Messevorschau : Wie die SPS IPC Drives 2017 ihre digitalen Weichen stellt
Maschinenbauer und Anlagenbetreiber stehen vor großen Herausforderungen: Die Kundenanforderungen hinsichtlich einer Flexibilisierung der Produktion werden immer radikaler. Deshalb müssen Lösungen gefunden werden, die es erlauben, die unterschiedlichsten Produktvarianten flexibel, in Echtzeit und bei voller Produktionsgeschwindigkeit individuell zu fertigen. Wer hier ins Hintertreffen gerät, wird auf Dauer Wettbewerbsnachteile erleiden. Denn eine hochflexible Fertigung lässt sich nur mit einer zukunftsfähigen Produktionsinfrastruktur realisieren. Um diesen erhöhten Bedarf abzubilden, zeigt die Software- und IT-Branche ihre Automatisierungslösungen auf der „SPS IPC Drives“ in Nürnberg vom 28.11. bis 30.11.2017 erstmalig in einer eigenen Halle. „Im Zeitalter der Digitalen Transformation wachsen die beiden Branchen IT und Automation immer stärker zusammen“, “, erklärt Sylke Schulz-Metzner, Bereichsleiterin bei Mesago Messe Frankfurt GmbH für die SPS IPC Drives. „Die Halle 6 fokussiert das Thema Software und IT in der Fertigung und geht verstärkt auf die neuen Herausforderungen in der Fertigungstechnik ein.“ Vom Start-up bis zu großen Namen wie zum Beispiel Microsoft, EPLAN, SAP Deutschland und Kaspersky Lab UK werden dort als Lösungsanbieter aus aller Welt vertreten sein. Themenbezogene Sonderschauflächen wie der Gemeinschaftsstand „Automation meets IT“, Vorträge und Produktpräsentationen erweitern das Angebot. Premiere haben in diesem Jahr auch die Guided Tours zu den Themen IT-Security in automation, Smart production und Smart connectivity. Der begleitende Automation 4.0 Summit wird an den ersten beiden Messetagen das Messeangebot ergänzen und Themen des Industrie 4.0-Umfeldes aufgreifen: TSN und OPC UA in der Industrie, Sensorik für Industrie 4.0, Embedded Vision, Raspberry Pi & Co in der Industrie. Dem Messeveranstalter zufolge soll die SPS IPC Drives 2017 mit 16 Messehallen und rund 1.700 Ausstellern aus aller Welt die größte ihrer Art werden.
Neue Chancen durch Wandel
Einer der zu beobachtenden Trends am Markt ist der Wandel vom Komponentenhersteller zum Systemanbieter. Diese Formel wird seit gewisser Zeit als mustergültiger Weg zur Steigerung von Wertschöpfung und Marktanteilen hochgehalten. Denn wer sich behaupten will, muss nicht nur bessere Produkte zu attraktiveren Marktpreisen als die Konkurrenz anbieten, sondern mit diesen Produkten auch früher in dem jeweiligen Marktsegment präsent sein. Wenn dauerhafte Wettbewerbsvorsprünge erzielt werden sollen, dann reichen Effizienz und Effektivität in der Produktentwicklung und -vermarktung als alleinige Erfolgsfaktoren nicht mehr aus. Daher setzen häufiger Unternehmen auf die Steigerung ihrer Wertschöpfung und forcieren den Wandel vom Komponenten- bzw. Produkthersteller zum Systemanbieter. „In Zukunft werden Kaufentscheidungen immer mehr auf Basis der Softwarefunktionalitäten gefällt, denn die verwendeten Hardwarekomponenten sind ersetzbar und können sich in der Regel funktional nicht entscheidend von anderen Lösungen abheben“, bestätigt Tobias Weber, Key Account Manager bei Certec EDV GmbH. „In der Software dagegen sind große Unterschiede im funktionalen Umfang realisierbar, weshalb sich auf dieser Ebene der (kauf-)entscheidende Unterschied widerfindet.“ So erweitern auch kleinere Unternehmen immer öfter ihr Geschäftsfeld: Hersteller von Elektronikelementen integrieren ihre Produkte in Module und liefern diese just-in-time an ihre Abnehmer. Damit werden aus ehemals reinen Handelsunternehmen Handels- und Servicefirmen. „Auch wir stellen fest, dass sich verschiedene Komponentenhersteller aktuell zu Full-Service Anbietern entwickeln, die neben Ihren HW-Komponenten auch Software-Produkte anbieten“, sagt Michael Plankensteiner, CEO logi.cals GmbH. „Unserer Ansicht nach verstärkt sich der Trend weiterhin und wir sehen es als Chance, für derartige Full-Service-Anbieter als kompetenter Partner aufzutreten.“
Neue Geschäftsmodelle durch Digitalisierung
Im Fokus des Messeauftritts der Rittal GmbH stehen die Themen Steuerungs- und Schaltanlagenbau 4.0, Maschinenverfügbarkeit, Betriebssicherheit, Energieeffizienz sowie Smart Services und Industrial IT Solutions. „Mit der Vorstellung des neuen „Com Moduls“ setzen wir konsequent auf Innovation“, sagt Andreas Hrzina, Leiter Marketing und Produktmanagement, Rittal GmbH. „Damit ist unsere Kühlgeräteserie Blue e+ vernetzbar und bietet neue Anwendungen wie zum Beispiel Predictive Maintenance und Data Analytics.“ Die Siemens AG wird auf der „SPS IPC Drives“ 2017 zeigen, wie Unternehmen mit der Digitalisierung ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen können. Das Produktprogramm reicht von neuen Softwareversionen für effizienteres Engineering über digitale Antriebssysteme bis hin zum offenen, Cloud-basierten IoT-Betriebssystem MindSphere, das Maschinen- und Anlagenbauern neue Geschäftsmodelle ermöglichen soll. „Mit unserem umfassenden Portfolio an Software-basierten Systemen und führenden Automatisierungstechnologien über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg unterstützen wir die Fertigungsindustrie bei der digitalen Transformation“, erklärt Jan Mrosik, CEO der Siemens-Division Digital Factory. Auf dem Stand der evon GmbH kann der Besucher Neuheiten rund um das Kernprodukt XAMControl erleben. „Hierbei handelt es sich um eine hardwareunabhängige Automatisiserungsplattform mit fertigungsnaher „Echtzeit“ MES MESControl als Garant für eine flexible Produktionssteuerung“, unterstreicht Andreas Leitner, Geschäftsführer evon GmbH.
Die Certec EDV GmbH, Spezialist im Bereich der Prozessleittechnik, wird die Features der neuesten Version 3.2 von atvise SCADA fokussieren. „Ein zentrales Thema ist unter anderem das Zusammenrücken unserer SCADA-Lösung mit unserem Portalangebot, welches nun auf Basis von OPC UA Methoden kommuniziert und nun einfach miteinander verbunden werden kann“, erklärt Weber. Die logi.cals GmbH, Softwarehaus für alle Bereiche der industriellen Automatisierung, wird auf der SPS IPC Drives ihr neues Produkt logi.CAD 3 präsentieren. „Die neue Version der hersteller- und systemneutralen und auf Eclipse basierenden IEC 61131-3-Plattform ist nun dank flexiblem IO-Konfigurator und einer leistungsstarken Visualisierung noch umfangreicher als je zuvor und für jeden Einsatzbereich gewappnet“, sagt Michael Plankensteiner, CEO logi.cals. Die Bachmann electronic GmbH wird mit der M1-Steuerung erstmals einen neuen, möglichen Standard präsentieren, der es erlaubt, Security-Features direkt auf der Steuerung zu integrieren. Auf diese Weise können Industrieunternehmen mühelos verschlüsselt mit ihren Steuerungen kommunizieren. „Wir wollen damit eine ganzheitliche Debatte zum Thema Sicherheit bzw. Security anstoßen“, betont Wolfgang Papesch, Director Marketing, Sales, Automation, Bachmann electronic GmbH.
Weitere Trends und Kundenanforderungen
Besonders für Maschinen- und Anlagenbauer spielen effiziente Engineeringprozesse eine immer wichtiger werdende Rolle. Auf Grund der immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen in Verbindung mit dem vorherrschenden Fachkräftemangel und dem steigenden Kostendruck durch die Globalisierung wird immer mehr Zeit in die Standardisierung gesteckt, um im Engineeringprozess des Projektgeschäfts möglichst kurze Durchlaufzeiten zu realisieren. Das bedeutet zudem: persönliche Ansprechpartner, schnelle Reaktionszeiten, zielorientierte Beratung und Schulung, kundenorientierte agile Entwicklung sowie eine hohe Produktqualität. „Deshalb erwarten viele Kunden viel mehr als nur einen Produktlieferanten, sondern absolute Flexibilität und die Bereitschaft, gemeinsam mit den Kunden neue Wege zu gehen“, betont Leitner. „Das heißt nichts anderes als weg von der Lieferanten–Kundenbeziehung und hin zu einer echten lösungsorientierten Partnerschaft!“ Das unterstreicht auch Papesch: „Es reicht heute nicht mehr, nur technisch stark zu sein und alle Basisanforderungen abzudecken. In einer Welt, in der die Komplexität gefühlt exponentiell steigt, ist Vertrauen die einzig wirklich beständige Währung. Wir kommunizieren offen und machen unsere Entscheidungsprozesse dem Kunden transparent. So kann er uns schnell einschätzen. Vertrauen spart dem Kunden dann Zeit, Ärger und schlussendlich viel Geld.“ Neben dem unbedingten Anspruch auf Datensicherheit und Interconnectivity liegen durchgängige Wertschöpfungsketten sowie smarte Services weiterhin im Trend. „Technologisch gesehen sind wir noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angekommen, sondern erst am Anfang“, so Hrzina. „Die Innovationszyklen beschleunigen sich. Lösungen die vor drei Jahren präsentiert wurden, sind heute schon total veraltet.“