Herr Maier, für die Hannover-Messe hat sich SICK aufs Thema Industrie 4.0 eingeschworen – intelligente Sensoren sollen für mehr Flexibilität sorgen. Daher zuerst eine grundsätzliche Frage: Ab wann gilt für Sie ein Sensor als „intelligent“?
Helmut Maier: In Sensoren steckt schon lange mehr als Anwender auf den ersten Blick erkennen. Doch jetzt geht es in Richtung „Next Generation“, bei der echte dezentrale Intelligenz in hochkommunikativen Sensoren auf kleinstem Bauraum Platz findet. Features wie die Übermittlung von Metadaten und bidirektionale Kommunikation machen den Sensor zur smarten Lösung für die Automation der Zukunft, beispielsweise wenn die SPS den Sensor aufgrund von Daten, die vom Sensor geliefert wurden, adaptiert oder wenn sich ein Sensor selbst neu konfiguriert und die Informationen darüber an die Steuerung weiter gibt.
Sind damit die Tage der „klassischen“ Sensoren, die einfach nur Daten über eine Dateneinbahn liefern, gezählt?
Nein, keineswegs. Nicht jeder Sensor muss adaptiv und hochintelligent sein. Es kommt immer auf die Anwendung an. Der Mehrwert ist entscheidend.
Nachdem aber immer mehr Intelligenz und Systemwissen in die einzelnen Sensoren wandern: Wird damit die klassische hierarchische Automatisierungspyramide auf den Kopf gestellt?
Das kann man in Teilbereichen durchaus so sehen. Allerdings muss die dezentrale Intelligenz nicht immer alleine im Sensor sitzen. Auch vorgelagerte Strukturen, wie intelligente Knoten oder Automationsebenen zwischen der SPS und dem Sensor integrieren immer öfter eine smarte Datenverarbeitung, die die übergeordnete Intelligenz entlastet. Dabei gilt: Dezentralisierung kann, muss aber nicht sein. Es gibt viele hierarchisch aufgebaute Anlagen, bei denen die SPS die einzige Spitze der Pyramide ist und bleibt – das ist auch gut so. Bei anderen Lösungen hingegen profitiert der Kunde von den neuen Möglichkeiten, die für die Realisierung vieler zukunftsorientierter Anlagenkonzepte absolut unerlässlich sind.
Wie etwa bei adaptiven Sensorsystemen? Da diese dynamisch reagieren, wird der Sensor vom einfachen Beobachter zum Aktor und direkten Beeinflusser des Produktionsprozesses. Werden Sensoren künftig Industrie 4.0 steuern?
Auch hier sorgt der Sensor für eine deutliche Entlastung der SPS. Ich denke jedoch nicht, dass Sensoren alleine irgendwann hochkomplexe Industrieanlagen steuern werden. Sie sind jedoch ein unabdingbarer „Enabler“ für die Smart Factory der Zukunft. Viele wichtige Impulse für Industrie 4.0 kommen aus der Sensorik.
Durch diese Entwicklung steigt die Bedeutung des Softwarebereichs enorm. Wie ist SICK hier aufgestellt?
Wir sind bereit, gemeinsam mit unseren Kunden in die digitale Zukunft zu gehen. Die Innovationen dafür sind bereits verfügbar – das werden wir auf der Hannover Messe und der SMART Automation in Linz zeigen. Schon heute können unsere Kunden im SICK AppSpace ihre Applikation selbst programmieren und parametrieren. So erhalten immer universellere, offene Sensorplattformen ihre anwendungsspezifischen Funktionalitäten. Die Software „formt“ also den Sensor. Dadurch entstehen auch neue Business-Modelle und der Kunde erhält völlig neue Möglichkeiten, beispielsweise in Richtung innovativer Service-Angebote.
Ganz im Sinne von Big Data werden heutzutage Unmengen von – oft auch unnötigen – Daten gesammelt. Wird durch den Einsatz von Sensoren, die ihre Daten intelligent aufbereiten und bereinigen, die Datenflut überhaupt erst bewältigbar?
Unser Ansatz heißt „Smart-Data“ statt „Big-Data“. Ziel ist es nicht unbedingt mehr Informationen zur Verfügung zu stellen, sondern die Daten, die der Kunden wirklich braucht und vor allem in der aufbereiteten Form, in der er sie zur Weiterverarbeitung benötigt. Dann gibt es keine Datenflut und es bringt einen echten Mehrwert.