Start-up : Wie F/List mit Augmented Reality Maschinen zum Sprechen bringt
Zentimeter genaue Navigation, auch dort, wo es eben kein Internet gibt. Das ist die Idee des Wiener Start-ups Insider Navigation. Drei Jahre lang forschte Clemens Kirner gemeinsam mit der Technischen Universität Wien an einer Augmented Reality Lösung, die auch ohne GPS und WLAN funktioniert. Anfänglich als virtueller Navigationsassistent angepriesen sicherten sich die Wiener schnell erste Kunden wie den Flughafen Wien und Kaufhäuser. „Doch diese hatten nicht den Druck, etwas zu verändern“, erklärt Kirner. Bei Industrieunternehmen sei das etwas anderes. Kurzum verknüpften die Wiener Maschineninformationen, wie Wartungsintervalle oder Ersatzteilverschleiß, mit ihrem virtuellen Navigationsassistenten. Etwas das in den niederösterreichischen Produktionshallen von F/List in einem äußerst erfolgreichen Pilotversuch endete.
Ungeplante Stillstände vermeiden
Sobald sich die Kamera des mobilen Endgeräts auf eine Maschine richtet, werden Statusmeldungen mit Hilfe von Augmented Reality sichtbar. F/List, ein Familienbetrieb der Luxus-Innenausstattung für Privat-Jets und Yachten baut, will das nutzen, damit Mitarbeiter künftig direkt mit den Maschinen kommunizieren können. Virtuell am Bildschirm tauchen Hinweise wie „Der Filter muss gewechselt werden“ oder „Ölwechsel in drei Stunden“ auf. Start-up-Gründer Kirner will damit den Niederösterreichern Kosten wegen ungeplanten Maschinenstillständen ersparen. Getestet wird die Software in einem der zwei Werke von F/List.
Lageroptimierung und Marketingchancen
Rund 1.600 Euro pro Monat kostet F/List der Einsatz des digitalen Assistenten. „Eine kleine Summe im Vergleich mit den Kosten bei einem Maschinenstillstand“, so Dietmar Ulreich. Wie viel sich F/List am Ende mit diesem Assistenzsystem spart, kann der Operation Manager bei F/List zwar nicht beziffern, man sehe das aber entspannt: „Wenn durch Indoor Navigation nur ein Stillstand pro Monat verhindert wird, reicht uns das“, so Ulreich. Für ihn hören aber die Einsatzmöglichkeiten im Maschinenpark noch lange nicht auf. Auch im Lager soll die Navigation für Verbesserung sorgen. Ulreich wittert aber auch Marketingchancen. Seinen Kunden will er mit Augmented-Reality künftig nicht nur Rundgänge versüßen, sondern ihnen auch gleich die Produktvielfalt von F/List zeigen. Und das in einer erweiterten Realität, in Echtzeit parallel zur Produktion. „Der Kunde muss dazu nur die App installieren, einen Kopfhörer aufsetzen und dann durch die Hallen von F/List marschieren“, so Ulreich.
Austria’s Next Top Start-up
Aber wie funktioniert nun ein digitaler Assistent, der weder auf die Hilfe von GPS oder WLAN angewiesen ist? Kirner und sein Team haben dazu eine Software entwickelt, die über eine Kamera die eigene Position und Blickrichtung feststellt und dann am Bildschirm in Echtzeit die Navigationshinweise einblendet. „Die Kamera sucht nach charakteristischen Punkten und vergleicht diese mit einer im Hintergrund gespeicherten Datenbank bzw. dem Gebäudeplan“, erklärt Kirner. Für die Software braucht es weder ein Sende- noch Empfangsgerät. Das soll übrigens auch dann funktionieren, wenn ein Großteil dieser Punkte verdeckt ist. Drei Jahre lang wurde an einer Augmented Reality Lösung geforscht, die das schafft. Im Jahr 2013 hieß die Software noch „Personal Indoor Assistant“. Pilotkunde war damals der Flughafen Wien. Aufgrund des Erfolges wurde dann „Insider Navigation“ als eigenes Start-up gegründet, dessen Erfolgswelle anhält: So kürte Telekommunikationsanbieter A1 die Wiener 2017 zu Austria's Next Top Start-up.
Volkswagen zeigt Interesse
Nach Flughafen Wien und Luxusausstatter F/List ist nun ein echtes Industrieschwergewicht auf das Start-up aufmerksam geworden. Volkswagen testet Insider Navigation in seinem Werk im sächsischen Zwickau. Für Kirner mit rund zwei Millionen Quadratmetern Fläche eine andere Dimension als im niederösterreichischen F/List-Werk. Auch der Anspruch ist ein anderer. „Bei Volkswagen kostet eine Minute Verzögerung 100.000 Euro“, so Kirner. Deswegen sei die Kürzung der Arbeitswege von enormer Bedeutung. Ein Heimspiel für das Wiener Navigationssystem. Mehr Details zu der Zusammenarbeit mit Volkswagen will Kirner aber erst in den nächsten Monaten bekannt geben. Das Potenzial – für Kirner noch lange nicht ausgeschöpft: „Wir wurden auch schon für autonom fliegende Drohnen und selbstfahrende Gabelstapler angefragt.“
Welche virtuellen Realitäten gibt es?
Virtual Reality (VR) ist die Darstellung der Wirklichkeit und ihrer physikalischen Eigenschaften in einer in Echtzeit computergenerierten, interaktiven virtuellen Umgebung.
Augmented Reality (AR) ist eine digitale Erweiterung unserer Realität. Im Vergleich zur virtuellen Realität, wo es sich um ein virtuelles Abbild einer real existierenden Welt handelt, wird AR mit digitalen Informationen/Daten angereichert.
Mixed Reality (MR) fasst Umgebungen, welche die reale Welt mit einer virtuellen Realität vermischt.