Supply Chain Management : Wie DHL Risiken entlang der Lieferkette minimiert

Venne
© DHL

Ausgerechnet Fukushima brachte den Stein ins Rollen. Als im März 2011 ein Erdbeben die Küste Japans erschütterte, die Flut kam und die Atomwerk-Katastrophe folgte, herrschte landesweiter Ausnahmezustand. Seehäfen waren gesperrt, Flughäfen überlastet, Landwege blockiert. Für einen Konzern, wie die Deutsche Post DHL, bedeutet das extrem schnell Wege ausfindig zu machen, wo die Lieferkette für ihre Kunden noch funktioniert. „Mithilfe von DHL-Mitarbeitern vor Ort, Analysten im Stammhaus wurde damals für Kunden eine digitale Karte mit Ausweichrouten erstellt und auf mögliche weitere Störungen hingewiesen“, erinnert sich Ulf Venne, Business Development Resilience360 noch gut. Ein Dienst, dem bald ein State-of-the-Art Risikomanagement folgte. Resilience360 ist eine cloud-basierende Big-Data-Lösung, die es Kunden fast in Echtzeit ermöglicht kritische Gefahrenherde ihrer Lieferkette zu erkennen, zu visualisieren und ein Risikoprofil aufzubauen, um mögliche Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Und das mittlerweile schon bevor dieses Ereignis überhaupt in Kraft tritt.

Risikodaten für den Endkunden

Mit 220 Vertretungen in Ländern und Territorien übertrifft die Deutsche Post DHL mittlerweile sogar schon die Vereinten Nationen (192 Länder). Eine 480.000-Mann-starke Schwarmintelligenz, die einen gewaltigen Datenschatz in sich birgt, den zu heben mit Resilience360 gelungen ist. Dabei versteht sich Resilience360 als eine Art Start-up gewachsen im DHL Konzern. Völlig getrennt von der Logistikschiene dient der Service als Risikodatenlieferant für den Endkunden. Gegen eine jährliche Gebühr verbindet sich das Start-up dabei mit dem Transportmanagement des Kunden und erstellt 24/7 Risikoprofile entlang der Supply Chain und hilft kritische Hotspots zu identifizieren. Damit soll der Kunde schon vorab wissen, ob Naturkatastrophen wie Erdbeben, ein Terroranschlag, Streiks oder wetterbedingte Einflüsse seiner Lieferkette schaden könnten. Satte 1.500 Einflüsse pro Tag identifiziert das Tool mittlerweile. „Das sind zehn bis zwanzig Ereignisse, die pro Tag für einen Kunde relevant sein könnten“, so Venne.

Frei von alternativen Fakten

Die Daten dafür, holt sich Resilience360 von renommierten Instituten, aus internationalen wie lokalen Nachrichtenportalen, aus sozialen Medien und natürlich aus dem 480.000 Mitarbeiter starken weltweiten Info-Pool der DHL. Was nach Google-Absaug-Algorithmus klingt, soll anders in der Umsetzung sein. „Unsere Daten werden zusätzlich verifiziert“, versichert Venne. Sogenannten alternativen Fakten, wirkt das Tool demnach mit einem eigenen Analysten-Team entgegen. Rund 200 weltweit strategisch positionierte Mitarbeiter sorgen dafür, dass Meldungen auf ihre Richtigkeit analysiert werden, noch bevor sie an den Endkunden gelangen.

Und dieser dankt’s. So behält der Elektrotechnikkonzern Schneider Electric damit seine weltweiten Lieferketten im Auge. Das System dahinter relativ gewieft: Ganze sieben regionale Transport-Kontrolltürme sind direkt mit dem Resilience360 Monitoring-Service verbunden. "Daten zu potenziellen Supply Chain Risiken werden aus einer breiten Palette interner wie externer Quellen, einschließlich sozialer Medien, lebenden Verkehrsdaten und Beobachtern, gesammelt", so Ciaran McAteer, Strategic Supplier Manager. "Unsere Mitarbeiter erhalten so den Zugang zu nahezu Echtzeit-Informationen über alle Ereignisse, die zu einer Verzögerungen der Lieferkette führen könnten und können so frühzeitig intervenieren."

Resilience360 - auf einen Blick

Wer: Deutsche Post DHL

Markteintritt: 2014

Was: Ein Risiko-Management-Tool, dass Informationen über Naturkatastrophen, Diebstahl, geopolitische und andere Risiken mit dem globalen Produktions- und Distributionsnetzwerk des Kunden verbindet.

Architektur: Big Data Lösung basierend auf einer Cloud-Plattform (Salesforce)

Besonders weil: Erste weltweite Echtzeit-Lösung zum Erfassen von Risiken entlang der Supply-Chain.

Auch interessant: Ermöglicht ein präventives Eingreifen auf Lieferbasis bis zu sieben Jahre im Voraus.

Ulf Venne ist Keynote-Speaker auf Österreichs einziger Ersatzteiltagung (ETT) in Linz. Dort gibt er Einblicke in das Echtzeit-Risikomanagement von Resilience360.