Distribution : Welche neuen Geschäfte Bürklin Elektronik verfolgt

Alfred Lipp Bürklin Elektronik
© Bürklin Elektronik

Herr Lipp, mit welchen Strategien schafft es Bürklin Elektronik, sich vom Mitbewerb zu unterscheiden?

Alfred Lipp: Wir haben im Laufe der Jahre festgestellt, dass immer mehr unserer Kunden aus dem Bereich Industrieautomatisierung und Prozesstechnologie kommen. Daher haben wir uns dazu entschlossen, unser Sortiment anzupassen und von ca. 75.000 Artikeln auf mittlerweile 1,5 Millionen ausgeweitet. Ca. 400.000 Artikel sind bei uns ständig verfügbar. Damit kommen wir den geänderten Einkaufsweisen der Abnehmer entgegen.

Wie lange dauert es, bis die Ware beim Kunden ist?

Lipp: Wir stellen sicher, dass die Ware am nächsten Tag beim Kunden im Haus ist. Wenn es ganz eilig ist, dann auch am selben Tag. Die Artikel können noch in derselben Stunde rausgehen, wenn es wirklich brennt. Vor allem in der Instandhaltung wird das sogar sehr häufig in Anspruch genommen.

Hat Bürklin Elektronik Mitbewerber, wie etwa Automation24, und deren Online Only-Strategie im Auge? Wie begegnet man diesem Angebot?

Lipp: Wir beobachten das sehr genau. Wir haben, zum Beispiel, ein großes Investment getätigt in den Bereich E-Commerce, mit dem wir bei allen elektronischen Plattformen gelistet sind.

Stimmt es, dass Sie gerade an einer eigenen Plattform arbeiten?

Lipp: Ja, diese ist gerade im Aufbau. Wir sehen das als eine zusätzliche Informations- und Beschaffungsquelle für die Kunden. Bedingt durch die Komplexität denken wir, dass das die Richtung ist, wo der Markt hingeht.

Das Beratungsgeschäft ist bei Ihnen hoch im Kurs. Leisten Sie hier mehr als Ihr Mitbewerb?

Lipp: Durch unser Beratungsgeschäft versuchen wir uns von unserem Mitbewerb zu differenzieren. Alles rein online anzubieten, halte ich nicht für den besten Weg.

Standardprodukte brauchen aber keine Beratung.

Lipp: Nein, aber in vielen Fällen werden Standardprodukte unterschätzt, da sie schlussendlich doch beratungsintensiver sind als zu Anfang gedacht. Da müssen Kunden manchmal ein bisschen abgeholt werden.

Bürklin Elektronik hat umfangreiche Leistungs- und Lieferversprechen für Maschinen- und Anlagenbauer. Dazu gehört auch die Möglichkeit zur Lagerung der Bauteile für Serienfertiger. Greifen viele Kunden auf dieses Angebot zurück?

Lipp: Ja, ein Großteil unserer Kunden greift auf dieses Angebot zurück.

Ein lukratives Geschäft?

Lipp: Nein, eigentlich nicht, weil wir hier keine Extragebühr für diesen Service verlangen.

Ungewöhnlich großzügig. Ist Bürklin Elektronik wohltätig?

Lipp: Nein (lacht). Im Regelfall ist es so, dass wir mit dem Kunden vereinbaren, dass wir 20 bis 25 Prozent des Jahresbedarfs immer am Lager vorrätig haben, um die Produktionsschwankungen auszugleichen. Das hängt damit zusammen, dass unsere Kunden immer relativ volle Auftragsbücher haben. Da die Produktionszyklen immer kürzer werden, brauchen unsere Kunden auch die Teile schneller. Indem wir diesen Lagerbestand führen, können wir die Spitzen ausgleichen. Wir sehen uns hier als verlängerter Arm des Herstellers. Wir bauen die Puffer auf, die die Hersteller so nicht haben.

Warum sorgt der Hersteller nicht selber für die Puffer?

Lipp: Die Hersteller haben die Lagerbestände weitgehend reduziert und produzieren mehr auf back to back-Bestellungen. Da kommen wir ins Spiel mit unserer klassischen Aufgabe, wie sie Distributoren eigentlich immer schon hatten.

Übernimmt Bürklin Elektronik dann auch die Logistik?

Lipp: Wir haben Kunden, wo wir die komplette Logistik übernehmen, wobei die meisten immer noch selbst organisieren. Vor allem im Ausland, denn dort sorgen sehr große Speditionsketten für diesen Service. In Deutschland, Österreich und der Schweiz übernehmen wir aber bereits sehr viel in der Logistik.

Wie entwickelt sich Ihr Geschäft mit den 3D-Druckern?

Lipp: Relativ stabil. Aber nicht so überproportional, wie wir uns erhofft hatten. Was sich aber bei uns sehr gut entwickelt hat, ist der 3D-Service. Sprich, wenn Kunden Dateien zu uns schicken und wir dann die entsprechenden Bauteile drucken und dann liefern. Das hat sich bei uns schneller entwickelt als der eigentliche 3D-Drucker-Verkauf.

Hat Sie das überrascht?

Lipp: Ja. Dementsprechend haben wir unser Angebot angepasst. Wir haben das Angebot an 3D-Druckern reduziert und konzentrieren uns mehr auf den Service.

Woher kommen die Kunden für den 3D-Druck als Dienstleistung?

Lipp: Eigentlich quer durch die Bank. Aus Luft- und Raumfahrt über die Getränkeindustrie.

Kann das als neues Standbein des Unternehmens bezeichnet werden?

Lipp: Für uns ist es kein tragendes Element. Es hat sich nicht so entwickelt, dass es jetzt ein Bereich wäre, wo wir extreme Zuwachsraten erwarten würden. Wir wachsen überproportional im Automatisierungsbereich, mit den Komponenten und sonstigen Serviceleistungen. Der 3D-Druck ist da ein kleiner Bestandteil des Ganzen, eher ein Zusatzangebot.

Danke für das Gespräch! Das Gespräch führte Edeltraud Günthör.