ASI : Wer die Standards setzt ...

90 Jahre ASI
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Wer kennt sie nicht – die oftmals kuriosen Geschichten über Normen – wie jene von der exakten Krümmung der Gurke. Sie wird zumeist einer angeblich vorhandenen Regulierungswut der EU zugeschrieben. Schon weniger bekannt ist die Tatsache, dass die meisten der 36 Normen für Obst und Gemüse (zu der auch die Gurkenkrümmung gehört) von den Mitgliedsstaaten durchaus gewünscht ist. Eine Streichung wird derzeit abgelehnt.

Was das mit dem Austrian Standards Institute zu tun hat? Viele Vorurteile bekommen die Vertreter der kürzlich 90 Jahre alt gewordenen Organisation immer wieder zu hören. Zu behäbig, zu anonym, zu weltfremd? „Es ist mit ein Anliegen, mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass Normen von oben bestimmt und unter Ausschluss der Öffentlichkeit gemacht werden“, erklärte Walter Barfuß, Präsident des ASI, im Rahmen eines Festaktes zum Jubiläum in Wien. „Normen kommen aus dem Leben und werden von jenen gemacht, die sie brauchen und anschließend auch in der Praxis verwenden. Normen entstehen immer aus einem konkreten Bedürfnis, aus dem Bedarf nach einer Regelung.“

2.000 Normen pro Jahr.

Das Austrian Standards Institute managt 5.880 ExpertInnen aus den verschiedensten Fachbereichen, die an der Entwicklung von etwa 2.000 Normen jährlich mitwirken. Das Institut selbst versteht sich dabei als neutrale Dienstleistungsorganisation, welche die Infrastruktur für die Entwicklung der Normen zur Verfügung stellt und darauf achtet, das die jeweiligen Verfahren, die zu einer Norm führen, auch transparent und nachvollziehbar sind. „Austrian Standards ist keine Behörde. Wir gehören uns selbst“, stellte Barfuß ein weiteres Missverständnis richtig. 90 Prozent der Finanzen kommen aus Eigenmitteln, lediglich zehn Prozent aus Förderungen. Für die Teilnehmer ist die Mitwirkung am Normungsprozess in Österreich (im Gegensatz zu anderen Ländern) kostenlos.

Wichtiger Wirtschaftsmotor.

„Normen sind ein gewichtiger Wirtschaftsmotor und nutzen Unternehmen, Staat und Volkswirtschaft“, führte Gerhard Hartmann anlässlich einer Presskonferenz zu den wirtschaftlichen Aspekten aus. „Internationale Studien belegen, dass Normen rund 25 Prozent zum Wirtschaftswachstum beitragen. Das bedeutet für Osterreich jährlich einen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt von einem Prozent – also rund zwei Milliarden Euro.“

Jeder Euro der in die Normung investiert wird, bringt laut Hartmann den 40fachen Ertrag und sichert damit auch den Wirtschaftsstandort Österreich ab. Hartmann: „Für Unternehmen schaffen Normen Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln in einem transparenten Umfeld.“ Sie würden überdies auch die Eintrittskosten in einen Markt senken. Ohne Normen sei der Binnenmarkt, wie wir ihn heute kennen nicht denkbar, da nur auf diese Weise unterschiedliche nationale Anforderungen und Nachweisverfahren beseitigt werden können.

Österreich und die Welt.

Gegründet wurde das ASI übrigens 1920 als „Österreichischer Normenausschuss für Industrie und Gewerbe“ (N.I.G.). Der neue Name existiert erst seit Mitte 2009. Er macht die wachsende internationale Orientierung des Instituts deutlich. Über Austrian Standards sind heimische Experten an der Europäischen (EN) und Internationalen Normung (ISO) beteiligt. „Wir sehen unseren Beitrag darin, das System kontinuierlich zu verbessern und so einen wertvollen Beitrag für die Weiterentwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft zu leisten“, sagte Elisabeth Stampfl-Blaha zur Vorreiterrolle des ASI im europäischen und internationalen Kontext. „Österreichische Experten arbeiten in mehr als 80 Prozent der europäischen und internationalen Technischen Komitees bei CEN und ISO mit. Damit hat Österreich mehr Einfluss auf den Inhalt der Normen, als es seiner Größe entspricht.“

Anfang Juni wurde Stampfl-Blaha übrigens zum wiederholten Mal einstimmig in den Verwaltungsrat, das oberste Lenkungsgremium des Europäischen Komitees für Normung CEN, gewählt.

Die Trends der Normen.

Die Normen selbst sind übrigens – im Gegensatz zu einem zeitlosen Grundwert, den man laut Walter Barfuß über die Jahrzehnte bewahren konnte – keineswegs unveränderlich. Sie würden aufgrund der wachsenden Globalisierung immer internationaler. „Der Bedarf an Normung im Bereich Dienstleistungen steigt“, erklärte Elisabeth Stamfpl-Blaha. „Bedingt durch den technischen Fortschritt und kürzere Produktzyklen wird der Normungsprozess schneller. Normen werden zunehmend Teil einer Unternehmensstrategie, auch von Klein- und Mittelbetrieben, sein.“ Gerade bei der Einbindung von KMUs und ihrer Sachkenntnis in die praktische Normungsarbeit liege das Austrian Standards Institute im Spitzenfeld, lobte EU-Experte Christian Weinberger, in der Generaldirektion Unternehmen und Industrie der Europäischen Kommission zuständig für Entrepreneurship und KMU-Politik.