Unternehmensportrait : Was Franz Kessler zum Spindel-Marktführer macht
Die genaue Zahl kennt niemand. Sie ist auch nicht leicht zu erheben. Doch unter Branchenkennern wird gerne kolportiert: Zumindest in jeder zweiten Werkzeugmaschine, die auf den deutschen Markt kommt, sind Spindeln des baden-württembergischen Spezialisten Franz Kessler verbaut.
In Bad Buchau, dem Unternehmenssitz, quittiert man solche, auch von der Fachpresse immer wieder zitierten Superlative, mit nobler Zurückhaltung. Ganz falsch wird das schon nicht sein, ist auf Nachfrage zu erfahren. Mehr wolle man aber dazu nicht sagen. Wie auch sonst das heute rund 800 Mitarbeiter starke Unternehmen, eher darauf setzt, durch die Qualität seiner Produkte zu überzeugen, denn durch grelles Marketing.
Dabei hätte man so manches zu bewerben, etwa die aktuelle Digitalisierungsoffensive und das auf Automatisierung abgestellte Qualitätssicherungsprogramm, das Kessler zu seinem Ruf als zuverlässigster Spindelproduzent in ganz Europa verholfen hat. Rund 10.000 Spindeln produziert Kessler pro Jahr. Einer der bekanntesten Abnehmer ist sicherlich Branchenschwergewicht und Werkzeugmaschinenbauer DMG Mori. Angesichts der unzähligen Sonderanfertigungen, die das Unternehmen dabei herstellt, ist die automatisierte Prüfung auch datentechnisch eine Riesenanforderung.
Erfolgskonzept Modularität
Doch Flexibilität und die Fähigkeit, für jeden Einsatzzweck genau die richtige Spindel liefern zu können, hat das Unternehmen über die Jahre stark gemacht. Als ein Leuchtturmprojekt der letzten Jahre gilt unternehmenssintern daher die Entwicklung eines modularen Aufbaus von Spindeln, die hinsichtlich der Einbaulage, des Motors, der Drehzahl, der Lagerung, der Schmierung und der Sensorik individuell konfigurierbar sind und so exakt auf eine konkrete Branche und Anwendung abgestimmt werden können. Modularität prägt das Angebot des Unternehmens aber auch im Bereich der Systemtechnik mit den modularen Zwei-Achs-Köpfen und den modularen Dreh-Schwenktischen. Letztere versorgen zum Beispiel igus-Leitungen mit Energie und Signalen und sorgen damit für eine hohe Lebensdauer und Ausfallsicherheit.
So modern die Produktpalette, so unaufgeregt bleibt indessen der Auftritt nach außen: Fachmessen beschicken, hin und wieder eine Kooperation mit einem Top-Hersteller bekanntgeben oder seltene Großevents wie die Eröffnung von Kessler Ost mit Sitz in Moskau verkünden, das sind die seltenen Anlässe, zu denen die Marketingabteilung des Unternehmens auch einmal etwas lauter ans Werk geht.
Sonst bleibt man aber auch fast hundert Jahre nach der Gründung der Firma dem Ethos des bescheidenen und ehrlichen deutschen Kaufmanns treu. In ihrer Imagebroschüre drückt die Franz Kessler GmbH daher bis heute als Motto ein Zitat aus dem deutschen Grundgesetz ab: „Eigentum verpflichtet – sein Gebrauch soll gleichzeitig dem Wohl der Allgemeinheit dienen“. Was nicht gerade nach entfesseltem Globalisierungs-Kapitalismus klingt.
Dabei ist die Franz Kessler GmbH ein Global Player, der als ganzheitlicher Systemlieferant inzwischen längst weltweit gefragt ist. Niederlassungen und Töchter in den USA, China, Taiwan und der Russischen Föderation zeugen davon. Die als Schlüsselfaktor für den Erfolg des Unternehmens oft genannte interne Ausbildung wird derzeit übrigens gerade an diesen internationalen Standorten besonders stark forciert. (red)
Wie viel Umsatz macht Kessler?
Umsatz 1999 – 21 Millionen Euro
Umsatz 2006 – 62 Millionen Euro
Umsatz 2007 – 84 Millionen Euro
Umsatz 2008 – 100 Millionen Euro
Umsatz 2009 – 50 Millionen Euro
Umsatz 2010 – 60 Millionen Euro
Umsatz 2011 – 100 Millionen Euro
Umsatz 2013 – 115 Millionen Euro
Umsatz 2015 – 123 Millionen Euro
Umsatz 2016 – 130 Millionen Euro
Wo ist Kessler zu Hause?
Deutschland: Franz Kessler GmbH, Bad Buchau & Kessler energy GmbH, Bad Buchau
Russland: Kessler East Ltd., Moskau
USA: Kessler USA Inc., Plymouth
Taiwan: Kessler Taiwan Co., Ltd., Guishan Township, Taoyuan County
China: Kessler (Shanghai) Spindle Service co., Ltd., Shanghai, China
Wem gehört Franz Kessler?
Komplementär der Franz Kessler KG ist die Franz Kessler Gemeinnützige Stiftungsgesellschaft. Ihre Gründungsgeschichte würde man heute als ein Lehrbeispiel für nachhaltiges Unternehmertum bezeichnen. Elfriede Petschel, die Tochter des 1971 verstorbenen Firmenvaters gründete die Stiftung in den letzten Jahren ihres Lebens. Gezeichnet von schwerer Krankheit war ihr Wille, dass die Stiftung Heime für geistig und körperlich behinderte Kinder unterstützt. Gleichzeitig sah sie in der Konstruktion auch die nötige Stabilität, um den Fortbestand des Familienbetriebes zu sichern.