Smart Vernetzt : Wie IO-Link und Edge Computing die Produktion bereichern
Das Kommunikationssystem IO-Link bindet intelligente Sensoren und Aktoren an Automatisierungssysteme an. Dabei können Unmengen an Daten anfallen. Werden wichtige Daten übermittelt, müssen Übertragungsverzögerungen und Serviceausfälle bestmöglich vermieden werden. Durch Edge Computing lassen sich etwa Latenzzeiten um Hunderte von Millisekunden reduziert. Auf diese Weise können enorme Mengen unstrukturierter Daten direkt in der Fabrikhalle analysiert und gefiltert werden. Relevante Daten werden erst zur langfristigen Speicherung oder zur Verteilung an die Cloud gesendet. Was die beiden Technologien IO-Link und Cloud-Computing zu einem „Dreamteam“ macht, darüber sprach FACTORY mit Helmut Börjes, Produktmanager bei WAGO Kontakttechnik.
FACTORY: IO-Link und Egde Computing: Wie hängen diese beiden Technologien zusammen?
Helmut Börjes: Ursächlich hängen diese Technologien gar nicht zusammen. Aber sie passen gut zusammen. Hierbei treffen zwei (teilweise hochkomplexe) Trends aufeinander: Geräte der untersten Ebene ausführlich digital zu beschreiben (IO-Link) und der Trend das eine Applikation möglichst abstrakt bleiben möchte um eben möglichst allgemeingültig zu sein (Edge Computing).
FACTORY: Welche Rolle kann Edge Computing in Verbindung mit IO-Link einnehmen?
Börjes: IO-Link ermöglicht den direkten, aber auch den umfänglichen Zugriff auf die Sensor-Aktor Ebene. Nicht nur Prozessdaten (In oder Out) sondern auch die komplette Identifikation, alle Parameter sowie Stati und Diagnosen sind lesbar und je nach Ausprägung schreibbar. Das war vorher zwar auch in speziellen proprietären Fällen möglich, aber jetzt gibt es einen Zugriffstandard und vor allem einen Beschreibungsstandard (IODD). Daher kann ein Edge-Server oder eine Cloud Applikation ohne Kenntnis der Anwendung im Detail über Standardkommunikationswege und Profile auf alle Daten zugreifen soweit es die Autorisierungsebene erlaubt.
FACTORY: Welche technischen Hürden gibt es aus Sicht des Betreibers und des Herstellers beim Einsatz der beiden Technologien zu bedenken?
Börjes: Natürlich muss die Infrastruktur bzw. die Maschinen- oder Anlagenarchitektur der Steuerung die Funktionalität unterstützen. Also entweder unten IO-Link und dann der Durchgriff über die Steuerung, oder es gibt unten IO-Link und dann wird in der darüber liegenden Ebene einmal in Richtung Steuerung und einmal in Richtung Edge-Server verzweigt. Das heißt, es gibt dort zwei logische Verbindungen oder aber, es wird völlig unabhängig von der Steuerungsarchitektur parallel dazu eine Messdatenerfassungs- und/oder auch eine Aktor Ebene installiert, die den Vorteil hat, dass es keine Rückwirkung auf die Steuerung gibt.
FACTORY: Können Sie näher erklären wie Edge-Computing mit dem Y-Weg zusammenhängt?
Börjes: Man nutzt eine kommunikationstechnische Weiche um sowohl die Daten für die Steuerung wie auch die Daten von/zum Edge-Server vom IO-Link Device zu transferieren. Simpel gesagt: Oben gucken 2 rein, unten nur einer.
FACTORY: Was unterscheidet den Einsatz in neuen Anlagen von dem in alten Anlagen?
Börjes: Hat die alte Anlage keine IO-Link Infrastruktur (… betrifft sowohl das IO-Link Device, also z.B. den Sensor, wie auch den IO-Link Master…) muss das nachgerüstet werden. Hier bietet es sich an, den Weg an der Steuerung vorbei zu nehmen. Neue Anlagen können da schon effizient drauf vorbereitet werden.
FACTORY: Worin liegen Vor- und Nachteile?
Börjes: Das „Vorsehen“ kostet unnützes Geld, soweit die Anlage bzw. Maschine es nicht sowieso nutzt und dann die Maschine an keinen Edge-Server angeschlossen wird. Das Nachrüsten kostet natürlich auch. Je nachdem wie man es dann macht, erhöhen sich dann auch die Standzeiten bis alles wieder so läuft wie vorher.
FACTORY: Was muss sowohl bei alten und neuen Maschinen bedacht werden?
Börjes: Integriert man die Kommunikation in die Steuerung stellt sich der Gewährleistungsfall ein, falls der Maschinenlieferant außen vor ist. Auch wird dann bei jeder Änderung die Steuerung verändert und es gibt Stillstandszeiten. Wählt man die „rückwirkungsfreie“ Lösung, dann kann man zwar nicht die bestehende Infrastruktur nutzen, aber ist frei in der Auswahl der Prozessgrößen und unabhängiger bei Änderungen.
Danke für das Gespräch!