3D-Druck : "Viele verschanzen sich hinter falschen Kritikpunkten."

Herr Tröster, als Sie 2004 in den Markt mit 3D-Druck einstiegen, haben Sie behauptet, dass fünf Jahre später also quasi heute jedes technische Büro einen 3D-Drucker bei sich stehen haben wird. War das doch etwas zu hochgegriffen damals?
Bernd Christian Tröster: Ja, das gebe ich heute offen und ehrlich zu. Das war damals einfach etwas zu euphorisch. Aber seit unserem Geschäftseinstieg haben wir sicher eine dreistellige Anzahl von Druckern verkauft. Und allein 2014 konnten wir unseren Umsatz verdoppeln. Factory: Das Geschäft mit den Druckern ist sehr dynamisch. Was erwarten Sie sich von diesem Jahr?
Tröster: Der Start in das heurige Jahr verlief gut. Aber eine endgültige Aussage kann ich erst im vierten Quartal tätigen. 3D-Druck ist ein typisches Investitionsgütergeschäft. Sie sind seit 2004 dick im Geschäft mit den Druckern. Damit sind Sie ein echter Dinosaurier am Markt. Geben Sie uns ein Gefühl für die derzeitige Stimmung zu dem Thema 3D-Druck. Wie wird sich die Branche entwickeln?
Tröster: Jeder weiß, dass das Thema vor allem in der Forschung und Entwicklung boomt. Dass Rapid Prototyping das derzeit größte Spielfeld dieser Technologie ist, steht außer Frage. Viel spannender allerdings sind, die Entwicklungen im Bereich des Rapid Manufacturing. Also 3D-Druck in der Serienfertigung. Es sind vor allem Kleinstunternehmen, die diese Technologie für sich entdecken. Welche Entwicklungen noch kommen können, lässt sich schwer abschätze. Wir haben schon Drucker verkauft die heute Zahnprothesen drucken. Nur ein Resümee kann ich ziehen: Es gibt leider immer noch große Berührungsängste, vor allem beim Mittelstand. Hier hält sich immer noch hartnäckiges Halbwissen. Hartnäckiges Halbwissen? Von was reden wir hier?
Tröster: Wer immer noch glaubt, dass er alles von der Leber bis hin zum Metallteil mit einem 10.000 € Drucker drucken kann, den muss ich leider enttäuschen. Das ist nicht machbar. Dennoch gäbe es gerade für den Mittelstand besonders attraktive Einsatzfelder. Viele wissen zum Beispiel nicht, dass man mittlerweile Edelstahl, Aluminium und sogar Titan Lasersintern kann. Und dass Lasersintern mittlerweile die gleiche Qualität wie Spritzguß an den Tag bringt, dürfte auch bekannt sein. Es fehlt einfach noch an der Wertigkeit des Themas. Viele verschanzen sich immer noch hinter den drei gängigsten Kritikpunkten zum Kunststoff-Lasersintern: Zu teuer, zu kompliziert und zu komplex in der Anwendung. Und das kann ich so nicht bestätigen. Naja, aber billig ist so eine Lasersinteranlage nicht!
Tröster: Nein das nicht. Aber es muss nicht immer gleich ein Drucker oder Lasersinteranlage gekauft werden. In diesem Bereich tut sich momentan zum Beispiel eine unglaubliche Dienstleistungsparte auf. Vereinfacht gesagt: Wenn Sie etwas kopieren möchten, kaufen Sie sich auch nicht gleich einen Kopierer, sondern gehen erstmal in einen Copyshop. Erst wenn, das Kopieren überhand nimmt, werden Sie sich eine Maschine anschaffen. Ungefähr gleich funktioniert es im 3D-Druck. Es gibt mittlerweile genug Unternehmen, die solche Services anbieten. Hier gehört einfach das Eis gebrochen. Wie wollen Sie das Eis brechen?
Tröster: Lassen Sie mich ein Beispiel geben: Ich sage immer eine Lasersinteranlage ist sehr wohl vergleichbar mit einer Werkzeugmaschine. Die Verfahren sind zwar unterschiedlich, aber die Wertigkeit ist im Grunde die Gleiche. Kritiker schreien hier natürlich sofort auf. Das erlebe ich fast täglich, denn wenn jemand den Preis einer Lasersinteranlage hört, ist das erste Argument „Oh mein Gott, damit könnte ich mir ja eine Werkzeugmaschine kaufen.“ Das erleben wir häufig. Ich stehe zwar nicht an vorderster Front, bin aber überzeugt davon, dass in den meisten Produktionshallen noch keine Lasersinteranlage steht. Und eigentlich braucht es das auch nicht. Wie jetzt?
Tröster: Eine Eisbrecher-Idee wäre es das vorhin erwähnte Dienstleistungsgeschäft zu puschen. Das ist wie eine Einstiegsdroge. Denn damit hätte sich die Kostenfrage im Grunde erledigt. Und wer erst einmal auf den Geschmack gekommen ist, der möchte auch mehr. Das garantier ich. Denn Bauteile, die sie mit 3D-Druckverfahren produzieren können, wären anders gar nicht machbar. Aber hier entsprechend Begeisterung zu schaffen ist noch ein gutes Stück Arbeit. Auf dem 3D-Printing Forum haben Sie einen Vortrag zum Thema „Die maßgeschneiderte Technologie für Ihre Anwendung“ gehalten. Sie gingen dabei auf die verlockenden Möglichkeiten von 3D-Druck ein. Jetzt ist Bibus ein Vertrieb von 3D-Druckern. War das nicht irgendwo ein verstecktes Missionieren?
Tröster: „Erwischt! Nachdem wir praktisch alle am Markt gängigen Verfahren anbieten können ist es für uns leicht, ganz locker quer über alle Themen zu sprechen. Jede einzelne Druck – Technologie hat einfach spezifische Vorteile, aber immer auch bestimmte Einschränkungen wie z. B. Festigkeit oder auch ein hoher finanzieller Einsatz. Wir finden einfach für die Unterschiedlichsten Anwendungen das richtige Verfahren und wir können daher echt, unabhängig von technologischen Beschränkungen, beraten. Wir haben es einfach nicht notwendig, dem Kunden eine bestimmte Technologie aufzuschwatzen die er nicht wirklich braucht oder die mit bestimmten Nachteilen verbunden wäre. Wir finden etwas in unserem Portfolio, das passt.
Haben Sie denn zu Hause etwas 3D-Gedrucktes stehen?
Tröster: Ja, unser Haus. Als wir es 2012 entwerfen ließen, wollte ich einen 3D-Druck davon haben. Mit dem Ausdruck im Maßstab 1:50 konnte ich hervorragend verschiedene Anpassungen mit dem Architekten und mit meiner Frau diskutieren. Und in kürze werde ich mir ein 3D-Familienportrait drucken lassen. Vielen Dank für das Gespräch! Das Gespräch führte Elisabeth Biedermann.