Maschinenbau : Stimmungsbarometer: Wie lange wird unsere Hochkonjunktur noch anhalten?
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Wie lang werden die Konjunkturpfeile noch nach oben zeigen? Diese Frage beschäftigt uns derzeit wohl alle. Noch eine ganze Zeitlang, meint Timo Springer, Geschäftsführer der Springer Maschinenfabrik in Friesach: Er sieht „keine Wolken am Konjunkturhimmel“ aufziehen. 300 Kilometer entfernt sieht Johannes Höhrhan, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Wien, „die Konjunktur – insbesondere in der Industrie – noch immer auf relativ festen Beinen.“ Dass es ewig so weitergehen wird, glaubt Höhrhan aber nicht: „Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass wir mittelfristig wieder ein Normalwachstum zwischen 1,5 und zwei Prozent haben werden.“
Konjunkturellen Dynamik überschritten
Auch in der Steiermark rechnet man schon bald wieder mit Normalwachstum. Georg Knill, Geschäftsführer der Knill-Gruppe, sieht „den Höhepunkt der konjunkturellen Dynamik überschritten“. Mit einem abrupten Ende der guten wirtschaftlichen Lage sei zwar nicht zu rechnen, „aber ein weiterer deutlicher Anstieg kann auf Basis der vorliegenden Daten nicht angenommen werden.“ Dass es bald abwärts geht, glaubt auch Peter Mitterbauer, CEO der MIBA AG, nicht: „Ich sehe derzeit keine Anzeichen für eine Abschwächung der Konjunktur. Mittel- und langfristig wird es natürlich auch wieder Zeiten geringeren Wachstums geben. Als Unternehmen müssen wir das immer vor Augen behalten und darauf vorbereitet sein.“
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Fachkräfte als Schlüsselthema
Wer sich genauer in der Branche umhört, dem wird schnell klar, dass der Zenit erreicht ist: „Der Höhepunkt ist erreicht, weitere Konjunktursteigerungen sind nicht zu erwarten“, tönt es von einem mittelständischen Maschinenbauer aus Niederösterreich. Befragt nach den größten Herausforderungen für die heimischen Industriebetriebe, ertönt einstimmig: „der Fachkräftemangel“. Die konjunkturell hohe Nachfrage nach Fachkräften, gepaart mit der demographischen Entwicklung und neuen Herausforderungen durch die Digitalisierung „sorgen für eine Verschärfung des Themas, insbesondere im Bereich der MINT-Qualifikationen (Anm.: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik).“ Das sieht Thomas Salzer, Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreich genauso. „Der Fachkräftemangel droht, sich noch weiter zu verschärfen“, warnt er.
Während die großen, exportorientierten Unternehmen schon seit längerer Zeit verstärkt auf Mitarbeitersuche sind, kommen nun auch die KMUs dazu. So auch Trotec. Der Maschinenbauer will die 200 Millionen Umsatzmarke knacken. Dafür bauen die Laser-Spezialisten ihre F&E-Abteilung aus und suchen dringend Fachkräfte aus den Bereichen Mechatronik, Konstruktion und Software. „Bereits jetzt haben mehr als acht von zehn Industrieunternehmen Probleme beim Rekrutieren von Personal im Bereich Technik und Produktion sowie Forschung und Entwicklung“, so Salzer. Leider stimmen die Qualifikationen jener Personen, die auf Arbeitssuche sind, viel zu oft nicht mit den gesuchten Qualifikationen überein. Umso wichtiger sind daher die Aufwertung der Lehrausbildung sowie berufliche Weiterbildungen – auch, um in puncto Digitalisierung am Ball bleiben zu können.
Unbekannte neue Berufsfelder
Ohne einem Wandel in der Berufsausbildung werde es für den Standort Österreich in Zukunft schwierig, so Timo Springer: „Wir befinden uns in einem immer schnelleren digitalen Wandel, der die technologischen und ökonomischen Grundlagen erschüttert. Wir brauchen immer mehr Informationstechnologie und natürlich auch die Leute, die damit umgehen können. Da fehlen uns in Österreich viele talentierte Mitarbeiter. Gleichzeitig gibt es teilweise noch gar keine Berufsbilder für die benötigten Qualifikationen. Das wird ein ganz schwieriger Anpassungsprozess, den wir in Österreich aber aktiv und rasch angehen sollten. Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe.“ Dieser Meinung ist auch Georg Knill: „Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen basiert meist auf der Technologieführerschaft in einzelnen Branchen und Marktnischen. Diese Position können wir nur dann halten und ausbauen, wenn Mitarbeiter mit den entsprechenden Qualifikationen verfügbar sind.“
Trumpf: Internationale Politik als Sorgenkind
Die Konjunkturaussichten stellen Trumpf derzeit vor eine Herausforderung: Es gelte, den Spagat zwischen „der derzeit hohen Auftragslage und einer mittelfristig eintrübenden Konjunkturlage“ zu schaffen, berichtet Gerhard Karner, Vertriebsdirektor bei Trumpf Maschinen Austria. Derzeit seien die Auftragsbücher voll und weiterhin „ein deutliches Wachstum“ zu spüren. „Unser Auftragsbestand liegt auf einem sehr hohen Niveau, derzeit auf Höchststand.“ Für die kommenden Monate rechnet er mit einem verlangsamten Wirtschaftsaufschwung, „aber in nächster Zeit sehe ich keinen Break.“ Was Karner aber nachdenklich stimmt, ist die internationale politische Instabilität: „Der Handelskrieg zwischen den USA und China/Europa birgt die Gefahr, dass auch wir, als internationales Unternehmen, die Auswirkungen spüren werden.“ Mit dieser Einschätzung steht er nicht alleine da. Auch Timo Springer warnt vor „politischen Unsicherheitsfaktoren“: „Unsere Industrie ist sehr stark von Exporten abhängig. Wirtschaftspolitische Auseinandersetzungen können negative Auswirkungen auf die Stimmung haben, was ein Abebben der Industriekonjunktur nach sich ziehen könnte.“ Ein Anhalten der konjunkturellen Hochstimmung könne nur durch politische Stabilität gelingen.
Springer fordert mehr Flexibilität
„Ein zweiter großer Punkt ist die Flexibilität“, so Springer, der eine Lanze für mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten bricht: „Die digitale Welt hat uns zusammenrücken lassen. Immer arbeitet irgendwer irgendwo auf der Welt. Darauf sind die Geschäftsmodelle ausgerichtet. So schwer die Anpassung an flexible Arbeitszzeiten auch sein mag, wir müssen es schaffen, weil davon unsere Zukunft abhängt.“ Aber nicht nur die Betriebe und deren Mitarbeiter müssen künftig flexibler werden, sondern auch die Ämter und Behörden, fordert der Kärntner Unternehmer: „Durch immer komplexere Regelungen dauern Verfahren immer länger und werden gleichzeitig in ihrem Ausgang immer unberechenbarer. Das ist wohl im Augenblick einer der größten Investitionshemmer. Da müssen wir rasch besser werden. Von steuerlichen Rahmenbedingungen, bei denen wir schon lange nicht mehr konkurrenzfähig sind, will ich gar nicht reden. Das betrifft die hohen Lohnnebenkosten genauso wie die Unternehmenssteuern.“ Georg Knill pflichtet ihm bei: „Es braucht weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen – insbesondere hinsichtlich der Entlastung von Bürokratie und Nebenkosten, die die Produktivität belasten.“
FACC: Auslastung für sieben Jahre gesichert
Erfrischend positiv ist der Ausblick, den Robert Machtlinger, der CEO des Flugzeugkomponentenherstellers FACC gibt: „Die Zeichen im Wirtschaftsumfeld lassen darauf schließen, dass in Österreichs die stabilisierende Konjunkturphase anhalten wird. Die Beschäftigung steigt und damit wird der Konsum der privaten Haushalte unterstützt, die Investitionen bleiben auf hohem Niveau und auch die Exporte leisten einen wichtigen Beitrag zum Wachstum. Der Ausblick bleibt daher meines Erachtens positiv.“ Beeindruckend ist auch die Tatsache, dass „eine Auslastung aller Standorte für die nächsten sieben Jahre gesichert ist“, wie Machtlinger erklärt. Das letzte Geschäftsjahr sei außerdem das bisher erfolgreichste in der Unternehmengeschichte gewesen, und in dieser Tonart soll es weitergehen: In den nächsten drei Jahren will man bei FACC bis zu 700 neue Mitarbeiter anstellen.