Robotik : Robotik: Griff in die Kiste machbar
Bis dato waren verfrühte Erfolgsmeldungen über den berühmten Robotergriff in eine unsortierte Stückgutkiste immer enttäuschend. Millionen von F&E-Geldern verpufften einfach in Versprechen, die nicht gehalten werden konnten. Die Unternehmen wurden misstrauisch und der Glaube an die Lösbarkeit dieser Aufgabe wurde auf eine sehr harte Probe gestellt. Dass diese Idee nicht ad absurdum ist, beweisen diese Oberösterreicher. Mit einem cleveren Trick ist ihnen gelungen, woran so viele zuvor scheiterten. Der „Griff in die Kiste“ ist damit in den Produktionen angekommen. Die Idee marktreif machen.
Was den Griff in die Kiste so komplex macht, weiß Christof Eberst. „Es müssen zufällig verteilte Bauteile innerhalb eines Haufens mittels 3D Bildverarbeitung in jeder Lage schnell und sicher erkannt und kollisionsfrei aus der Kiste gegriffen werden“, so der Geschäftsführer der Convergent IT. Egal ob Teile ganz oben auf liegen oder unzugänglich ganz unten in der Kiste versteckt sind. „Der Roboter muss die Teile schnell und sicher greifen und in die Maschine einlegen können. Die Taktzeit ist dabei entscheidend“, so Eberst. Woran viele immer noch scheitern – die Kombination von Bildverarbeitung und dem Robotergriff. Mal erkennt die Bildverarbeitung das Bauteil nicht, mal findet der Roboter keinen Zugang um das Teil zu greifen, mal verhaken sich die Teile. Herausforderungen, die so mancher F&E-Abteilung schlaflose Nächte bereiteten. Doch die Oberösterreicher halfen sich durch einen einfachen Trick. Indem sie sich nur auf ihr Spezialgebiet -das Planen des eigentlichen Griff und der Bewegung - konzentrierten und die Bildverarbeitung anderen überlassen die darin besser sind , konnten sie diese Knackpunkte lösen. Mit ihrem Tool AutomAPPPS, eine Software für Greifrobotik, ist ihnen nun gelungen, woran so viele vorher scheiterten. „Wir haben den Griff perfektioniert“, so Eberst. Schon zuvor hatte die Convergent IT entsprechende Projekte abgewickelt, die dem „Griff in die Kiste“ ähnelten. Die Software war damit schnell adaptiert. Dennoch waren die Anfangsjahre sehr schwierig. „Die Unternehmen waren sehr misstrauisch “, erinnert sich Eberst noch gut. Mit beratender Starthilfe des Hightech-Inkubators tech2b gelang es den Oberösterreichern dann aber doch aus ihrer Idee Marktpotenzial zu schlagen. Es geht bergauf.
Für die Bildverarbeitung konnte Eberst die deutsche bsAutomatisierung gewinnen. Der Experte für das schnelle und präzise Be- und Entladen von Produktionsmaschinen konzentrierte sich dabei auf das Erkennen der Bauteile und die Integration. Heute vertreibt die bsAutomatisierung unter dem Produkt „Bin Picking-Zelle“ ein Komplettpaket für „den Griff in die Kiste“. Die Lösung der Convergent IT läuft als White Label im Hintergrund. Das macht die Oberösterreicher zu echten Hidden Champions. „Viele Kunden wissen im Endeffekt gar nicht, dass es unser Know-how ist, das in ihren Produktionen läuft“, so Eberst. Was an Bekanntheit fehlt, machen kräftige Absatzzahlen wieder weg und das nicht nur durch die bin-Picking-Zelle der deutschen bsAutomatisierung. Denn das Tool AutomAPPPS unterstützt quasi jede 3D Bildverarbeitung und jeden Roboterhersteller. „Dadurch können Nutzer die von ihnen entwickelten Systeme häufiger und an mehr Kunden verkaufen“, so Eberst. Das Konzept der pfiffigen Oberösterreicher fruchtet – denn seit letztem Jahr geht es deutlich bergauf. Allein 2014 wurde AutomAPPPS bin-picking über 15 mal lizensiert. Und für heuer prognostiziert Eberst noch bessere Zahlen. Schon jetzt hätte man das erste Halbjahr bereits übertroffen, freut sich der Geschäftsführer. Der Griff ist also tatsächlich in den Produktionen angekommen. Bald auch in Österreich. Geht es um Details bleibt Eberst aber diskret, denn von verfrühten Erfolgsmeldungen hält er wenig. Elisabeth Biedermann