In Kooperation mit Universal Robots : Wie ein KMU den Griff in die Kiste meistert
Ein Blick in die Produktionshallen von Jenny | Waltle verrät: Hier sitzt jeder Handgriff, jeder Ablauf befindet sich in reibungslosem Fluss. Werker bestücken CNC-Fräsen und montieren Einzelteile präzise zu komplexen Baugruppen. Ein großer Bildschirm zeigt die Auftragslage minutengenau an. Pläne auf Papier gibt es nicht. „Wir beschäftigen uns intensiv mit der Kaizen-Lehre und den Lean-Prinzipien“, erklärt Daniel Waltle, einer der zwei Geschäftsführer von Jenny | Waltle. „Arbeitswege halten wir kurz und die Arbeitsplätze statten wir je nach Aufgabe maßgeschneidert mit Werkzeugen aus. Damit läuft unsere Organisation schlank und effizient.“ Seit mehr als 35 Jahren produziert das österreichische Unternehmen Aluminium-, Metall- und Kunststoffteile. Zu den Hauptabnehmern von Jenny | Waltle zählen Hersteller von Sonnenschutz, Fassaden und Zaun sowie Sportausrüster. „Der Kunde steht bei uns absolut im Mittelpunkt. Auf schnelle Durchlaufzeiten und hohe Qualität kann er sich jederzeit verlassen“, erzählt Waltle stolz.
Die Geburtsstunde der schlanken Produktion reicht bei Jenny | Waltle ins Jahr 2005 zurück. Der heute in Voralberg ansässige 50-Mann-Betrieb, macht es sich seither zur Aufgabe, die Abläufe im eigenen Werk so ökonomisch wie möglich zu gestalten. „Wir hinterfragen uns jeden Tag und haben den Anspruch, uns stets zu verbessern“, sagt Waltle. Wachstum zu generieren, ist für den Betrieb hingegen zunehmend herausfordernd. „In der Region herrscht Vollbeschäftigung. Qualifiziertes Fachpersonal zu finden, ist extrem schwierig für uns“, erzählt Waltle. „Um trotzdem weiter wachsen zu können, müssen wir automatisieren.“ So kam es, dass der Aluminiumbearbeiter im Jahr 2010 erstmals auf Robotik in der monotonen Maschinenbestückung setzte.
Intuitive Handhabung für den präzisen Griff
Gestartet mit einem herkömmlichen Industrieroboter, wurde dem Betrieb schnell klar: Eine flexiblere Lösung muss her. „Sobald es um kleine Losgrößen geht, ist die einfache Bedienung das, was wirklich zählt. Nur so können wir ein System bei neuen Aufträgen schnell umrüsten“, erklärt Sebastian Schuler – der 26-Jährige ist Konstrukteur bei Jenny | Waltle. „Auf der Automatica 2016 wurden wir auf Universal Robots aufmerksam. Die intuitive Benutzerführung und große Flexibilität der Technologie überzeugten uns sofort“, berichtet Waltle.
Seit 13 Monaten bestücken zwei kollaborierende Roboter (Cobots) von Universal Robots (UR) in unmittelbarer Nähe zu ihren menschlichen Kollegen eine CNC-Fräse bei Jenny | Waltle. Bis zu 2.400 Aluminiumteile handeln sie täglich im 2-Schicht-Betrieb. Für die Applikation hat sich der innovative Mittelständler an die Königsdisziplin der Industrieautomation gewagt: das Bin Picking. Schuler erklärt: „Die größte Herausforderung war es, dem UR5 beizubringen, unsortierte Teile aus einer Kiste zu nehmen. Dafür haben wir ihn mit einem 3D-Kamerasystem verknüpft.“ Die externe Kamera scannt zunächst die vorgesägten Aluminiumteile und generiert daraus einen 3D Datensatz. So erkennt der erste Cobot die komplexen Oberflächenstrukturen sowie die genaue Anordnung der Objekte. Ausgestattet mit einem Vakuumgreifer entnimmt der UR5 anschließend Teil für Teil und legt es in eine Zwischenablage. Hier übernimmt der zweite Cobot, der die Komponenten präzise im hydraulischen Spanner der CNC-Fräse platziert. Nach der Bearbeitung durch die Maschine greift er die Teile und legt sie in eine finale Ablage, von welcher der erste Cobot sie dann in eine leere Kiste wirft. „Eine Vorsortierung der Komponenten durch den Menschen kam für uns nicht in Frage. Das wäre ja nicht mehr wirklich ‚lean‘ gewesen“, erklärt Waltle die Entscheidung für den „Griff in die Kiste“.
Umgerüstet in nur einer Stunde
Anfangs unterstützte der UR-Partner STB Steuerungstechnik Beck den Aluminiumbearbeiter bei der grundlegenden Einrichtung der Kamera sowie den beiden Cobots. Seither programmiert Jenny | Waltle die Anlage selbstständig für neue Aufträge und optimiert Greifer, Spanner sowie Ablagen kontinuierlich. „Ich habe noch nie eine Roboterschulung gemacht. Das braucht es ja auch gar nicht. Die Cobots sind so einfach zu bedienen. Ihre Programmierung habe ich mir selbst beigebracht“, freut sich der Konstrukteur und Waltle ergänzt: „Besonders stolz sind wir auch auf die kurzen Umrüstzeiten der Anlage. Wir benötigen maximal eine Stunde, bis die UR-Cobots bereit sind, die CNC-Maschine mit neuen Teilen zu bestücken. Mit Universal Robots können wir selbst kleine Losgrößen absolut wirtschaftlich realisieren“, sagt Waltle.
Bevor die Cobots bei Jenny | Waltle Einzug fanden, mussten ihre menschlichen Kollegen die Maschinen händisch bestücken, eine ermüdende Arbeit. Die UR-Cobots entlasten die Mitarbeiter heute zugunsten höherwertiger Aufgaben. Sie richten die Anlage für neue Aufträge ein, stellen den Cobots ausreichend Teile bereit oder widmen sich der Endabnahme. „Die Qualitätssteigerung durch die Cobots von Universal Robots ist unglaublich. Seit wir sie im Einsatz haben, hatten wir kein schlechtes Teil mehr. So können wir unseren Kunden auch zukünftig Produkte in Spitzenqualität garantieren“, zeigt sich Waltle zufrieden. Neben einer Null-Fehler-Produktion konnte der Zulieferer seinen Output im Anwendungsbereich innerhalb von zwölf Monaten um elf Prozent steigern.
„Mit Universal Robots nutzen wir das Momentum.“
Die harten Faktoren sind nur ein Teilerfolg der Automatisierungsreise des KMUs. „Industrie 4.0 ist in aller Munde. Mit Universal Robots nutzen wir das Momentum und stellen unsere Fertigung zukunftsfit auf“, so Waltle. „Unsere Wettbewerbsposition stärken wir mit den Cobots nachhaltig. Außerdem schaffen wir attraktive Anreize für potenzielle Fachkräfte in der Region. Gerade die jungen Leute identifizieren sich stark mit Technologien wie von UR.“ Schon bald wird der Aluminiumfertiger einen dritten Roboterkollegen implementieren. Konstrukteure bei Jenny | Waltle mit einer Leidenschaft für Spitzentechnologien dürfen dann sicher daran tüfteln und den Produktionsbetrieb noch besser machen.