Quantentechnologien Made in Austria : Wie das AIT Umsetzungsinitiativen für ein sicheres vernetztes Europa koordiniert
Für Österreich unterzeichnete Magnus Brunner, Staatssekretär im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobllität, Innovation und Technologie (BMK) Ende Februar 2020 in Brüssel die „EuroQCI Declaration“. Mit der Unterzeichnung dieser Europäischen Quantum Communication Infrastructure Initiative bekräftigten mittlerweile 24 Mitgliedsländer der EU die Absicht, in den nächsten 10 Jahren einen europäischen Cyber-Schutzschild auf Basis einer Quantenkommunikations-Infrastruktur zu errichten. Unter dem Titel „Open European Quantum Key Distribution Testbed“ (OPENQKD) leitet das AIT seit September 2019 das erste europäische Pilotprojekt im Rahmen der EuroQCI-Initiative, das sich mit der Realisierung eines sicheren vernetzten Europas durch Quantenverschlüsselung beschäftigt.
Das in langjähriger Forschung am AIT gesammelte Know-how fließt in diesem Kontext auch zentral in die im Februar 2020 gestartete erste europäische Studie „QCI4EU“ ein. Ziel dieser Studie ist es, die Benutzeranforderungen und Anwendungsfälle, die die Entwicklung der EuroQCI vorantreiben werden, in enger Zusammenarbeit mit den teilnehmenden Mitgliedsstaaten zu spezifizieren. Darauf aufbauend wird eine übergreifende Systemarchitektur für EuroQCI ausgearbeitet, die sich aus weltraumgestützten und terrestrischen Lösungen zusammensetzt, die "secure by design" sind und die gesamte Europäische Union abdecken. Das Ziel von EuroQCI ist es, die Übertragung und Speicherung von Informationen und Daten auf ultra-sichere Weise zu ermöglichen und kritische öffentliche Kommunikationsmittel in der gesamten Union miteinander zu verbinden.
OPENQKD: Sicheres vernetztes Europa durch Quantenverschlüsselung
Im September 2019 startete die EU das für 3 Jahre anberaumte und mit 15 Millionen Euro geförderte Horizon 2020-Projekt „OPENQKD“, deren Ergebnisse in die EuroQCI Initiative einfließen. Das vom AIT geführte Konsortium umfasst 38 Partner aus 9 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, UK, Schweiz, Bosnien und Herzegowina und Israel und deckt mit seiner Zusammensetzung aus Herstellern, Netzwerkbetreibern, Systemintegratoren, KMUs, Forschungseinrichtungen, Universitäten, Zertifizierungs- und Standardisierungsstellen sowie Endanwendern ein sehr breites Kompetenzfeld ab. Mit dem Ziel, ein sicheres Netzwerk für Quantenkommunikation in Europa aufzubauen und damit ein europäisches Ökosystem für Quantentechnologie-Anbieter und Applikationsentwickler auf den Weg bringen, wird die Entwicklung verschiedener Demonstratoren und künftiger Anwendungen vorangetrieben. Das umfasst z.B. gesicherten Datenverkehr über Telekommunikationsnetze sowie eine entsprechende Speicherung in Cloud-Infrastrukturen, den Schutz sensibler medizinischer Informationen oder Daten der Behördenkommunikation sowie eine gesicherte Übertragung von Kontroll- und Steuerungssignale beim Betrieb von kritischer Infrastruktur (Telekommunikationsnetzwerke, Energieversorgung). Auf diese Weise soll die digitale europäische Datenwirtschaft gegenüber heutigen und künftigen Bedrohungsszenarien beispielsweise durch Quantencomputer und somit die strategische Autonomie Europas im digitalen Zeitalter sichergestellt werden.
"Quantum Flagship" Projekte UNIQORN und CiVIQ
Das „Quantum Flagship“-Programm gehört zu den größten Initiativen der Europäischen Kommission und wurde 2018 mit einem Zeitrahmen von 10 Jahren und einem Fördervolumen von 1 Milliarde Euro gestartet. Zu den Zielen gehört u.a. die Entwicklung einer wettbewerbsfähigen europäischen Quantentechnologie-Industrie und die Etablierung Europas als dynamische und attraktive Region für Quantenforschung.
Mit dem Projekt UNIQORN (Affordable Quantum Communication for Everyone: Revolutionizing the Quantum Ecosystem from Fabrication to Application) leitet das AIT mit 17 Partnern aus Europa eine innovative benutzerorientierte Pionierforschung, um über den Einsatz photonischer Technologien eine Miniaturisierung von Quantenapplikationen in Richtung System-on-Chip-Lösungen einzuläuten. Dadurch soll Quantentechnologie kostenoptimiert für die Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere für die Generierung echter Zufallszahlen (und damit eine hochsichere Schlüsselverteilung) wird das Projekt mit der Realisierung von spezialisierten quantenoptischen Quellen, miniaturisierten QKD-Sendeeinheiten und -Detektortechnoloigen auf massentauglichen Fertigungsplattformen wichtige Impulse und Durchbrüche liefern.
Im Rahmen des Projekts CiVIQ steht die kosteneffiziente Integration von Technologien der Quantenkommunikation in aufkommende optische Telekommunikationsnetze im Mittelpunkt der Forschung. Insgesamt 21 Partner, darunter führende Telecoms, Integratoren und Entwickler von QKD, arbeiten an modernsten flexiblen und kostengünstigen Systemen zur Quantenschlüsselverteilung (QKD) sowie an neuen quantenkryptographischen Systemen und Protokollen. Konsument*innen, Industrie und Institutionen sollen in Zukunft innovative Dienstleistungen angeboten werden können, welche den Bedürfnissen eines sicheren Telekommunikationsmarktes gerecht werden. Das AIT entwickelt in diesem Projekt QKD-Prototypen und spezialisierte Software für den Feldeinsatz.
QUARTZ: Quantenverschlüsselung über Satelliten
Seit 2018 ist das AIT auch maßgeblich an dem von SES, dem weltweit führenden Satellitenbetreiber, koordinierten Konsortium zur Entwicklung eines satellitengestützten Cybersecurity-Systems auf Basis von Quantenverschlüsselung beteiligt. Das Projekt QUARTZ (Quantum Cryptography Telecommunication System) wird von der Europäischen Weltraumorganisation ESA unterstützt. Dem QUARTZ-Konsortium gehören neben dem AIT und dem Projektkoordinator SES auch 8 weitere renommierte Forschungseinrichtungen, Universitäten und Firmen an. Gemeinsam wird bis 2021 daran gearbeitet, die Verteilung sicherer Schlüssel zwischen optischen terrestrischen Bodenstationen, die alle über Quantenverbindungen mit einem Quantensatelliten verbunden sind, zu konzipieren und erste Soft- und Hardware-Komponenten zu entwickeln. Denn mit der unbegrenzten Abdeckung durch Satelliten können die heute bestehenden Beschränkungen glasfaserbasierter QKD-Systeme mit Übertragungsreichweiten von wenigen hundert Kilometern überwunden und ein global verfügbares Cybersecurity-System auch für Netze in entlegenen Regionen verfügbar gemacht werden.