Kleben im Schienenfahrzeugbau : So machte Peter Pázmándy das OFI zum Vorreiter
Herr Pázmándy, seit Juni ist es offiziell, das OFI erhielt die Befugnis, Betriebe auf die Norm DIN 6701 „Kleben im Schienenfahrzeugbau“ eigenständig zu prüfen. Bis dato durften das ausschließlich die beiden deutschen Institute machen. Wie fühlt sich diese neugewonnene Freiheit an? Peter Pázmándy: Das fühlt sich natürlich großartig an. Seit sich das deutsche Eisenbahnbundesamt zurückgezogen hat, ist dieser Markt offen. Und auf diesen Zug sind wir sofort aufgesprungen. Wir treten jetzt quasi als Mitbewerber zu den beiden norddeutschen Instituten auf. Und das sehen Sie gelassen, weil …?
Pázmándy: Weil wir durch unsere Lokalität punkten. Eines der größten Technologieunternehmen Österreichs zum Beispiel ist schon seit Jahren ein Kunde von uns. Zwar noch nicht für diese Norm, aber schon lange im Prüfbereich, Schulungswesen und bei Gutachten von Klebeprozessen. Die Zertifizierung nach DIN 6701 erfolgt alle drei Jahre. Das ist wie das Pickerl beim Auto. Beim nächsten Turnus sind wir dann schon als Zertifizierungsstelle mit an Bord. Wie sieht so eine Zertifizierung denn aus? Treffen Sie dabei oft auf schwarze Schafe?
Pázmándy: Unter einem schwarzen Schaf verstehe ich ein Unternehmen, das vorsätzlich beim Kleben etwas falsch macht. So etwas gibt es nicht, jedoch sind es meist Kleinigkeiten, auf die leicht vergessen wird. Wir nehmen deshalb alle Klebeprozesse eines Unternehmens genau unter die Lupe. Sehen uns an, ob die Leute dementsprechend ausgebildet sind. Schauen, ob es Mängel bei der Umsetzung gibt. Ist der Arbeitsplatz sauber? Werden Umweltbedingungen eingehalten? Wird der Kleber richtig verarbeitet? usw. Wie lange dauert so eine Überprüfung und mit welchen Kosten müssen Unternehmen hier rechnen?
Pázmándy: Wenn der Betrieb groß ist, kann es schon bis zu zwei Tage dauern. Bei einem KMU ist es meist an einem Tag erledigt. Die Kosten belaufen sich im Rahmen von 2.500 bis 7.500 Euro, je nach Größe und Zertifizierungsklasse. Durch unsere Lokalität sind aber die Reisekosten deutlich geringer, damit sind wir um einiges kostengünstiger. Warum sollte ein Unternehmen diese Kosten auf sich nehmen?
Pázmándy: In den letzten Jahren hat Klebetechnik aus Designgründen extrem zugenommen. Denken Sie nur an die vielen schnittigen Glaskonstruktionen, die glatten Oberflächen, die bunten Materialmixe, all das wird verklebt. Vor sieben Jahren hat hier das deutsche Bundesbahnamt eingegriffen und gesagt auf deutsche Schienen kommen nur zertifizierte Teile. Große Schienenfahrzeughersteller waren damit unter Zugzwang. Folglich auch ihre Zulieferer. Gerade im Schienenfahrzeugbau herrschen strenge Sicherheitsanforderungen und genau hier hat sich die Norm bewährt. Europaweit sind knapp 500 Unternehmen bereits nach dieser Norm zertifiziert und es werden immer mehr. Interessant: Mittlerweile verlangt auch Asien nach dieser Norm. Und wenn man Gerüchten trauen darf, wird auch bald aus dieser ursprünglich deutschen Norm eine europäische werden, und was das heißt brauch‘ ich Ihnen glaub‘ ich nicht erklären. Wie viele Zertifizierungen haben Sie heuer schon gemacht?
Zwei Projekte sind schon abgeschlossen, weitere stehen in der Pipeline.
Sie hoffen vor allem auf die kleinen Zulieferer aus Österreich. Geben Sie uns eine Prognose für die nächsten fünf Jahre.
Pázmándy: Ich hoffe nicht nur auf die kleinen Zulieferer, ich weiß, dass sie schon lange auf diese Möglichkeit warten. Für die nächsten fünf Jahre rechne ich mir aus, dass wir den österreichischen Markt ordentlich durchdringen. Mit diesen zusammen könnten es dann schon 40 bis 50 Zertifizierungen pro Jahr werden. Neben der Zertifizierung nach DIN 6701 erstreckt sich aber Ihre Expertise in noch ganz andere Bereiche, richtig?
Pázmándy: Ja, das stimmt. Hat ein Kunde zum Beispiel Schwierigkeiten bei der Klebehaftung sind wir Anlaufstelle Nummer 1. Aktuell haben wir gerade ein Projekt am Laufen, das eine Aluminiumverklebung auf Glas prüft. Genauso testen wir, wie der Kleber auf Umweltbedingungen und chemische Reinigungsmittel reagiert. Denn gerade im Schienenfahrzeugbau ist es nicht unüblich, mit Salz- oder Phosphorsäure zu reinigen. In Klimakammern können wir auch sehen, ob die Klebungen Sonne, Regen, Salz widerstehen können. Zum Abschluss sagen Sie uns noch, auf was Sie ganz besonders stolz sind?
Pázmándy: Zum einen bin ich sehr stolz, mit der Zertifizierung eine absolute Vorreiterrolle in Österreich eingenommen zu haben. Aber noch einen Tick stolzer macht mich der Umstand, dass wir Großkunden wie Siemens und Bombardier beraten können, wenn bei ihren Klebeprozessen Phänomene auftreten, die sie sich nicht erklären können. Jeder neue Lack, und Klebstoff muss geprüft werden, das ist nicht wie der Kauf eines Klebstoffs im Supermarkt. Hier beraten wir gerne und sind stolz, mitwirken zu dürfen. Vielen Dank für das Gespräch!Das Gespräch führte Elisabeth Biedermann.
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