Lager & Logisitk : Wie ein selbstlernender Roboter die Intralogistik verändert

Maximilian Beinhofer Head of Cognitive Systems Development bei TGW
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Herr Beinhofer, was genau versteht man unter Machine Learning?

Maximilian Beinhofer: Mit Machine Learning lassen sich rund 95 Prozent aller Anwendungen von Künstlicher Intelligenz zusammenfassen. Maschinelles Lernen ist ein Überbegriff für die Generierung von Wissen aus Erfahrung. Basis sind Algorithmen, die nicht nach einer fest einprogrammierten Regel vorgehen, sondern bei denen nur die grundlegende Struktur vorgegeben ist. Die Algorithmen werden trainiert, um Muster zu erkennen und Vorhersagen treffen zu können.

Machine Learning setzt also auf Erfahrungswerte. Basierend auf historischen Daten lernt das System mit neuen – noch unbekannten – Daten eigenständig umzugehen. Der Algorithmus wird kontinuierlich verfeinert, lernt dazu und kann sich selbstständig und dynamisch auf neue Situationen einstellen. Darin liegt der Schlüssel zu gesteigerter Effizienz in der Intralogistik – etwa beim automatischen Kommissionieren.

Was sind die Vorteile der Technologie?

Beinhofer: Künstliche Intelligenz und ihre Teilbereiche sind Wachstumstreiber in vielen Branchen. In der Supply Chain schlummern an vielen Stellen Informationen, die großes Potenzial mitbringen, um Prozesse effizienter zu gestalten. Das betrifft die Performance einer gesamten Anlage ebenso wie von einzelnen Elementen. Durch den Einsatz von Machine Learning profitieren Unternehmen von effizienteren Abläufen. Bestellungen können beispielsweise fehlerfrei und mit maximaler Geschwindigkeit kommissioniert und an Kunden versendet werden.

In welchen Bereichen beschäftigt sich TGW mit Künstlicher Intelligenz?

Beinhofer: Das Einsatzspektrum von Künstlicher Intelligenz ist breit gefächert. Wir wollen Machine Learning gezielt dort einsetzen, wo Unternehmen und deren Kunden den größten Nutzen daraus ziehen können. Das ist überall dort der Fall, wo es darum geht, Muster in großen Datenbeständen zu erkennen und Prozesse und Abläufe zu optimieren. Daher betrachten wir bei TGW Machine Learning aus drei Perspektiven: auf Objekt-Ebene, auf Materialflussebene und auf Maschinen-Ebene.

Zunächst das Machine Learning bei Objekten: Das können zum Beispiel Artikel sein, die von unserem Pickroboter Rovolution kommissioniert werden sollen oder auch Ladungsträger wie beispielsweise Kartons. Die Kernfrage lautet: Welche Eigenschaften hat dieses spezifische Objekt – und wie kann man es am besten picken? Die zweite Perspektive ist das Machine Learning auf Materialflussebene. Hier lautet die Kernfrage: Wie kann ich mein System so steuern, dass keine Engpässe entstehen und die Arbeitsplätze gleichmäßig ausgelastet sind? Die dritte Perspektive ist das Machine Learning bei Maschinen: Hier geht es darum, den Zustand von einzelnen Komponenten zu analysieren und zu verstehen – zum Beispiel im Rahmen von Condition Monitoring oder Predictive Maintenance, also vorausschauender Wartung. Ausfallszeiten lassen sich so reduzieren, indem Wartungszeitpunkte und Reparaturen bereits frühzeitig eingeplant werden.

In welchen Bereichen setzt TGW Machine Learning-Techniken ein?

Beinhofer: Unser selbstlernender Kommissionierroboter Rovolution basiert auf Machine Learning-Erkenntnissen. Er reagiert auf unerwartete Ereignisse wie etwa das Herunterfallen eines Artikels beim Greifvorgang völlig autonom und ganz ohne menschlichen Eingriff und korrigiert den Vorgang. Das sorgt für unterbrechungsfreies Arbeiten rund um die Uhr. Eine Algorithmik entwickelt – basierend auf Daten – eine Form von Szenenverständnis und erlaubt dadurch eine Zustandsschätzung bzw. Klassifizierung. Auf dieser Basis kann der Rovolution-Roboter selbstständig Entscheidungen treffen, wie er mit einem zu kommissionierenden Artikel umgeht.

Woran arbeiten Sie gerade?

Beinhofer: Aktuell beschäftigen wir uns unter anderem mit Vorhersagemodellen, die eine präzise Anpassung einer Anlage an saisonale Schwankungen oder ein verändertes Bestellverhalten der Kunden ermöglichen. Die Modelle erkennen Muster, die sich einem menschlichen Gehirn nicht unmittelbar erschließen. Im Tagesgeschäft lassen sich Schlussfolgerungen und Entscheidungen so wesentlich schneller treffen. TGW investiert außerdem in Forschungsprojekte und arbeitet eng mit internationalen Universitäten zusammen.