Leichtbau : Wie das Start-up Cikoni Maschinen leichter machen will
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Farbod Nezami ist ein sehr neugieriger Mensch und das ist in seiner Branche auch gut so: Gerade bei der Herstellung bionischer Strukturen sowie Dimensionierung von Lasteinleitungen gelingen nämlich mit Leichtbau ungeahnte Möglichkeiten. Hier erkannte das Team rund um den Cikoni-Mitgründer seine große Chance und entwickelte mit viel spezifischem Tiefenwissen und einer Riesenportion Neugierde ein neues Fertigungsverfahren, das verschiedene Vorteile optimal miteinander verbindet. Natürlich unterliegen solche Wettbewerbsvorteile einer strengen Geheimhaltung. Aber so viel verratet Nezami dann doch: „Wir haben dazu ein innovatives Verfahren in zwei aufeinander folgenden Schritten entwickelt, das einerseits von der Formgebungsfreiheit des 3D-Drucks und andererseits von der Lastkraftfähigkeit des Carbons profitiert“, erklärt der Cikoni-Gründer.
Stand der Technik hinter sich lassen
Die Kombination aus geometrischer Freiheit und lokaler Faserverstärkung bieten ein riesiges Potenzial für den modernen Leichtbau. Denn Additive Fertigung ist heute schon weit mehr als nur „Rapid Prototyping“. Sie bietet zusammen mit dem Leichtbau vollständig neue Gestaltungsspielräume und ermöglicht gerade für kleine und mittlere Seriengrößen einen schnellen Start in den Markt. Gerade diese Hybridkonstruktionen aus Kunststoff und Kohlefaserverstärkung sind vor allem für den Rennsport interessant, da dort ein Maximum an Performance gefordert ist. Daraus entstehen ideale Kombinationen aus Werkstoffen, die ihre Schwächen gegenseitig aufheben und Stärken weitgehend nutzbar machen lassen. Gleichzeitig werden extrem hohe Leichtbaugrade erzielt. So wurde Cikoni im Bereich additiver Fertigung als Entwicklungsdienstleister mehrfach mit Innovationspreisen ausgezeichnet. „Unser primäres Ziel ist es, Strukturen zu entwickeln, die den Stand der Technik bewusst hinter sich lassen und das Innovationspotenzial der generativen Fertigung möglichst weitgehend ausschöpfen“, so Nezami.
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CFK-Leichtbau: Chancen für Gründer
Das Stuttgarter Start-up kann mit ihren strategischen Partnern im Leichtbau alle Leistungen der Wertschöpfungskette von der Beratung, Entwicklung, Konstruktion, Fertigung über Simulation und Machbarkeitsbewertung bis hin zum 3D-Druck und eigenen kostengünstigen Verfahrensentwicklungen für Sondermaschinen anbieten. „Wir gründeten unsere Firma, weil wir gesehen haben, dass das Gelingen eines Projekts oft davon abhängt, ob der Kunde alle Kompetenzen gebündelt aus einer Hand erhalten kann“, sagt Nezami. „Das Konzept hat sich in der Nische des Leichtbaus schnell bestätigt und birgt für uns große Potenziale.“ Dabei orientiert sich Cikoni an einer interdisziplinären und diversitären Innovationskultur. „Wir denken, Leichtbau setzt sich nur dort durch, wo er mehr bietet als reine Gewichtseinsparung“, so Nezami. So zieht Cikoni zum Beispiel frühzeitig Marketingexperten, Designer sowie anwendungsfallspezifische Experten mit ein. Auf diese Weise wollen sich die Gründer nicht nur technologisch, sondern auch durch ihren eigenen „Team-Spirit“ differenzieren. „Man muss vor allem über die richtige Portion Wagemut verfügen und neue Ideen auszuprobieren“, betont Nezami. „Gerade Carbon verlangt neben viel Tiefenverständnis für das Material auch viel Freiheit zum Experimentieren, um so neue und einzigartige Lösungen zu erhalten.“ Dazu werden natürlich keine vorgefertigten Maschinen eingekauft, sondern alle maschinellen Anlagen sind im Grunde Spezialentwicklungen.
Leichtbauregal für Mercedes-Benz
Ein Paradebeispiel für ein typisches Cikoni-Projekt mit einem kompletten Leistungsportfolio ist das CFK-Leichtbauregal für den auf vielen Messen vorgestellten Mercedes-Benz Vision Van. Hier vereint das Technologie-Start-up Bionik, Hightech-Materialien sowie zukunftweisendes Design für die moderne Logistik und denkt so den Prozess der Paketzustellung völlig neu an. Der Clou des Fahrzeugs ist das intelligente Laderaummanagement, wodurch sowohl die Beladung des Fahrzeugs am Logistikzentrum als auch die Auslieferung der Pakete an den Empfänger effizienter gestaltet werden kann. Mit diesem so genannten „One-Shot-Loading“ spart der Betreiber Zeit und Kosten bei der Beladung, da das Regalsystem vollständig bestückt in den Laderaum geschoben wird. Am Zustellungsort können die Pakete wiederum vollautomatisch entnommen werden. Dies reduziert wesentlich die Auslieferungszeit und steigert den Durchsatz pro Fahrzeug. Das von Cikoni entwickelte Leichtbauregal sichert die Ladung während der Fahrt, gibt die Ladungsträger am Zielort für die automatisierte Entnahme frei und ermöglicht durch integrierte Funktionselemente eine schnelle Beladung.
Leicht heißt nicht - leicht zu machen
Cikoni brachte hierfür seine Expertise für Multimaterial-Leichtbaulösungen von der Konzeption, der numerischen Optimierung und der Funktionsabsicherung über die Detailkonstruktion und FE-Berechnung bis zur einbaufertigen Lieferung des Regalsystems und der Ladungsträger ein. Der intelligente Materialmix aus Carbon, Aluminium und Sandwichbauweisen gewährleistet eine hohe Stabilität bei Bremsmanövern sowie Kurvenfahrten bei gleichzeitig deutlich geringem Eigengewicht. Integral gefertigte Auflagepunkte für die Ladungsträger mit integrierten Funktionsflächen zur Minimierung der Gleitreibung ermöglichen ein flexibles Beladungskonzept ohne zusätzliche Fügestellen.
Junger Markt mit viel Potenzial
Der Einsatz von Leichtbau- und Faserverbundlösungen sind in den verschiedenen Branchen häufig noch eine Kostenfrage. Da sie in der Regel auf fossilen Rohstoffen und aufwendiger manueller Arbeit basieren, ist deren Herstellung nach wie vor sehr teuer. Darum spielen sie in der kostengetriebenen Autoindustrie, abgesehen vom finanzstarken Rennsport, bislang nur eine untergeordnete Rolle. Wogegen Carbon im Sportartikelbereich Carbon häufiger zum Einsatz kommt als die Gewichtseinsparung es tatsächlich erfordert. „Wir gehen jetzt auch verstärkt den Markt des Maschinen- und Anlagenbaus an, verrät Nezami. „Denn mit den Verbundwerkstoffen kann man Maschinengeschwindigkeiten oder Schwingungseigenschaften sehr gut in den Griff kriegen kann. Hier spielt natürlich Geld ebenso eine tragende Rolle, aber man ist es dort eher gewöhnt, Lösungen ‚von der Stange‘ zu entwickeln und größere Potenziale eröffnen sich.“ Der Leichtbau-Markt ist allgemein noch sehr jung und in der Raumfahrt, wo das Material in Vergangenheit erstmals eingesetzt wurde, hat niemand darüber nachgedacht, dass man Carbon auch wesentlich günstiger herstellen kann. Manche Marktauguren glauben, dass sich der Preis langfristig um Faktor 2 bis 5 senken würde. Vor allem der hybride Bereich soll für große Veränderungen sorgen.