Bionik : Von der Natur beflügelt

Eigentümliche Flugobjekte surrten am Festo-Stand der Hannover Messe. Der Erfinder der Ventilinsel lässt es sich nicht nehmen und versetzt die Welt wieder einmal in Staunen. Objekt der Faszination ist der „BionicOpter“, eine technische Umsetzung der Libelle.
Für innovative Techniker ist gerade der Festo-Stand immer Pflicht. Der Automatisierungsspezialist hat sich schon lange der Kunst der Bionik verschrieben. Mit viel Versuch und Irrtum schaffen es die Ingenieure den Geheimnissen der Natur auf die Schliche zu kommen und diese technisch umzusetzen. „Es lohnt sich, der Natur auf die Finger zu schauen“ weiß auch Wolfgang Keiner, Geschäftsführer Festo Österreich, über den Ideenschatz aus Mutter Natur. „Im Laufe der Evolution hat diese viele Herausforderungen gelöst, über die Techniker schon lange nachdenken“, erklärt er weiter. Ältestes und bekanntestes Beispiel ist Leonardo da Vincis Idee den Vogelflug auf Flugmaschinen zu übertragen. Mit dem „SmartBird“ ist das Festo erstmals gelungen. Einer der ältesten Menschheitsträume – der Vogelflug - wurde damit entschlüsselt. Der von der Silbermöwe inspirierte, bionische Technologieträger kann von selbst starten, fliegen und landen – ohne zusätzlichen Antrieb.
Jungfernflug auf der Hannover Messe.
Jetzt wagten sich die Schwaben noch einen Schritt weiter. Seit jeher begeistern Libellen durch ihre kunstvollen Flugmanöver. Mit dem Hubschrauber hat der Mensch das erste Mal versucht, dieser Kunst des Fliegens etwas näher zu kommen. Jedoch ist und bleibt das Insekt ungeschlagen. Libellen können – ohne die eigene Lage zu verändern – durch Veränderung des Flügelschlags in alle Richtungen manövrieren, auf der Stelle fliegen oder ganz ohne Flügelschlag segeln. Das sind mehr Flugzustände als Hubschrauber, Motor- und Segelflugzeug zusammen schaffen könnten. Keine leichte Aufgabe derer sich das Familienunternehmen Festo aus Esslingen da angenommen hat. Aber der Forschungsverbund „Bionic Learning Network“ schaffte den Durchbruch. Pünktlich zur Hannover Messe startete der BionicOpter in seinen Jungfernflug. Leider nur kurz. Schuld daran waren Störsender der Delegation Putins, von denen die schwäbischen Tüftler nichts wussten.
Mehr Info und weitere Projekte auf Seite 2: Smarte Steuerung.
Bei einer Spannweite von 63 cm und einer Körperlänge von 44 cm wiegt die künstliche Libelle lediglich 175 Gramm. Die Flügelkonstruktion besteht aus einem Kohlefaserrahmen und einer dünnen Folienbespannung. Die Struktur ist aus elastischem Polyamid. Sie macht das Gesamtsystem flexibel, ultraleicht und dennoch robust. Im kleinen Brustkorb sind die Batterie, neun Servomotoren und ein leistungsstarker Mikrocontroller auf engstem Raum verbaut.
Smarte Steuerung.
Auf und ab, vorwärts, rückwärts und zur Seite: Mit seiner Schlagflügelkonstruktion kann der BionicOpter in alle Raumrichtungen fliegen und wie ein Hubschrauber auf der Stelle schweben. Im Gegensatz zu einem Helikopter muss die eigenstartfähige Libelle jedoch nicht nach vorne kippen, um gleichzeitig Vorwärtsschub zu erzeugen. Dadurch kann sie auch horizontal fliegen und wie ein Segelflugzeug gleiten. All diese Manöver lassen sich einfach per Smartphone ausführen. Die Fernsteuerung überträgt dabei lediglich die Signale, in welche Richtung sich das Objekt mit welcher Geschwindigkeit bewegen soll. Um das Flugobjekt zu stabilisieren, werden während des Flugs permanent die Daten von Flügelposition und Flügeldrehung in Echtzeit erfasst und ausgewertet.
Ein weiteres Highlight des Bionic Learning Network ist der „LearningGripper“. Ein innovativer Greifer, der selbstständig lernt eine Kugel so zu orientieren, dass ihre richtige Seite oben liegt. Der LearningGripper entspricht in abstrahierter Weise der menschlichen Hand. Die vier Finger des Greifers werden von zwölf pneumatischen Balgaktoren angetrieben. Mittels Machine-Learning-Verfahren ist er in der Lage, eine komplexe Handlung wie das Greifen und Orientieren eines Gegenstands selbst zu erlernen.
Transportieren und sortieren.
Eine weitere innovative Idee, das Befördern und Sortieren in einem verknüpft, hat Festo mit WaveHandling, einem pneumatischen Förderband aufgegriffen. Dabei werden Gegenstände gezielt transportiert und gleichzeitig sortiert. Eine Vielzahl von Balgmodulen verformt dabei die Oberfläche so, dass die Objekte durch eine Wellenbewegung zielgerichtet befördert werden. Die einzelnen Module lassen sich beliebig zusammenstecken und konfigurieren sich selbst. Das System ist damit schnell und ohne Programmieraufwand in den unterschiedlichsten Anordnungen einsatzbereit.