Zulieferindustrie : nexel-Netzwerk forciert stabile Kunden-Lieferantenverhältnisse

Qesar
© Klaus Vollrath

Der Maschinen- und Anlagebau besteht zunehmend aus schlanken, straff auf ihre Kernkompetenzen hin orientierten Unternehmen. Zur Realisierung dieser Strategie ist es erforderlich, sich zunehmend externes Know-how aufzubauen und dafür das bisherige Lieferanten/Kundenverhältnis auszuweiten. Ziel ist dabei, das gesamte Know-how sowohl der Zulieferindustrie als auch der Maschinen- und Anlagenbauer im Rahmen langfristig stabiler Kunden-Lieferantenverhältnisse zu bündeln. Um diesen Umgang miteinander zu professionalisieren, initiierte eine Gruppierung führender unabhängiger Maschinen- und Anlagenhersteller das „nexel-Netzwerk exzellenter Lieferanten“. Betreut und gemanagt wird dieses Netzwerk von der Qesar GmbH aus Bensheim. Hauptsächlicher Erfolgsfaktor ist die offene Kommunikation über Lösungen, das gemeinsame Finden von Ansätzen und das Teilen von Erfahrungen, um so eine verbesserte strategische Positionierung im internationalen Wettbewerbsumfeld zu erreichen.

„Unsere Aufgabe besteht darin, die Best-Practice-Kooperation zwischen den Partnern und ihren Zulieferern mit möglichst großen Vorteilen für alle Beteiligten zu organisieren“, sagt Jochen Latz, Geschäftsführer von Qesar. Impulsgeber sind insgesamt 26 Unternehmen des Maschinen- und Anlagebaus aus Deutschland mit zusammen mehr als 12.000 Mitarbeiter, die pro Jahr 4.150 Maschinen herstellen. Das Beschaffungsvolumen dieser Unternehmen beträgt ca. 500 Mio. € pro Jahr. Kooperationspartner dieses Lieferantennetzwerks sind darüber hinaus bis heute 130 Zulieferer, die als bevorzugte Lieferanten geführt werden.

Im gesamten Netzwerk werden u.a. gemeinsame Projekte zwischen Maschinen- und Anlagebauern und deren Zulieferern aufgegleist. Diese betreffen unterschiedlichste Bereiche wie Konstruktion, Produktion, Marketing, Service, Administration oder auch Management, um unter dem Motto „Gewinn durch Kommunikation“ einen systematischen Know-how-Transfer zwischen allen Beteiligten herzustellen. Aufgabe von Qesar ist es, das Netzwerk weiter auszubauen und alle teilnehmenden Partner zu betreuen. Strategisches Ziel ist hierbei ein Gesamtbestand von ca. 250 bis 300 Lieferanten.

Vernetzung auf vielen Ebenen

„Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz und setzen auf unterschiedlichsten Ebenen an, um die Ergebnisse unserer Kooperationspartner sowohl quantitativ als auch qualitativ zu verbessern,“, ergänzt Matthias Schäfer, Geschäftsführer von Qesar. Quantitativ erfolgt dies über die Strukturierung und Bündelung von Volumina und die Unterstützung des Beschaffungsmarketings zwischen Maschinenbauern und Zulieferern. Qualitativ arbeitet man auf die strategische Weiterqualifikation aller Beteiligten hin, und zwar durch proaktives Erkennen von wichtigen Trends sowie die rechtzeitige Reaktion hierauf.

IT-Bedrohungen in Industrieanlagen

Unter dem humorigen Titel „Über das Jagen von Einhörnern“ präsentierte Jens Wiesner vom Referat Cyber-Sicherheit in Industrieanlagen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik eine Übersicht über heutige IT-Gefahren. Zahlreiche Fallbeispiele belegen, dass viele Unternehmen sich auf solche Gefahren nicht ausreichend vorbereiten und Maßnahmen zur Abwehr sowie zur Schadensbegrenzung nur unzureichend ergriffen werden. Die Schäden sind teils enorm. Solche Attacken können heutzutage auch durch andere Kanäle als das Internet erfolgen. Alle möglichen „intelligenten“ Systeme vom Aquarium über Kopierer, Pumpen, USB-Sticks und die Laptops von Mitarbeitern bis zu Maschinensteuerungen können dazu missbraucht werden. Zu den wichtigen Einfallstoren gehört auch die Fernwartung. Das Management muss sich darauf einstellen, dass die Bedrohung durch solche Attacken permanent gegeben ist (CPT, Constant Persistent Threats). Die Einrichtung und Anpassung ausreichender Abwehrmaßnahmen ist daher eine ständige Aufgabe. Hier muss personell und organisatorisch adäquat reagiert werden. Allzu häufig wird ein Angriff entweder gar nicht oder erst sehr spät erkannt.

Für die Hersteller von Systemen mit eigener Steuerung kommen noch weitere Aspekte ins Spiel, da sie gegenüber ihren Kunden auch in der Verantwortung für eventuelle Anfälligkeiten des Produktes gegenüber Cyberattacken stehen. Es muss geklärt werden, welche Richtlinien hierfür gelten, welche Zertifizierungen und Sicherheitstests erforderlich sind und welche Pflichten dem Betreiber obliegen. Ratsam ist die Befolgung von BSI-Empfehlungen sowie von Standards wie der ISO/IEC 62443.

Eigene Wege bei Anlagensteuerungen

Als innovativer Mittelstand kann man auch beim elektronischen Herzstück moderner automatisierter Anlagentechnologie – der Maschinensteuerung, die üblicherweise in separaten Schaltschränken untergebracht ist – eigene Wege gehen. Dies belegte Ralf Schubert, Geschäftsführender Gesellschafter (Technik) der Gerhard Schubert GmbH Verpackungsmaschinen in Crailsheim, mit seinem Vortrag über die schaltschranklose Verpackungsmaschine. Das Unternehmen, führender Hersteller komplexer automatischer Verpackungssysteme für eine Vielzahl von Branchen wie der Lebensmittel-, Pharma-, Kosmetik-, Getränke und Süßwarenindustrie, verzichtet bei den Steuerungen für seine modularen Maschinen auf Schaltschränke. Die in zahlreichen Varianten verfügbaren Teilmaschinen werden je nach Anforderungsprofil nebeneinander aufgereiht und miteinander elektrisch, pneumatisch und mechanisch verbunden – das war‘s. Die Steuerung der einzelnen mechatronischen Systeme bzw. Baugruppen erfolgt zentral über einen BUS, in den auch die Bilderkennungssysteme eingebunden sind. Nach diesem Schema werden z.B. Anlagen realisiert, die aus bis zu 26 Modulen bestehen und pro Minute bis zu 1.000 Kaffeekapseln erkennen, sortieren und verpacken können.

Was will China – und welche Chancen bieten sich?

Silke Besser von der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung e.V. zeigte anhand zahlreicher Fakten und Diagramme, dass sich China von der Rolle einer „Werkbank der Welt“ löst und zur modernen Industrienation entwickelt, die Augenhöhe mit dem technisch-wissenschaftlichen Niveau der fortgeschrittenen westlichen Nationen anstrebt. Bis zum Jahr 2025 will man auf zehn strategischen Feldern von IT-Technologien über Robotik und Luft- und Raumfahrt bis zur Biotechnologie das westliche Niveau erreichen. Der Anteil der F&E-Ausgaben am BIP wächst seit Jahren und übertrifft mittlerweile 2 %. Gleichzeitig steigen die Patentanmeldungen ebenso wie die Beteiligung chinesischer Unternehmen an Firmen in aller Welt kontinuierlich an. Deutschland ist ein Zentrum für chinesische Investitionen, wozu auch die Übernahme etlicher Unternehmen des Maschinenbaus gehörte. China wird sich sicherlich künftig mehr und mehr auch als Wettbewerber bemerkbar machen. Die chinesischen Megatrends – qualitatives Wirtschaftswachstum, ökologische Nachhaltigkeit sowie technologische Modernisierung – bieten deutschen Unternehmen jedoch auch Chancen. Das Land wird auch in Zukunft einen hohen Technologiebedarf haben und als finanzstarker Kunde auftreten. Auch eröffnen sich Chancen für Win-Win-Kooperationen mit leistungsfähigen chinesischen Partnern sowie mit z.T. staatlich geförderten Akteuren gerade auch in Drittländern entlang der sogenannten OBOR-Korridore – der neuen Seidenstraße von China bis nach Europa und Afrika.

Maschinenintegration von Robotern

Zur modernen Maschine gehört zunehmend auch eine entsprechende Automation – anfangend mit der Zu- und Abführung von Teilen bis hin zur Verkettung zu kompletten Inseln oder Linien. Entscheidende Kernstücke dieser Automationslösungen sind in der Regel Roboter. Maschinenhersteller müssen sich daher mit der Frage beschäftigen, wie sie solche Roboter beschaffen und in ihre sonstige Anlagentechnologie integrieren können. Hierzu stellte Prof. Thomas Pospiech von der Hochschule Heilbronn aktuelle Konzepte und Lösungen vor.

Interessenten haben prinzipiell die Wahl zwischen der Entwicklung eines eigenen Roboters, dem Kauf und der Komplettierung einer Robotermechanik, dem Kauf eines fertigen Robotersystems oder dem Kauf einer kompletten Integration. Wesentliche Hürde ist a priori die Beschaffung der für eine gegebene Robotermechanik erforderlichen Transformationen, d.h. der Vorgaben für die synchronen Bewegungen der einzelnen Achsen, damit sich der Greifer entlang einer bestimmten Bahn bewegt. Diese äußerst komplexen mathematischen Lösungen müssen als Bibliothek pro Robotertyp einmalig entwickelt werden. Oft werden sie als Bibliothek vom SPS-Lieferanten (z.B. in Form einer Lizenz pro Roboter) bezogen. Bezüglich der Integration ist zwischen einer „kopierten Integration“ – mit eigenem Handbediengerät bzw. eigener Programmiereinheit des Roboterherstellers – und einer vollständigen Integration zu unterscheiden. Letzteres bedeutet, dass der Roboter von der Maschinensteuerung in Form von sechs einzelnen, mechanisch gekoppelten Servomotoren interpretiert werden kann. Heutzutage ist die Integration eines Roboters in eine Maschine kein großes Problem. Entscheidend ist die Wahl des „richtigen“ Partners. Der Roboter muss allerdings zur Maschine passen und zwar nicht nur konstruktiv, sondern auch aus Sicht der Automatisierungstechnik, denn da wird zukünftig das Geld verdient oder vernichtet.