hype, sondern ein Dauerthema sein wird. Die Vorteile der Technologie liegen für ihn somit auf der Hand: Sicherheit, Transparenz und Vertrauen sind jene Eigenschaften, mit denen sie punktet.

Wartungsintervalle kontrollieren

Die Anwendungsmöglichkeiten sind denn auch vielfältig: so kann man etwa mittels Blockchain genau feststellen, welches Teil sich in welcher Qualität an welchem Ort befinde. Dieser „Echtzeitzustand“ trägt somit dazu bei, dass sich die einzelnen Produktionsschritte besser nachvollziehen und mehr Daten evaluieren lassen. „Somit fallen die stichprobenartigen Kontrollen weg“, sagt Maurice Billmann, Blockchain Experte und Professional Software Engineer bei Zühlke. Dies sei beispielsweise dann von Vorteil, wenn Zulieferer in die Produktion eingebunden sind. Aber nicht nur das: selbst wenn es um die Historie der Produkte geht, kann Blockchain neue Möglichkeiten erschließen. „Damit kann man beispielsweise verifizieren, ob die Wartungsintervalle eingehalten wurden“, beschreibt Zimmermann. Aber nicht nur Prozesse können mit Blockchain verbessert werden. In Kombination mit Smart Contracts lassen sich weiters bestehende Geschäftsmodelle verbessern oder neue entwickeln, so die beiden Experten.

Anonym mit Immobilienbeteiligungen handeln

Bei Zühlke ist man längst auf den Blockchain-Zug aufgesprungen und hat bereits erste Anwendungen, die auf der Technologie basieren, entwickelt. Etwa für die Schweizer Swiss Life-Versicherung. „Dabei handelt es sich um eine App für den Handel von Immobilien-Beteiligungen“, erklärt Billmann. Gemeinsam mit der Versicherung wurden die Anforderungen an den Prototypen und an die Integration der Blockchain innerhalb von sechs Wochen entwickelt. Eine der größten Herausforderungen sei der hohe User-Experience-Anteil gewesen. „Zielgruppe waren Endkunden und keine Anlagespezialisten. Daher musste der Kauf von Immobilienanteilen ganz einfach abgebildet werden“, sagt Softwarespezialist Billmann. Herzstück der App ist die Trading-Funktion, mit der die Eigentümer ihre Anteile auch weiterverkaufen können. Gleichzeitig sei die Verteilung der Anteile sicher und nachvollziehbar festgeschrieben. „Natürlich anonym“, weist Zimmermann auf den Datenschutz hin. Die Nutzer sind unter Pseudonymen aktiv. Ihre wahre Identität bleibt verborgen, die Zuordnung der eigenen Person zum Pseudonym kann allerdings jederzeit überprüft werden. Als nächster Schritt kann der Prototyp in Richtung Wartung ausgebaut werden. Damit sollen die Eigentümer über die notwendigen und erledigten Wartungsarbeiten der Immobilie auf dem Laufenden gehalten werden.

Internet of Things mit Zühlke - von der Innovation bis zu neuen Geschäftsmodellen

Prototyp für die Vermietung von Parkplätzen

Das Zusammenspiel von Blockchain und Internet of Things hat wiederum zum Prototypen einer Handelsplattform zur anonymen Vermietung von Privatparkplätzen geführt. „Hintergrund war die Überlegung, dass viele Parkplätze vor Wohnhäusern oder Garagenstellplätze tagsüber oder während des Urlaubs des Eigentümers leer stehen“, sagt Billmann. Eine App listet Autofahrern jene Parkplätze auf, die von deren Besitzern zur kurzzeitigen Vermietung frei gegeben werden, bucht das für ihn notwendige Zeitfenster und bezahlt über die Blockchain. „Wir wollten damit unseren Kunden Anregungen liefern und ihnen Möglichkeiten für neue Geschäftsfelder zeigen“, so Zimmermann.

Eines wird die Blockchain allerdings nach Ansicht beider nicht: nämlich herkömmliche Datenbanken zur Gänze ersetzen. „Man hat bei den Blockchains einen gewissen Overhead, der bei herkömmlichen Datenbanken entfällt“, sagt Billmann. So sei der multiple Bedarf an Speicherplatz bei großen Datenmengen enorm, Netzwerkressourcen und eine entsprechende Bandbreite für den Austausch der Daten seien ebenfalls erforderlich. „Das kostet natürlich zusätzliche Ressourcen“, sagt Zimmermann. Dazu kommt, dass Blockchains von den Teilnehmern am System, die ihre Daten einspeisen, leben. „Bei klassischen Datenbanken ist das nicht erforderlich“, so die beiden Experten.