IIoT : Predictive Maintenance: Von Big Data zu Smart Data
Bei Predictive Maintenance werden meist Daten von externen Sensoren wie Lichtschranken, Temperaturfühlern, Ölsensoren oder Schwingungssensoren herangezogen. Doch eine vorausschauende Wartung ist auch mithilfe von virtueller Sensorik möglich. Mittels mathematischer Algorithmen, in die auch Produktdaten und Ingenieurwissen einfließen, wertet die integrierte PLC die ohnehin im Frequenzumrichtervorliegenden Betriebsdaten wie z.B. Motorstromaufnahme und Schalthäufigkeit aus und lässt so Rückschlüsse über den Zustand des Getriebemotors sowie der angetriebenen Anwendung zu. Trends zu Zustandsverschlechterungen (z. B. durch Verschleiß) oder auch akute Störungen (z. B. Ausfall eines Motorlüfters) können so schnell festgestellt werden und der Anwender kann umgehend entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen. Auch der Ausnutzungsgrad des Getriebeöls und damit der voraussichtliche Ölwechseltermin wird so zugänglich. Bei großen Industriegetrieben bietet speziell die Schwingungssensorik Vorteile. Für die in den Industriegetrieben eingebauten Lager gibt es detaillierte Herstellerdatenbanken, die die charakteristischen Schwingungsfrequenzen der Bauteile sowie andere produktspezifische Parameter liefern. Die einzelnen Frequenzen lassen sich also klar identifizieren und zuordnen.
Daten analysieren
Jeder Förderbandantrieb in einer Intralogistikanlage unterliegt je nach Aufgabe anderen Belastungen (verschiedene Lasten, Steigungen, Kurven, Übergabestationen, Dauerlauf, Intervallbetrieb, etc.). In einer Lernphase, in die unbedingt auch das Anwendungs-Know-how des Kunden einfließen muss, werden an der neuen Förderanlage im unbelasteten und belasteten Zustand die elektrischen Daten ermittelt und als Referenzwerte festgelegt. Werden diese im späteren Realbetrieb innerhalb eines definierten Zeitfensters überschritten, erkennen die Algorithmen, dass sich am mechanischen System etwas verändert hat. Das kann durch stärkere Reibung, Verschleiß, eine Vorschädigung am Lager oder im Getriebe sowie durch eingeklemmte Fremdkörper (Verpackungsmaterial, Klebebänder) geschehen. Ebenso können Schwellwerte definiert werden, deren Überschreitung zunehmenden Verschleiß signalisiert. Sind die mathematischen Zusammenhänge der Anlage bekannt und in validierte intelligente Algorithmen für die Datenauswertung überführt, kann auch ohne reale Sensorik eine vorausschauende Wartung für die Antriebstechnik durchgeführt werden.
Smart Data mit intelligenten Algorithmen
Nord Drivesystems ist Systemlieferant für präzise auf die Kundenanwendung abgestimmte und passend dimensionierte Antriebssysteme. Condition Monitoring für Predictive Maintenance auf Basis intelligenter Algorithmen und Software in Verbindung mit einer IIoT-Umgebung (Industrial Internet of Things) bringen dem Kunden zusätzlichen Mehrwert: Die vernetzten Antriebe arbeiten mit allen marktüblichen Bussystemen zusammen und können ihre Zustandsdaten in der umrichtereigenen PLC sammeln und zusammen mit den Daten angebundener Sensoren oder Aktoren an ein Edge Device übertragen. Dort werden die Daten aller Subsysteme verwaltet sowie mittels Nord-Software verarbeitet und ausgewertet. Sie stehen dann als vorselektierte und aufbereitete Smart Data für die weitere Verwendung zu Verfügung. Die kann lokal, in einer Kunden-Cloud, der Nord-Cloud oder bei einem Drittanbieter erfolgen. Durch den Weg über das Edge Device wird die Verarbeitung, Verwaltung und Steuerung der Daten deutlich effizienter und der Datenverkehr sowie die Netzbelastung verringern sich. Außerdem werden die Antriebsdaten von der zentralen Anlagensteuerung entkoppelt. Das erhöht die Datensicherheit für den Betreiber. Übertragen werden nur Daten die relevant sind, beispielsweise, weil sich Werte geändert haben oder Schwell- und Alarmwerte überschritten wurden. Durch die lokale Umwandlung der Datenflut in Smart Data im Edge Device ist das System intelligent, geschlossen, und sicher. Anlage, Daten und Know-how sind gegen Manipulation und unbefugten Zugriff von außen geschützt.
IIoT-Anwendungen in Pilotprojekten
So individuell wie die Kundenanwendungen, so individuell sind auch die Anforderungen an ein Predictive Maintenance-Konzept. Deshalb gibt es auch keine Predictive Maintenance-Lösungen von der Stange. Jedes Projekt wird so umgesetzt, wie es der Kunde für seine Infrastruktur und seine Abläufe wünscht. Nord Drivesystems setzt aktuell weltweit mit Großkunden IIoT-Konzepte für diesen Bereich um.
In einer Gepäckförderanlage läuft die Überwachung von Nord-Antrieben mit Datenverarbeitung und -speicherung in einem PC als Edge Device sowie lokaler Datenvisualisierung auf einem Touch-Monitor und per Signalsäule. Auf Kundenwunsch wurde hier keine Cloud-Lösung gewählt. Die Datenvorverarbeitung und Grenzwertüberwachung erfolgt durch eine Software in der PLC des Frequenzumrichters und die Datenübertragung per Ethernet mittels des UDP-Protokolls mit einem Update-Intervall von ca. 0,2 Sekunden. Zur Schwingungsüberwachung der Applikation werden auch Hardwaresensoren eingelesen und verarbeitet.
Anbindung per Edge Device
Ein anderer Kunde betreibt eine größere Intralogistikinstallation. Zehn Antriebsparameter werden per UDP ausgelesen, im Umrichter vorverarbeitet und wie im ersten Beispiel per Edge Device verarbeitet und gespeichert. Parallel erfolgt eine LTE-Übertragung in die Kunden-Cloud. Von dort werden sie vom Kunden visualisiert. Mittels virtueller Sensorik wird für jeden einzelnen Antrieb die Ölalterung überwacht, um den optimalen Ölwechselzeitpunkt zu bestimmen. Die Internetanbindung wurde mit einem speziellen Sicherheitskonzept ausgestattet.
In einem weiteren Projekt mit Nord-Antrieben werden die Daten lokal gesammelt und mit einem Update-Intervall von ca. zwei Sekunden per LTE-Router in eine Cloud übertragen. Die Datenvisualisierung erfolgt im Web-Browser.
Virtualität auf dem Weg zur Realität
Insgesamt steht die Nutzung des Industrial Internet of Things noch am Anfang. Zukünftige Entwicklungen werden hin zu einem digitalen Zwilling ganzer Anlagen gehen, so dass eine virtuelle Inbetriebnahme möglich wird und die Antriebsdimensionierungen sowie der bedarfsgerechte Betrieb vorab simuliert werden können. Dadurch werden die Kosten für Inbetriebnahme und späteren Betrieb sinken.