VDI-Konferenz : Recycling: Warum wir dringend die Materialvielfalt reduzieren sollten

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„23 verschiedene Mülltonnen bräuchte jeder Haushalt für eine gute Trennung“, rechnet Professor Kerstin Kuchta vom Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft der TU Hamburg-Harburg scherzhaft in ihrem Einführungsvortrag vor. Damit angesprochen wird natürlich die Vorsortierung des privaten Endverbraucherabfalls, doch eine andere Lösung ist auch nicht weit entfernt: „Machen wir mit der Circular Economy Wahrheit und führen eine ‚Einstoffverpackung‘ ein“. Dieser Vorschlag für die drastische Reduzierung der Materialvielfalt bei Produkten generell zog sich durch die gesamte Konferenz.

Hiobsbotschaft vom deutschen Bundesamt

Eine weitere Herausforderung ist aber auch die Kommunikation zwischen dem „Inverkehrbringer“ eines Kunststoffes und dem Entsorger, speziell wenn ein neues Material eingeführt wurde. „Der Umstieg von HDD auf SSD-Festplatten war publik, doch wenn sich ein Verpackungskunststoff ändert, bekommt das keiner mit“, erklärt Prof. Kuchta. Doch wie sieht das Thema Kunststoffrecycling bei der Legislative in Deutschland aus? Hierzu überbrachte Matthias Klein vom Deutschen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit die Hiobsbotschaft: Es wird kein Wertstoffgesetz geben. Stattdessen ist ein neues Verpackungsgesetz geplant, das kurz gefasst deutlich höhere Recyclingquoten und eine zentrale Stelle zur lizensierten Organisation einführt.

Die Rückmeldung der Experten zeigte sichtliche Enttäuschung, da ein durchdachtes Wertstoffgesetz hohes Potential für die Kreislaufwirtschaft gehabt hätte. Konkret soll nun die werkstoffliche Verwertungsquote auf sehr ambitionierte 50 % gesteigert werden. Durch diese hohe Recyclingquote wird sich auch ein weiterer Bedarf nach neuer Technik manifestieren, demnach neue Forschung notwendig und der Recyclingmarkt angeregt. Darüber hinaus sollen eine freiwillige Wertstofftonne für gleiche Materialien, z.B. Kunststoff, sowie ein Bonus für besser recycelbare und leicht zu sammelnde Verpackungsmaterialien eingeführt werden.

Warum Carbon Schwierigkeiten macht

Abseits der prekären Kunststoffverpackungen war speziell ein Thema omnipräsent: Carbon- (CFK) sowie Glasfaserkunststoffe (GFK) und was man damit beim „End-Of-Life“ anstellen soll. Als Beispiel diente die Verwertung von Rotorblättern von Windenergieanlagen aus Carbon- und Glasfaser. Momentan existiert noch keine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Recyclingtechnik, einzig Downcycling ist laut Jakob Wölling vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie möglich. Dabei werden die Fasern wiederverwertet, doch das Endprodukt kann mit Neuware nicht mithalten. Speziell die Frage, was man mit dem „Gewölle“ macht, das zum Beispiel nach der Pyrolyse übrig bleibt, ist noch offen. Daher werden viele Rotorblätter einfach gelagert um abzuwarten. Und solange man noch keine Recyclinglösung hat, kommt es erstmal auf den Spielplatz, so wie die Autoreifen. Deshalb macht man jetzt Rutschen und Tunnel für Kinder aus alten Rotorblättern. „So viel Spielplätze können wir gar nicht bauen, wie wir Rotorblätter haben“, amüsiert Alexandra Pehlken von der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg mit viel Kritik.

Verbrennung von CFK ist risikoreich

Obendrauf wird Glas- und und Carbonfaser bereits teilweise in der Produktion gemischt, um unterschiedlichen Krafteinflüssen entgegenzutreten. Das sieht man dem Rotorblatt nicht an, macht aber das Recycling noch schwieriger. Mittels energetischer Demontage, sprich mit Sprengschnüren und Schneidladungen kann man die über 100 m langen Rotorblätter mit hohem Aufwand für den Weitertransport vorbereiten. Doch danach wird es auch nicht leichter. Selbst die ökologisch minderwertige Verbrennung von CFK ist oft ein Risiko, da die leitenden Fasern sogar zu Bränden führen können. Auch die bloße Zerkleinerung ist gefährlich, vor allem für die Arbeitnehmer vor Ort, da der Faseranteil in der Luft sehr stark zunimmt und gesundheitsschädlich ist. Langfristig wird die Carbonverwertung deutlich an Relevanz gewinnen, denn die CFK-Verwendung steigt mittlerweile vor Allem im Automobilbereich stark an. Doch bereits jetzt kommt das Material mit Fahrrädern, Tennischschlägern, Surfboards und Handyschalen zu den Entsorgungsbetrieben. Und wie fischt man das high-tech Material rechtzeitig aus dem Haushaltsmüll heraus? Eine weitere Frage noch ohne Antwort.

Erfolg bei Dämmstoffrecycling

Zumindest im Bereich des Dämmstoffrecyclings konnte jedoch Andreas Mäurer vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV einen Erfolg bei EPS (expandiertes Polystyrol) vermelden, da nun mit dem CreaSolv-Prozess das Recycling im industriellen Maßstab möglich ist und gleichzeitig Flammschutzmittel abgetrennt und an die Bromindustrie geliefert werden können.

Polysecure, Entwicklung für Plagiatsschutz

Die Technologien, vor allem in der Kunststofftrennung und –sortierung schreiten rasant voran. Jan Meyer von Unisensor Sensorsysteme GmbH konnte die Experten mit der Hochleistungs-Laserspektroskopie überzeugen. Das System ist primär für PET, Elektro- und Elektronikaltgeräte (EAG) sowie für Kunststoffe aus der Automobilindustrie (Shredderrückstände) geeignet, weil es auch schwarze Kunststoffe erkennen kann. Einen anderen vielversprechenden Weg verfolgt Physiker Jochen Moesslein von Polysecure mit „Tracer based sorting“: Aus dem Plagiatsschutz heraus wurden „Tracer“ oder „Marker“ entwickelt, um das Material zu erkennen. Für das Kunststoffrecycling werden nun kleine, fluoreszierende Partikel in den Kunststoff eingebracht. Das revolutionäre System wird bereits von großen Unternehmen getrieben und beispielsweise beim Recycling von Kunststofffenstern eingesetzt.

Erema Spitzenreiter bei Filtrationseffizienz

Nach der Sortierung muss natürlich auch der Kunststoff extrudiert werden, doch speziell beim Recycling sind oft Schadstoffe und Verunreinigungen an der Tagesordnung. Dabei kann beispielsweise das oberösterreichische Unternehmen Erema hohe Filtrationseffizienz im Recyclingprozess liefern. Speziell bei Mahlgutrecycling aus dem Elektronik- und Automotivbereich mit starker Verschmutzung, unterschiedlichen Kunststofftypen und z.B. variierender Feuchtigkeit gelingt es nun, beachtliche Sortenreinheit zu erreichen. Kolben- und Laserfilter können zum Beispiel beim Folienrecycling eingesetzt werden, um eine qualitativ hochwertige Kreislaufwirtschaft zu verwirklichen. Ein weiteres Beispiel für einen funktionierenden Kreislauf durch den Einsatz von Sekundärkunststoffen, konkret recyceltem PET, aus dem bislang ungenutzten „Gelben Sack“ liefert die Werner & Mertz GmbH aus Mainz. Dabei werden innerhalb der „Recyclat-Initiative“ Kunststoffverpackungen für Frosch-Reinigungsmittel produziert, die zu 80% aus Bottle-to-Bottle-Recycling und zu 20% aus dem Gelben Sack gespeist werden.

4%iger Wehrmutstropfen

Neben den vielen technologischen Highlights bei der diesjährigen VDI-Konferenz bleibt jedoch ein Wehrmutstropfen: Aktuell werden nur zirka 4% der Kunststoffe aus recycelten Quellen gespeist, demnach ist das Potential nach wie vor enorm. Deshalb muss nun die Politik ganz klar die Kreislaufwirtschaft forcieren und rasch Planungssicherheit für die Recycler bieten. Dabei braucht es klare Richtlinien und Vorgaben um die Recyclingindustrie und die Kreislaufwirtschaft nicht langsam aber doch gegen die Wand zu fahren, sondern zu stärken. Engagement diesbezüglich zeigt auch der Umwelttechnik-Cluster, der nun im Themenfeld Kunststoffrecycling branchenübergreifende Projekte und Aktivitäten ausarbeitet, um frische Impulse für die Kreislaufwirtschaft zu setzen, weitere Infos dazu von David Schönmayr unter www.umwelttechnik-cluster.at