Forschungsquote : Wer sind die Forschungskaiser Oberösterreichs?

Die Digitalisierungswelle ist längst über die Industrielandschaft geschwappt und hat zahlreiche alte Strukturen mit sich gerissen. Oö. Unternehmen stehen nun vor der Herausforderung, sich in Sachen Innovationen hervorzuheben, um sich in der nationalen und internationalen Wettbewerbsfähigkeit einen Platz an der Spitze zu sichern.
„Ohne die Forschungs- und Innovationskraft unserer Unternehmen könnte OÖ mit den anderen Bundesländern im Bereich F&E nicht so stark mithalten. Darum war es uns wichtig, einige dieser engagierten Betriebe näher vorzustellen“, untermauert Industrieobmann Günter Rübig und fährt fort: „Mit einer F&E-Quote von 3,17 Prozent im Jahr 2014 ist OÖ sicher auf einem erfolgreichen Weg.“ Im Vergleich zu anderen industriestarken Regionen wie beispielsweise Baden-Württemberg mit einer F&E-Quote von 4,8 Prozent bestehe jedoch noch einiges an Aufholbedarf, wirft der Spartenobmann ein. OÖ liegt im Bundesländervergleich mit einer 3,17-prozentigen F&E-Quote auf Platz drei hinter der Steiermark (4,81 Prozent) und Wien (3,55 Prozent) und damit deutlich über dem Österreich- (2,97 Prozent) und EU-Schnitt. Das entspricht einer Steigerung von 41 Prozent seit dem Jahr 2009.
Selbst finanzierte F&E
„Dieses Ergebnis ist maßgeblich auf die Forschungsintensität der oö. Unternehmen zurückzuführen“, betont Rübig. Beachtliche Dreiviertel der Ausgaben für F&E werden von den Unternehmen finanziert, lediglich 18 Prozent durch den öffentlichen Sektor. „Somit ist OÖ im Bundesländervergleich im Unternehmenssektor führend, im Bereich des öffentlichen Sektors schlagen wir uns nach Wien, der Steiermark und Tirol auf dem vierten Platz herum“, kritisiert der Spartenobmann.
Während im Bereich der Grundlagenforschung OÖ mit 10,1 Prozent auf Platz 6 rangiert, hat sich der Anteil der Angewandten Forschung zwischen 2011 und 2013 um 1,9 Prozentpunkte erhöht und damit stärker als in der Steiermark (+1,5 Prozentpunkte) und Österreich insgesamt (+0,4 Prozentpunkte). Der 6. Platz im Bereich Grundlagenforschung lässt sich dadurch erklären, dass der Anteil der Grundlagenforschung in jenen Bundesländern höher ist, die über große Universitäten verfügen. Österreich wird seine Ausgaben für F&E gemäß der Globalschätzung 2016 von Statistik Austria auf 10,74 Mrd. Euro steigern. Das entspricht einem geschätzten Plus von 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2016 wird bereits zum dritten Mal in Folge eine Forschungsquote von über 3 Prozent erreicht.
Steigerung der Quote ist Ziel
Um langfristig im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, setzt sich OÖ ein klares Ziel: eine F&E-Quote von 4 Prozent bis 2020. „Diese zu erreichen ist machbar – von Seiten der Unternehmen sind die Signale positiv –, aber dazu braucht es vor allem eine Steigerung der Forschungsausgaben im öffentlichen Bereich, vorrangig eine Steigerung der Budgets bei den universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie zusätzlich 1500 Mitarbeiter im F&E-Bereich bis 2020 in OÖ“, betont Rübig.
Einer der Gründe, dass OÖ in der Finanzierung durch den öffentlichen Sektor hintenansteht, liegt für den Spartenobmann u.a. in der verhältnismäßig jungen Universität. „Die Forschung an der JKU ist zum Teil exzellent, aber gegenüber den ‚altehrwürdigen‘ TUs in Wien und Graz zu wenig sichtbar.“
Ausbau der Universitäten
Um Forschungsaspekte der Universitäten mehr hervorzuheben, fordert die Sparte Industrie den Ausbau der JKU sowie der FH OÖ. „Der von Rektor Lukas vorangetriebene Bereich Produktionsforschung ist aus Sicht der Industrie genau der richtige Ansatz. In diesem Bereich sind unsere Unternehmen stark, hier können Projekte in Kooperation entstehen und genau dafür werden wir dringend Mitarbeiter für unsere F&E-Abteilungen brauchen.“ Das LIT (Linz Institute of Technology) ist dazu ein wichtiger Vorstoß.
Forschungskaiser 1: RO-RA geht den Weg anders, um Kunden Mehrwert zu liefern
Mit einem Umsatz von rund 31 Mio. Euro im heurigen Geschäftsjahr blickt der Schörflinger Spezialist für Luftfahrtsysteme und -komponenten RO-RA positiv in die Zukunft. Ziel sei es laut Geschäftsführer Markus Kreisle, den Jahresumsatz bis 2020 auf 100 Mio. Euro zu steigern. Hierbei setzt das Unternehmen auf intensive F&E, um sich von anderen abzugrenzen und seinen Kunden nachhaltigen Mehrwert zu liefern.
Die Entwicklungskompetenz von RO-RA umfasst Leistungen von der Konzeptentwicklung bis hin zur kompletten Qualifizierung und Produktion der Bauteile. „Prozesstechnische Weiterentwicklung, sprich, der richtige Umgang mit dem Werkzeug ist das A und O, dahinter steckt extrem viel Know-how“, betont Kreisle. Es sei wichtig, in anderen Bahnen zu denken. So entwickelte das Unternehmen beispielsweise „interior rods“ mit einem speziellen Innenratschensystem, das die Montage der Kabine in zwei Wochen ermöglicht, wofür man zuvor die dreifache Zeit benötigt hätte.
Forschungskaiser 2: Tiger Coatings mit „Blue Ocean Strategy“ zum weltweiten Erfolg
Tiger Coatings aus Wels zählt mit seinen 1300 Mitarbeitern zu den weltweit größten Pulverlackherstellern und setzt hierbei auf eine starke F&E-Strategie.
In den drei Forschungszentren in Wels, Taicang (China) und Chicago (USA) widmen sich rund 140 Chemiker und Ingenieure, und somit 12 Prozent der Mitarbeiter weltweit, ausschließlich dem Thema der Oberflächenveredlung.
„Der ‚Blue Ocean Strategy‘ (symbolisierend für einen unberührten Markt) folgend, forschen wir seit einigen Jahren im Bereich des industriellen Digitaldrucks, 3D-Drucks, 3D-Metallic-Effekte und Niedertemperatursysteme“, sagt Geschäftsführer Clemens Steiner. So brachte das Unternehmen heuer eine neue Generation von Metalleffektlacken auf den Markt. „Beide Pulverlacksysteme werden hintereinander aufgetragen und anschließend einmal eingebrannt, sodass beide Lacksysteme gut ineinander verlaufen“, erläutert Carsten Herzhoff, Global Technical Director bei Tiger Coatings. Am Standort werden eigene Harze hergestellt, die zur Lackproduktion benötigt werden. „Dadurch unterscheiden wir uns vom Wettbewerb“, freut sich Steiner.
Forschungskaiser 3: Sauberes Wasser von BWT durch ständige Innovationen
BWT, der Spezialist für Wasseraufbereitung mit Sitz in Mondsee, erwirtschaftete im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 535 Mio. Euro, beschäftigt weltweit über 3300 Mitarbeiter und verfügt über fünf F&E-Zentren sowie fünf Produktionsstandorte. „F&E ist ein wichtiger Teil für unseren internationalen Erfolg“, betont Geschäftsführer Lutz Hübner.
Momentan arbeiten 114 Mitarbeiter in den F&E-Zentren in Österreich, Schweiz, Deutschland, Frankreich und Russland. 2015 wurden 10,6 Mio. Euro in die Forschung investiert. „Neben Point-of-Entry-Produkten, sprich, alles was in der Gebäudetechnik zum Einsatz kommt, liegt unser Schwerpunkt im Forschungsbereich auf Point-of-Use-Artikeln. Dieser Bereich bezieht sich auf das Wasser, das direkt vom Hahn abgezapft wird“, sagt Hübner.
Das Produktportfolio beinhaltet neben Filtersystemen für Küche und Bad, Haus- Gebäude- und Industrietechnik auch Schwimmbadtechnik sowie Hotellerie, Gastronomie und Vending. Eine Herausforderung sei die Schadstoffreduzierung, da Hormone und Antibiotika von Lebensmitteln, Microplastics, Süßstoffe und Düngemittel aus dem Wasser gefiltert werden müssen.