Thema des Monats : Österreichs Exportkaiser

Export Weltkugel
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Die Österreicher hatten schon immer die Gabe, Personen, Errungenschaften, Produkte und sogar die heimische Natur, erfolgreich in alle Welt zu exportieren. Bekannte Beispiele sind etwa Toni Sailer, der als Schigott und später auch als Schauspieler sogar noch in Japan höchste Ehren genießt, Wolfgang Amadeus Mozart wird überall geliebt (musikalisch wie in Kugelform) – ja es gelang sogar, einen der größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte (mit desaströsen Folgen) zu exportieren.

Während sich zumindest die ersten zwei Beispiele im Bereich des „virtuellen“ Exports bewegen, muss die heimische Industrie schon handfesteres bieten, um international reüssieren zu können. Mit aller Deutlichkeit formulierte dies anlässlich der letzten Sommergespräche in Bad Aussee Veit Sorger, Präsident der Industriellenvereinigung. „Um den kommenden Aufschwung nützen zu können, müssen wir uns als kleine Volkswirtschaft auch weiterhin massiv auf unsere Exportstärke konzentrieren", forderte er. Ein selbsttragender Aufschwung sei jedoch derzeit noch nicht in Sicht. Das Produktionsniveau vor der Krise werde in manchen Branchen voraussichtlich erst 2012 wieder erreicht werden.

Überhaupt sei Europa insgesamt noch weit entfernt, die Krise nachhaltig überwunden zu haben. „Europa wächst im Vergleich zu allen anderen Regionen der Welt unterdurchschnittlich", hielt Sorger fest, und regte an, ein neues Miteinander in der EU und mehr Solidarität unter den Mitgliedern zu fördern. Kritik an exportorientierten Staaten wie etwa auch Österreich sei jedenfalls nicht gerechtfertigt: „Einige Länder können nicht dauerhaft über ihre Verhältnisse leben und dann die wettbewerbsstarken Volkswirtschaften zu einem Exportverzicht auffordern."

Internationale Märkte mit Drive.

Aber wo liegen denn die größten Chancen für Österreichs Industrie? Und wie stellt man es am Geschicktesten an, erfolgreich auf fremden Märkten Fuß zu fassen? Welche Märkte sind interessant, welche nur mit Vorsicht zu betreten? Eine Reihe erhellender Antworten dazu gab es Mitte Oktober im Rahmen einer Veranstaltung der „Außenwirtschaft Österreich“ der Wirtschaftskammer. Unter dem Titel „Horizonte: Die internationalen Märkte mit Drive“ standen vor allem die so genannten BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) und angehängt Mexiko, Korea, Kasachstan und Vietnam als Exportmärkte im Mittelpunkt. Heimo Scheuch, Vorstandsvorsitzender der Wienerberger AG, Ruslan Grinberg, Direktor des Wirtschaftsinstituts der Russischen Akademie der Wissenschaften, Anna Stupnytska, Macro Economist, Goldman Sachs Group, Inc. sowie Meng Jian, Stv. Aufsichtsratsvorsitzender der FACC AG, sprachen in Vorträgen und in einer Paneldiskussion über Strategien, Fallstricke und erfolgreiche Beispiele exportorientierter Unternehmen.

Technologietransfer – Chance oder Falle?

David Pistrui, Managing Director, Acumen Dynamics, LLC, ging in seinem Vortrag zum Thema „Technologietransfer – Chance oder Falle?“ der Frage nach, wie Österreichs Unternehmen auf den so genannten „Emerging Marktes“ nachhaltiges Wachstum erzielen können. Die Anzahl an Top-Unternehmen in BRIC-Staaten hat sich laut Pistrui innerhalb weniger Jahre vervielfacht – und alleine China bringt Jahr für Jahr rund 57.000 frisch graduierte Ingenieure und Computer-Experten hervor, Indian liegt knapp dahinter.

„Viele multinationale Konzerne wie Siemens, BASF oder Microsoft errichten F&E-Niederlassungen in diesen Märkten“, erzählte David Pistrui. „Umso wichtiger, dass Unternehmen wie Österreichs Kapsch eine aggressive Businessstrategie in den Emerging Marktes inklusive der BRIC-Staaten verfolgt.“ Mit Büros und Niederlassungen in 25 Ländern sei Kapsch eindeutiger Weltmarktführer in seinem Bereich. „Ein anderes Beispiel ist die Plansee Gruppe“, sagte Pistrui. „Sie betreiben ein nahtloses weltweites Netzwerk, erzielen 30 Prozent ihres Umsatzes durch neue Produkte und erleben auf den erwähnten Märkten eine deutliche Expansion.

Der Eintritt in die Emerging Markets wirft auch die Frage nach Technologietransfer und Partnerschaften auf. Gerade in der Frage des Technologietransfers sei man oft gefordert, Strategien in Märkten offen zu legen, die nicht transparent sind und bei denen Fragen bezüglich Markenschutz, Patenten, Trademarks und Lizenzen nicht geklärt sind.

David Pistrui: „Vier Punkte sind sorgfältig zu beachten. Erstens: Wie schafft man vertrauenswürdige lokale Partnerschaften mit deren Hilfe man sich die besten Marktchancen eröffnet. Zweitens: Wie lassen sich vor Ort verlässliche Vorhersagen zum erwarteten Markterfolg erzielen? Drittens: Wie lassen sich Geschäfte, nachdem man Chancen, Partner und Finanzierungen geklärt hat, effizient und in einem vertretbaren Zeitrahmen umsetzen.“ Am wichtigsten sei aber, sicherzustellen, dass in einem sich konstant verändernden und oftmals unsicheren Marktumfeld sowohl der Schutz der intellektuellen Werte als auch der Mitarbeiter gewährt bleibt.

Der Prophet im eigenen Land ...

Viele Unternehmen die sich seit Jahren als Exporteure gefragter Technologie einen Namen gemacht haben, sind – wie etwa Schiebel Antriebstechnik (siehe auch unser Interview mit GF Klaus Schiebel) – im eigenen Land oft kaum bekannt.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass viele Entwicklungen für den B2B-Markt von Interesse sind. Denn wer stellt sich schon einen Failsafe von Schiebel ins Wohnzimmer, oder eine Maschine zu Herstellung von Plastikteilen, wie sie Engel in Schwertberg mit rund 500 MitarbeiterInnen entwickelt und produziert. Über 75 Prozent aller Maschinen von Engel gehen in den Export und haben den Oberösterreichern weltweit einen Platz ganz Vorne eingetragen. Dabei setzen die Maschinenbauer längst auf Gesamtlösungen, die aus Spritzgießmaschine, Werkzeug und Automatisierung bestehen. Hochtechnologie, also ständige Weiterentwicklungen und andererseits die Produktion großer Stückzahlen, die auch kostenintensive Entwicklungen finanzierbar machen, sind für die Wettbewerbsfähigkeit genau so wichtig, wie die weitgehend automatisierte Produktion und die hohe Fertigungstiefe an den Produktionsstandorten in Europa und Nordamerika.

Von Schierzeugern und Korkproduzenten.

Äußerst erfolgreich behauptet sich auch FACC auf dem internationalen Parkett. Was als Joint Venture zwischen dem Schierzeuger Fischer und den Salinen Austria begann, hat sich heute zu einem 250 Millionen Euro schweren Unternehmen entwickelt, das sich zum wichtigen Zulieferer der Flugzeugindustrie gemausert hat.

Mit Kork begann alles – bereits im Jahr 1868 – bei der heutigen Greiner Group. 1958 produzierte man erste Spritzgussteile aus Kunststoff, 1985 wurde das weltweit erste Vakuum-Blutentnahmesystem aus Kunststoff auf den Markt gebracht, 2001 wurde die Greiner Bio-One gegründet – und heute ist das in Kremsmünster ansässige Unternehmen die Nummer 2 am Weltmarkt. 95 Prozent seiner Produkte exportiert das Unternehmen. Neben Europa zählen die Vereinigten Staaten aber auch die Länder in Fernost zu den Schlüsselmärkten. Um die steigende Nachfrage in diesen Regionen zu decken, investiert man in den Ausbau der Produktionskapazitäten in Oberösterreich und in Übersee. Erst im Juli 2009 wurde in Rainbach im Mühlkreis ein 30 Millionen teures Produktionswerk eingeweiht, schon 2008 wurde neben den Standorten USA, Brasilien und Ungarn in Thailand ein Werk für VACUETTE Blutentnahmeröhrchen eröffnet.

FACTORY: Wie hat sich der Export in Ihrem Unternehmen über die Jahre entwickelt? Gab es so etwas wie eine Initialzündung oder war es ein langsam wachsender Prozess?

Klaus Schiebel: Ich würde es eher als „schnellen“ wachsenden Prozess bezeichnen. Ende der 90er Jahre lag der Fokus noch auf den österreichischen Markt. Wir wurden international sehr schnell bekannt und die Anfragen aus dem Ausland folgten. Durch die Eröffnungen unserer Niederlassung in Tschechien, Russland und China konnten wir näher beim Kunden sein. Unsere Exportquote liegt seit 10 Jahren bei cirka 70%; wir verzeichnen ein Exportwachstum durch unser stetiges Umsatzwachstum.

Welche Produkte sind die stärksten Exportträger?

Unsere Standardprodukte, alle Arten von Dreh-, Schwenk und Stellantrieben für die industriellen Anwendungen wie auch unsere dazugehörigen Steuerungen. Wir erwarten für die nächsten Jahre eine Steigerung in der Nachfrage nach unseren Failsafe – Antrieben. Dies sind Antriebe mit einer Sicherheitsfunktion, die etwa zur Vermeidung von Katastrophen eingesetzt werden können. Hier sind wir als österreichisches Unternehmen eines der führenden Anbieter am Markt. Wo liegen die größten Absatzmärkte - und hat sich deren Gewichtung über die Jahre verschoben?

Die Gewichtung hat sich über die Jahre leicht verschoben. In den 90er Jahren lag der Fokus auf den Ostländern, in den letzten Jahren verschob sich der Markt in Richtung China, etwa durch den Kraftwerksbau. In Zukunft wird sowohl der südamerikanische als auch der indische Markt an Bedeutung gewinnen. In Indien haben wir in den letzten Monaten eine Niederlassung eröffnet.

Wie sehen Sie die Exporterfolge der heimischen Industrie generell?

Österreich hat seit Jahren einen guten Ruf im Ausland. Weltweit verbindet man mit Produkten aus Österreich gute und zuverlässige Qualität. Das hilft uns Österreichern, denn der Export ist, in einem kleinen Heimmarkt wie dem unseren, eine gute Chance auf Wachstum.

Verkauf und damit auch Export sind jedoch nicht nur eine Frage des Produktes, sondern vor allem des gegenseitigen Verständnisses. Es ist wichtig, den Kunden und seine Kultur zu verstehen. Mit steigendem Export steigt auch der Anspruch nach Multi-Kulti im eigenen Unternehmen.

Welchen Rat würden Sie einem jungen Unternehmen geben, das mit einem innovativen Produkt international reüssieren möchte?

Am wichtigsten ist es vor Ort zu sein, beim Kunden sein – auf die Kultur des Kunden einzugehen.