Robotik : So erobern Industrieroboter die Welt
Die Entwicklung der Robotik ist dynamisch – die aktuelle Entwicklungsphase ist durch einen Übergang zu autonomen Robotern gekennzeichnet. Roboter können zunehmend durch leistungsfähige Sensoren und „intelligente“ Steuerungstechnik auf veränderte Umweltbedingungen reagieren. Sie können nicht nur auf Basis vorprogrammierter Muster Aufgaben ausführen, sondern in einem bestimmten Rahmen autonom tätig werden, ohne ständig von externen Computern oder Menschen überwacht zu werden. Österreichische Experten heben die Bedeutung des maschinellen Lernens für die Weiterentwicklung der Robotik hervor. Für die nächsten fünf bis zehn Jahre werden Fortschritte bei teilautonomen Systemen als wesentlicher Schritt in Richtung autonome Robotik erwartet. Als wichtigste Anwendungsgebiete werden die Logistik und die Industrie genannt.
Sie haben sich also ihren Weg gebahnt und vermehren sich rasant. In den zehn Jahren zwischen 2019 und 2019 hat sich die Weltbevölkerung von etwa 6,9 auf 7,7 Milliarden Menschen erhöht – im selben Zeitraum hat sich die Zahl der installierten Industrieroboter allerdings mehr als verdreifacht. Mit diesem Anstieg kann der Mensch nicht mithalten.
Die Nationen im Industrieroboter-Ranking
Asien ist der stärkste Markt für Industrieroboter. Der größte Abnehmer, China, stockte seinen Bestand 2019 um 21 Prozent auf. An dieses Wachstum kommen europäische Unternehmen nicht heran. In Europa stieg der Bestand im Jahr 2019 um nur sieben Prozent. In ganz Europa beträgt der Bestand 200.000 Einheiten weniger als in ganz China. Mit 580.000 Stück dennoch ein guter Wert. „Der Bestand an Robotern in Europas Fabriken ist auf dem höchsten jemals erreichten Niveau“, so Milton Guerry, Präsident der International Vereinigung für Roboter. Deutschland ist dabei führend. Gemessen an der Roboter-Dichte pro 10.000 Mitarbeiter ist Singapur mit 918 Roboter pro 10.000 Mitarbeiter die Nummer eins, Österreich liegt mit knapp 190 Robotern auf Platz 14.
Schweizer Industrieroboter im weltweiten Einsatz
Blicken wir von Österreich zu einem Schweizer Komplettanbieter für Maschinen- und Fabrikautomation, zu ABB. „Die Anwendungsfälle von ABB-Robotern beginnen beim Zusammenbauen von Schweizer Uhren und reichen bis hin zur Pharmaindustrie“, so Thomas Makrandreou von ABB Österreich. Besonders gut sind sie im Bereich des digitalen, virtuellen Engineerings, meint er. Doch schauen wir genauer hin: ABB-Roboter sind vielerorts anzutreffen, beispielsweise beim Mobilitätsunternehmen Ola. Für die indische Fabrik des Unternehmens, das den Ola-Elektroroller produziert, kommen die Automatisierungslösungen von ABB in den Fertigungsstraßen und Lackier- und Schweisslinien zum Einsatz, während die ABB-Roboter primär für die Batteriebestückung und die Montage der Motoren vorgesehen sind. Dabei werden IRB 5500-Lackierroboter und der IRB 2600-Roboter mit Integrated-Dressing-Technologie in den Lackier- und Schweisslinien sowie der IRB 6700 in der Batterie- und Motormontage und im Materialhandling eingesetzt.
Roboter von ABB kommen selbstverständlich auch in der Automobilindustrie vor. Die jüngste ABB-Lösung für die Automobilfertigung heißt Compact Interior Paint. Mit der Innenlackierstation sind Automobilhersteller laut Angaben von ABB dazu in der Lage, die Größe ihrer Lackierkabinen um ein Drittel zu reduzieren. Damit ließen sich nicht nur Kosten einsparen, sondern die Autolackieranlagen auch nachhaltiger gestalten. Vier Roboter des Typs IRB 5350 übernehmen dabei das Öffnen der Türen, während zwei Roboter des Typs IRB 5500-22 für das Öffnen von Motorhaube und Kofferraum verantwortlich sind. Ausschlaggebend für die Kompaktheit der Lösung sind dabei sechs der neuen siebenachsigen Roboter IRB 5500-27. Der IRB 5500-27 lässt sich stehend, hängend oder an der Wand montieren. Dank seiner Reichweite von 3,8 Metern ist er in der Lage, einen größeren Arbeitsbereich an einer Karosserie abzudecken als andere Roboterlösungen seiner Klasse.
Industrie-Roboter verdreifachen sich
Global betrachtet hat sich die Zahl der installierten Industrieroboter innerhalb von nur zehn Jahren zwischen 2010 und 2019 weltweit mehr als verdreifacht und zuletzt eine Stückzahl von 381.000 Einheiten per annum erreicht. Die International Federation of Robotics (IFR) macht dafür fünf Trends verantwortlich, die die industrielle Fertigung auf globalem Niveau prägen:
1. Roboter lernen neue Tricks: Industrie-Roboter werden zunehmend mit KI-Software, Bildverarbeitung und anderen Sensorsystemen ausgestattet, um neue anspruchsvolle Aufgaben zu meistern. Ein Beispiel dafür ist das Sortieren von Abfällen auf einem Förderband, das bisher nur von menschlichen Händen erledigt werden konnte. Die neuen Roboter-Generationen sind einfacher zu installieren und programmieren und sie sind vernetzbar. Fortschritte bei den Kommunikationsprotokollen ermöglichen inzwischen die nahtlose Integration von Robotern in Automatisierungs- und Industrie 4.0-Strategien.
2. Sie arbeiten in intelligenten Fabriken: Die Automobilindustrie ist Vorreiter für Smart-Factory-Lösungen und nutzt Industrie-Roboter an Stelle von Fließbändern, die die traditionelle Automobilproduktion seit mehr als 100 Jahren dominierten. Die Zukunft gehört dem vernetzten Zusammenspiel von Robotern und autonom fahrenden Fahrzeugen bzw. autonomen mobilen Robotern (AMRs). Ausgestattet mit modernster Navigationstechnik sind diese mobilen Roboter wesentlich flexibler als herkömmliche Fertigungsstraßen. Karosserien werden mittels fahrerloser Transportsysteme befördert. Sie können von der Fließbandfertigung abgekoppelt und zu Montagestationen umgeleitet werden, an denen sich individuell ausgestattete Varianten montieren lassen. Zudem nimmt die Integration von Arbeitsplätzen mit Mensch-Roboter-Kollaboration an Fahrt auf, und Roboter arbeiten zunehmend Hand-in-Hand mit Menschen zusammen.
3. Roboter für neue Märkte: Die Durchbrüche bei der Vernetzung tragen dazu bei, dass Roboter vermehrt in Fertigungssektoren eingesetzt werden, die Automation erst kürzlich für sich entdeckt haben. Dazu zählen beispielsweise die Lebensmittel- und Getränkeindustrie, Textilindustrie sowie Holzverarbeitungs- und Kunststoffwirtschaft. Die fortschreitende digitale Transformation wird zu völlig neuen Geschäftsmodellen führen, da die Produzenten leichter denn je diversifizieren können. In der smarten Fabrik lassen sich verschiedene Produkte im schnellen Wechsel nacheinander auf derselben Anlage montieren - die starre traditionelle Fertigungsstraße hat bald ausgedient.
4. Roboter unterstützen den Klimaschutz: Die Anforderungen an die Industrie, künftig möglichst CO2-neutral zu produzieren, fördert Investitionen in moderne Robotertechnologie. Moderne Roboter arbeiten energieeffizient und reduzieren mit ihrem Einsatz unmittelbar den Energieverbrauch der Produktion. Aufgrund ihrer Präzisionsarbeit wird zudem weniger Ausschuss und fehlerhafte Ware produziert, was sich positiv auf den Ressourceneinsatz und Output auswirkt. Darüber hinaus sind Roboter auch bei der kosteneffizienten Produktion von Anlagen für erneuerbare Energien im Einsatz. Dazu zählt beispielsweise die Herstellung von Photovoltaikmodulen oder Wasserstoff-Brennstoffzellen.
5. Roboter sichern Lieferketten: Die Pandemie hat Schwächen in den globalisierten Lieferketten sichtbar gemacht. Für Hersteller besteht jetzt die Möglichkeit, Versorgungswege mit einer völlig neuen Perspektive zu denken. Wenn Automatisierung die Produktionsbedingungen angleicht, gewinnen Hersteller eine neue Flexibilität, die in Hochlohnregionen wie den meisten Ländern der Europäischen Union, Nordamerika, Japan oder Südkorea bisher vielleicht nicht zur Verfügung stand. Die Automation mit Robotern bietet Produktivität, Flexibilität und Sicherheit.
Pandemie als Chance
Nochmals zurück zum Thema Lieferkette. 2021 sollte sich der Markt, der im Vorjahr durch die Pandemie beeinträchtigt war, nach Einschätzung von Studienautoren wieder erholen. 2022 oder 2023 könnte dann wieder das Vorkrisenniveau erreicht sein. Chancen sehen die Experten der Robotervereinigung vor allem durch einen Modernisierungs- und Digitalisierungsschub in der Produktion. Die Vorteile von Robotik und Automation bleibe, unabhängig von Covid-19, langfristig unverändert: Unternehmen wolllen ihre Fertigung beschleunigen und kundenspezifische Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen liefern. Den Herstellern ermöglicht die Automation, ihre Produktion an heimischen Standorten kosteneffizient beizubehalten oder neu auszurichten. Das Angebot an Industrie-Robotern wird ständig erweitert und umfasst traditionelle Industrie-Roboter, die alle Nutzlasten schnell und präzise handhaben können, sowie neue kollaborative Roboter, die sicher an der Seite des Menschen arbeiten und sich vollständig in die Werkbank integrieren lassen.
Industrierobotik-Konferenz
Factory und die FH Technikum vereint Robotik-Begeisterte seit einigen Jahren bei einer Konferenz. Die letzte INDUSTRIErobotik fand im Oktober 2020 in virtuellem Rahmen statt. Dabei teilten unter anderem Speaker von FESTO, der ETH Zürich, von IBM und Fraunhofer Research ihre Erfahrungen und ihr Wissen. Die nächste Möglichkeit für ein Treffen von Branchenexperten ist der 28. September 2021 – der Ort wird noch bekanntgegeben.