Kollaborative Roboter : Wie ein Schweizer Feinmechaniker Cobots in seine Fertigung integrierte
Niemand würde abstreiten, dass eine Arbeit, die daraus besteht, acht Stunden lang alle 13 Sekunden eine Gewindehülse in eine Maschine zu legen, zu warten bis sie beschriftet wird, sie wieder herauszunehmen, um dann die nächste Gewindehülse einzulegen, mühsam ist. Aufgaben wie diese sind in vielen Produktionen jedoch Alltag. Marco Bortolan, Geschäftsführer und Inhaber der FME Feinmechanik AG in Buchberg in der Schweiz, hat sich dazu entschlossen, mithilfe von Robotertechnik seine Mitarbeiter von monotonen Aufgaben zu befreien. Hatte aber zunächst Bedenken gegenüber Kollege Roboter. „Aufgrund des Vorurteils, dass Arbeitsplätze durch den Einsatz von Robotern verloren gehen, habe ich mich lange vor dieser Entscheidung gesträubt“, so Bortolan. Heute profitieren seine Mitarbeiter von der Integration kollaborierender. Die Produktivität ist signifikant gestiegen und entgegengesetzt den kursierenden Ängsten vor Jobverlust konnte sogar eine zusätzliche Arbeitsstelle geschaffen werden.
Robotertechnik: Ja oder nein?
Die FME Feinmechanik AG ist ein Zulieferbetrieb in der Präzisionsmechanik und Medizinaltechnik. Hier entsteht alles rund um die Feinmechanik, vom Prototyp zur Serie bis hin zur einbaufertigen Baugruppe. Darunter extrem dünnwandige Teile mit einer Wandstärke, die der Hälfte eines menschlichen Haares entspricht. Die Teile sind so unterschiedlich wie die zu produzierenden Stückzahlen: 50 bis 10.000 Stück. Das erfordert Flexibilität. Die Unbeweglichkeit, der hohe Preis sowie der große Platzbedarf konventioneller Industrieroboter hatten Bortolan zunächst davon abgehalten, die Effizienz der Produktion durch Robotertechnik zu erhöhen. Doch der stetig steigende Preisdruck, die eintönige und mühsame Arbeit seiner Mitarbeiter und der Wunsch, größere Stückzahlen produzieren zu können, ließen ihn weitersuchen. Heute gehören ein fest installierter UR10 Roboter sowie ein mobiler UR5 Roboter von Universal Robots zum Unternehmen. „Wir produzieren jetzt an sieben Tagen die Woche und im Schnitt 20 Stunden am Tag“, so Bortolan. Bevor die Roboter vor etwa drei Jahren zum Einsatz kamen, waren es nur fünf Tage je Woche und acht Stunden pro Tag.
Stillstand ist keine Lösung
Was den Einsatz ihrer Roboter anbelangt, sind die Schweizer besonders einfallsreich. So gab es den Fall, dass nach einer Oberflächenbehandlung von Aluminiumbauteilen an den Außengewinden Salzrückstände zurückgeblieben sind. Unsere selbst erfundene Kombination aus Roboter, Bohrmaschine und Messingdrahtbürste hat es einem Mitarbeiter erspart 7.000 Gewinde per Hand reinigen zu müssen. Das Besondere an der fest installierten Automationsanlage ist, dass ein Roboter zwei Maschinen bedienen kann. Marco Bortolan hat gemeinsam mit der bachmann engineering ag, dem Vertriebspartner von Universal Robots in der Schweiz, diese Idee realisiert. Der so genannte Bachmann Machine-Tender (BMT) besteht aus zwei Maschinen, die sich gegenüberstehen sowie einem UR10 Roboterarm, der auf einer Linearachse hin- und herfährt, um die Maschinen zu bestücken. Sobald diese mit dem Fräsen oder Erodieren fertig sind, geben sie ein Signal an den Roboter ab. „Die Regel von diesem Programm lautet: Wer zuerst ruft, wird zuerst bedient. Diese Automationsanlage ist genial, sie läuft ohne Standzeiten“, so Bortolan. Der Bachmann Machine-Tender ist in der Zwischenzeit sogar als standardisiertes Produkt in das Angebot des Vertriebspartners von Universal Robots aufgegangen und kann auch aus mehr als nur zwei Maschinen bestehen.
Ein Roboter auf Rollen
Der kleine Roboterarm UR5 ist innerhalb der Produktion frei beweglich und kann für die unterschiedlichsten Anwendungen eingesetzt werden. Aus diesem Grund bot sich der Einsatz eines Bachmann FeedMaster (BFM) an, der auf Rollen ist und sich innerhalb kürzester Zeit an einer anderen Maschine einsetzen lässt. Bortolan ist sehr zufrieden. Künftig will er noch mehr Roboter einsetzen. Soweit die Meinung eines Geschäftsführers. Was aber sagen die Menschen, die mit den Robotern Tag für Tag zusammenarbeiten?
Mitarbeiter zu Anfang skeptisch
Meti Zekijri ist Montageleiter. Er ist unter anderem dafür verantwortlich, die Roboter zu programmieren und dafür zu sorgen, dass sie ihre so unterschiedlichen Aufgaben zu den richtigen Tages- und Nachtzeiten erfüllen. „Ich habe den Roboter nach nur einem Tag Schulung eigenständig programmieren können“, so Zekijri. Was für die Mitarbeiter zunächst jedoch nicht leicht war, war die Information, dass Roboter im Unternehmen eingeführt werden sollen. Es wurde gemeinsam mit der Geschäftsführung diskutiert und in der Kollegschaft darüber gesprochen, ob wohl jemand gehen müsse. „Unsere anfänglichen Ängste haben sich schnell gelegt, als wir realisiert haben, dass die Roboter ohne uns Menschen nicht arbeiten können. Wenn wir sie nicht einrichten, passiert auch nichts“, erklärt Zekijri. Heute fänden die Schweizer es sehr langweilig, wenn sie wie früher ohne Roboter arbeiten müssten.